12507/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend die Standardisierte Reifeprüfung - Matura neu

BEGRÜNDUNG

Die Einführung der standardisierten Reifeprüfung an Allgemeinbildenden höheren Schulen wird von heftigen Diskussionen begleitet. Obwohl das Gesetz für die Einführung und damit die Eckpunkte der Matura Neu schon 2009 beschlossen wurden, gab und gibt es immer noch LehrerInnen, die sich schlecht informiert und unvorbereitet fühlen.

Obwohl die standardisierte Reifeprüfung in den Fremdsprachen schon seit Jahren erfolgreich erprobt wird und immer mehr Schulen gerne auf das neue System umsteigen, sind die Befürchtungen rund um die Standardisierte Prüfung in Mathematik groß.

Tatsächlich haben erst im vergangenen Frühjahr die ersten Feldtestungen begonnen. Gleichzeitig wurden Übungsbeispiele und Testaufgaben veröffentlicht. Die Liste der Schulbücher, die eine kompetenzorientierte Aufbereitung des Unterrichtsstoffes beinhalten, war bis vor kurzem noch recht kurz. Erst für das kommende Schuljahr können die Verlage eine große Auswahl an geeigneten Schulbüchern für Mathematik anbieten.

Je näher der Einführungstermin rückte, desto lauter wurde die Kritik – vor allem von Seiten ÖVP-naher LehrerInnen- und SchülerInnen-Vertretungen. Auch ElternverteterInnen drohten mit Klagen gegen die neue Matura, sollten ihre Kinder schlechter abschneiden als während der Schulzeit. Es wurde deutlich, dass es große Unterschiede zwischen den Schulstandorten hinsichtlich der Umsetzung der Reifeprüfung neu gab. Eine Umfrage der Bundesschülervertretung machte deutlich, dass sich fast zwei Drittel der SchülerInnen ausreichend oder gut auf die neue Matura in Deutsch und den Fremdsprachen vorbereitet fühlten. Immerhin die Hälfte der SchülerInnen sagte dies auch über die Mathematikmatura. Dennoch wurde die Panikmache gegen die standardisierte Reifeprüfung weiter fortgesetzt.


Am 31. Mai 2012 wurde endlich die Durchführungsverordnung für die neue Reifeprüfung veröffentlicht. Nur wenige Tage später, am 4.Juni 2012, verkündeten Sie gemeinsam mit den Bildungssprechern der Regierungsparteien und VertreterInnen der Schulpartnerschaft die Verschiebung der Einführung der Reifeprüfung neu an AHS und BHS um ein Jahr.

Wir Grüne haben eine Homepage eingerichtet, auf der wir eine Vielzahl an Informationen rund um die Matura neu für LehrerInnen und SchülerInnen bereitgestellt haben. Dort haben wir auch dazu aufgerufen, uns Fragen zu schicken. Diese Fragen erlauben wir uns, an Sie weiterzuleiten.

Wie unterschiedlich die Vorbereitung der SchülerInnen an den verschiedenen Schulen läuft, machen folgende Meldung deutlich: „Ich bin eine Schülerin eines (…) Gymnasiums. Da ich in die sechste Klasse gehe, würde mich die Zentralmatura direkt betreffen. (...) Wir wurden jetzt ungefähr ein Schuljahr ein bisschen vorbereitet, keiner hat eine Ahnung bzw. eine Vorstellung von der Matura gehabt, weder unser Direktor noch die Lehrer_innen und schon gar nicht die Schüler_innen. Die Schularbeiten waren immer ein Gegenstück zum Unterricht, was uns die Möglichkeit positiv abzuschneiden gering machte.“

Eine andere Schülerin hat an ihrer Schule andere Erfahrungen gemacht: „Was mich an der Zentralmatura- Verschiebung am meisten stört, ist, dass mit den Schüler_innen einfach so umgesprungen wird, wie es gerade notwendig scheint. So wurden alle Schüler_innen ab der 10. Schulstufe darauf vorbereitet, ihre Reifeprüfung in der neuen zentralisierten Form abzulegen, jedoch wird jetzt von ihnen verlangt sich wieder dem alten System zu fügen. Hier entsteht viel mehr Stress und Panik, als die Verschiebung hilft.
Zudem gibt es jetzt einige Probleme mit den Wahlpflichtfächern (Wochenstundenanzahl) sowie den schon umgeschriebenen Büchern.
Was mir allerdings noch mehr Sorge bereitet, ist, dass dieses wichtige Projekt vielleicht ganz auf der Strecke bleiben könnte, da die Legislaturperiode von Claudia Schmied bald ausläuft. Meiner Meinung nach hätten die verbleibenden 2 Jahre gereicht, um Informationsveranstaltungen abzuhalten, sowie nötige Initiativen zu starten.“

Ein weiterer Schüler aus einer anderen Schule schreibt: „Ist es eigentlich bekannt wieso jetzt Schmied diesen Rückzieher macht? und gibt es noch reelle Chancen, dass die Zentralmatura 2014/2015 stattfindet? Denn ich verstehe diese ganze Panikmache gegen die neue Zentral Matura auf Seiten der Schülervertretung und ÖVP nicht und das sage ich als Schüler. Deswegen wollte ich wissen ob diese Unsicherheit auf Seiten der Schülervertretung behoben werden kann, damit eine gemeinsame Bildungspolitik nicht länger aufgehalten wird. Denn wenn es jetzt schon anscheinend so arge Probleme gibt, wird es sicherlich nicht besser, wenn man diese einfach um 1 Jahr weiter verschiebt“

Wie den SchülerInnen, so geht es auch den LehrerInnen: Mancher bereitet seine SchülerInnen vor, obwohl er verunsichert ist, wie jener Deutschlehrer, der uns


folgende Zeilen schickte: „Auch ich bin betroffener Lehrer einer 6. Klasse. Ich habe nicht meinen Stil, sehr wohl aber die Fragestellungen umgestellt, um die Schülerinnen und Schüler bestens auf die Zentralmatura vorzubereiten. (…)

Ich kritisiere die bisherige Bildungspolitik, ich sehe aber grundsätzlich auch Gutes in der Zentralmatura. Aber ich sehe nichts Gutes an der Art und Weise der momentan geplanten Durchführung. Ein Jahr später löst diese Probleme nicht.“

Andere sind noch deutlicher enttäuscht, dass die Vorbereitungen auf die neue Reifeprüfung nun obsolet sind: „Ich bin Teilzeitlehrer für Informatik am (…) und war -so wie viele andere auch - sehr überrascht von der Entscheidung der Ministerin, die geplante Zentralmatura um ein Jahr zu verschieben.

Die zukünftigen 7. Klässler_innen wurden im Laufe dieses Schuljahres sehr gut über die neue Matura informiert. So wurde ich von einigen Schüler_innen bereits gefragt, ob ich deren VWA betreuen könnte. Zudem könnte es zu Problemen kommen, da Schüler_innen Wahlpflichtgegenstände gewählt haben, die es ihnen unter Umständen nicht ohne weiteres ermöglichen nach dem alten Schema zu maturieren!“

 

Auf die drohenden Probleme mit der mündlichen Matura, auf Grund fehlender Wahlpflichtfächer macht auch die unabhängige LehrerInnengewerkschaft in einer Presseaussendung aufmerksam:

„Die Verschiebung der Matura auf 2015 bedeutet für die SchülerInnen der 6. Klassen und ihre LehrerInnen, dass ein Jahr Vorbereitung auf die vorwissenschaftliche Arbeit, auf kompetenzorientierte, standardisierte Klausuren und auf freie Wahl von mündlichen Maturafächern entwertet wird. Seit Montag soll 2014 alles anders werden – so, wie es  zwar die LehrerInnen gewohnt sind, allerdings auch so, wie es die SchülerInnen der 6. Klassen aber nur mehr vom Hörensagen kennen: Fachbereichsarbeiten für wenige, Ausarbeitung von Spezialgebieten zu den 3 bis 4 Fächern der mündlichen Prüfung für alle, an der Schule zusammengestellte Klausuraufgaben,“ kritisiert Reinhart Sellner, AHS-Lehrer, Personalvertreter der ÖLI-UG und UGöD-Vorsitzender.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Bekommen alle Maturantinnen und Maturanten in ganz Österreich dieselben drei Themen (für Deutsch Anm.)? Also z.B. auch dasselbe Literaturthema?

2)    Wie wird das vorbereitet?

3)    Erstellt jemand aus dem Bifie einen verpflichtenden Literaturkanon, etwa die "110 Werke, die man gelesen haben muss"?


4)    Oder werden zwei Jahre vor der Matura grobe Themengebiete bestimmt (z.B. Goethes Faust, Trümmerliteratur und Elfriede Jelinek)?

5)    Wie verhindert man in diesem Fall das nicht gerade bildungsfreundliche "Teaching to the Test"?

6)    Welche Rolle spielt die Rechtschreibung bei der Beurteilung?

7)    Müssen alle vier Kategorien (Inhalt/Struktur/Ausdruck/Sprache) positiv sein?

8)    Wird für Legasthenie/Migrationshintergrund der Grundsatz gleicher Beurteilung aufgeweicht?

9)    Wird bei hohen Durchfallsquoten der Grundsatz gleicher Beurteilung (Hauptgrund für die Zentralmatura) aufrechterhalten?

10) Welche Möglichkeiten haben SchülerInnen, die nach einer Entscheidung des Schulgemeinschaftsausschusses nur mehr 15 Monate Zeit haben sich auf die Matura vorzubereiten, sich ausreichend auf ihre mündlichen Schwerpunktprüfungen vorzubereiten?

11) Werden zusätzliche Werteinheiten für Wahlpflichtfächer bereit gestellt, damit SchülerInnen im zweiten Semester der 7. Klasse noch die nötigen Semesterwochenstunden für die mündlichen Prüfungen erreichen können?

12) Wann endet die Frist für die Einreichung der Themen für die Fachbereichsarbeiten?

13) Können SchülerInnen die bereits eingereichten Themen der Vorwissenschaftlichen Arbeit auch als Fachbereichsarbeit weiterführen?

14) Wird die Einführung der Schulversuche Mathematik in der 13. Schulstufe an Bundesanstalten für Kindergartenpädagogik und Bundesanstalten für Sozialpädagogik ebenfalls um ein Jahr verschoben? Wenn ja, warum? Wenn nein, werden zusätzliche Ressourcen dafür bereitgestellt?

15) Dürfen LehrerInnen, die sich und ihre SchülerInnen bereits auf die neue Reifeprüfung eingestellt haben, die auf Grund eines SGA-Beschlusses aber die Matura nach dem alten System abhalten müssen, auf standardisierte und kompetenzorientierte Fragestellungen (z.B. bereitgestellt vom BIFIE) bei der Matura zurückgreifen? Wenn nein, warum nicht?

16) Wenn an Schulen Mischformen zwischen alter Matura und standardisierter Reifeprüfung abgehalten werden, welche Termine sind dann für die schriftlichen Klausuren einzuhalten?

17) Welche Regelungen für SchülerInnen mit einem oder mehr „Nicht-Genügend“ im Zeugnis der letzten Schulstufe („Zusatz“)? Jene der alten Reifeprüfung oder die der neuen standardisierten Reifeprüfung?