12503/J XXIV. GP
Eingelangt am 11.07.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
betreffend Qualität, Beschäftigung und Lehre im Tourismus
Für die österreichische Wirtschaft ist der Tourismus ein Schlüsselsektor. Er ist eine Wachstumsbranche und es herrscht Arbeitskräftemangel. Wichtige Gründe dafür – nämlich schlechte Arbeitsbedingungen, die Kombination aus hoher Stressbelastung, mangelnden Aufstiegschancen, Saisonarbeitslosigkeit, ungünstigen Arbeitszeiten und schlechter Entlohnung – werden gerne unter den Tisch gekehrt. Attraktive Arbeitsbedingungen sind leider nach wie vor eine Seltenheit im Tourismus. Die Branche ist weniger von großen Hotels als von vielen kleinen Unternehmen – fast 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit weniger als 10 unselbständigen MitarbeiterInnen – mit schlechter Finanzlage geprägt. Es herrscht ein harter Konkurrenzkampf in der Branche, der derzeit vor allem auf Kosten der Lohn- und Arbeitsbedingungen geht und leider weniger auf Qualität ausgerichtet ist.
Auch die Ausbildungsqualität lässt leider bei vielen Unternehmen zu wünschen übrig. Vielen ArbeitgeberInnen fehlt trotz Lehrberechtigung das notwendige Knowhow und die Kapazität um eine gute Ausbildung zu gewährleisten. 2011 verzeichnet der Bereich Beherbergung und Gastronomie mit minus 5,7% den stärksten Gesamtrückgang an Lehrlingen (Bericht zur Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung im Auftrag des BMWFJ 2012).
Im aktuellen Regierungsprogramm ist „die Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsplatzqualität insbesondere für Lehrlinge“ ein wichtiges Ziel. In einem 2010 im Tourismusausschuss beschlossenen All-Parteien-Entschließungsantrag betreffend „ Maßnahmen zur Attraktivierung von Lehrberufen im Tourismus“ (125/E XXIV.GP) sind Sie dazu aufgefordert worden, „die Attraktivität der Lehrberufe bzw. der Berufsausbildung im Bereich der Tourismus- und Freizeitwirtschaft zu heben und zur Umsetzung dieses Pakets allfällige Vorlagen ebenfalls baldmöglichst dem Nationalrat zuzuleiten.“
Bisher durch Ihr Ministerium ergriffene Maßnahmen gehen aber nicht über Bekenntniserklärungen, Leitfäden, Preisverleihungen und Imagekampagnen hinaus. Sowohl in der österreichischen Tourismusstrategie als auch im Tourismusbericht spielen Arbeitsbedingungen eine untergeordnete Rolle. In den Zielsetzungen der betrieblichen Förderungsprogramme sowie in der allgemeinen Tourismusförderung des BMWFJ für Tourismus- und Freizeitwirtschaft sind die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen nicht explizit als Zielsetzungen enthalten. In neueren Publikationen des BMWFJ findet sich durchaus ein steigendes Problembewusstsein (Stichwort CSR), dass gute Arbeitsbedingungen für Qualität im Tourismus wichtig sind. Konkrete Maßnahmen, diese auch zu fördern und Weichen zur Verbesserung der Qualität der Lehre und Arbeit im Tourismus zu stellen fehlen jedoch bisher.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Welche Initiativen und Maßnahmen wurden bisher als Konsequenz der All-Parteien-Entschließung der Regierung (125/E XXIV GP) im Bereich „Steigerung der Attraktivität der Berufsausbildung“ – abseits von Imagekampagnen und Preisverleihungen – gestartet? Welche sind noch in diesem Jahr geplant? Werden dem Nationalrat in dieser GP noch Gesetzes-Vorlagen diesbezüglich zugeleitet?
2) Welche Initiativen und Maßnahmen wurden bisher zur Umsetzung des Regierungsprogrammes Stichwort „Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsplatzqualität im Tourismus“ durchgeführt bzw. sind noch geplant? Werden dem Nationalrat in dieser GP noch diesbezügliche Gesetzes-Vorlagen zugeleitet?
3) In der Österreichischen Tourismusstrategie (2010) bekennen Sie sich zur “ ständigen Verbesserung der Ausbildungsinhalte, Maßnahmen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Flexibilisierung der Saisonier-Regelung und Modernisierung der Berufsbilder im Tourismus“. Was haben Sie bisher konkret dazu unternommen dies umzusetzen?
4) Laut dem aktuellen Bericht „zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2010-2011“ wurden allein im Jahr 2011 22 373 Lehrverträge vorzeitig gelöst (17,5%), am häufigsten kam es zur Lösung während der Probezeit. Bitte listen Sie auf wie viele Lehrverhältnisse im Bereich Beherbergungs- und Gaststättenwesen im Zeitraum 2005-2011, getrennt nach Bundesländern, aus welchen Gründen und zu welchem Zeitpunkt gelöst wurden.
5) Im aktuellen Bericht „zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2010-2011“ wird darauf hingewiesen, dass ein Lehrstellenförderungsverbot über einen Betrieb verhängt werden kann, wenn es in diesem „z.B. zu einer auffällig hohen Zahl an Auflösungen von Lehrverhältnissen kommt oder eine schlechte Qualität der Ausbildung festgestellt wird“. Wurde dieses Lehrstellenförderungsverbot jemals gegenüber einen Hotel- oder Gastgewerbebetrieb verhängt? Und wenn ja wie oft? Bitte listen Sie die verhängten Verbote plus deren Begründung für den Zeitraum 2005-2012 für alle Branchen und getrennt nach Bundesländern auf.
6) Wurden und wenn ja, wie oft und wie begründet, Lehrberechtigungen im Beherbergungs- und Gaststättenwesen entzogen? Bitte antworten Sie für den Zeitraum 2005-2012 getrennt nach Bundesländern und Branche!
7) In dem von ihnen herausgegebenen Leitfaden für den Tourismus „Erfolgreich mit Corporate Social Responsibility“ liefern Sie Motivation und Tipps wie sich Unternehmen zertifizieren können. Was tut ihr Ministerium konkret, um CSR im österreichischen Tourismus zu fördern und Unternehmen zu unterstützen, die CSR ernsthaft umsetzen?
8) Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse zur Gewährleistung guter Beschäftigung und Ausbildung im Tourismus?
9) Zum Zusammenhang Tourismusförderungen und Arbeitsbedingungen: Wie könnten Förderungen besser gestaltet werden, um effektiver zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Qualität in der Branche beizutragen? Gibt es bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht einen Entzug der Förderung? Wenn nein, warum nicht? Spielen CSR und CSR -Zertifizierungen bei Vergabe von Förderungen eine Rolle?
10) Wie kann Ihrer Meinung nach die Qualität der Lehrausbildung im Tourismus verbessert werden abseits der Reform der Lehrinhalte? Wie kann eine Qualitätsüberprüfung stattfinden wenn es keine Qualitätskriterien gibt? Wie sieht die aktuelle Qualitätssicherung der Lehrausbildung aus? Werden Betriebe und AusbildnerInnen regelmäßig überprüft? Wenn ja, wie und wie oft? Was spricht gegen eine verpflichtende, regelmäßige Weiterbildung und Prüfung der AusbildnerInnen?