12509/J XXIV. GP
Eingelangt am 11.07.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Vereinbarkeit von Wasserkraftausbau und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
Die Wasserrahmenrichtlinie der EU (2000/60/EG, kurz WRRL) hat als wesentliche Ziele die Vermeidung einer weiteren Verschlechterung (Verschlechterungsverbot) sowie die Verbesserung (Verbesserungsgebot) der ökologischen Zustände der Grund- und Oberflächengewässer. In Bezug auf das Verbesserungsgebot hat Österreich noch einigen Nachholbedarf. Nur 14 Prozent der natürlichen österreichischen Fließgewässer befinden sich in einem „sehr guten“, nur 21 Prozent in einem „guten“ ökologischen Zustand. Mit 44 Prozent sind knapp die Hälfte der Gewässer in einem „mäßigen“ Zustand, 8 Prozent in einem „unbefriedigenden“ und 2 Prozent in einem „schlechten“ Zustand. Bei den erheblichen veränderten und künstlichen Fließgewässern weisen nur 13 Prozent ein „sehr gutes oder gutes Potential auf, 87 Prozent dagegen sind in einem „mäßigen und schlechteren“ Potential (Quelle: NGP 2009).
Laut WWF sind neben Hochwasserschutzgründen „vor allem die durch Wasserkraft verursachten Faktoren Stau, Schwall und Restwasser für den schlechten ökologischen Zustand unserer Gewässer verantwortlich“ (Ökomasterplan Stufe II, S.9)
Laut Nationalem Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) müssen bis spätestens 2027 alle Fließgewässer in einem „sehr guten“ oder „guten“ ökologischen Zustand bzw. in ein „sehr gutes oder gutes“ Potential gebracht werden. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie schreibt die Umsetzung dieses Verbesserungsgebots eigentlich schon für 2015 vor, was auch im Wasserrechtsgesetz 1959 idgF (WRG) § 30a festgeschrieben wurde. Eine Umsetzung bis 2027 ist nach Art. 4.4. der WRRL nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie unverhältnismäßigen Kosten oder technischer Unausführbarkeit, zulässig.
Zusätzlich zum Verbesserungsgebot sieht die Wasserrahmenrichtlinie ein Verschlechterungsverbot vor. Gemäß §104a WRG ist eine Ausnahme von diesen Vorgaben nur zulässig, wenn unter anderem der Nutzen für das öffentliche Interesse durch ein Vorhaben laut der zuständigen Behörde den ökologischen Schaden übertrifft.
Der Dachverband der Österreichischen Energieversorger präsentierte am 11. Mai 2012 einen Aktionsplan, in welchem 53 Kraftwerksprojekte (Neu- bzw. Ausbauten) aufgelistet werden. Diese Projekte sollen bis 2020 umgesetzt werden. Laut Analyse des WWF wären mindestens 34 Prozent der derzeit geplanten Wasserkraftwerksprojekte nur mit Ausnahmebewilligung gemäß Paragraph 104a WRG durchsetzbar. 50 Prozent der Projekte würden, ebenfalls laut WWF, im Fachbereich „Ökologie“ des Bundeskriterienkatalog Wasserkraft negativ bewertet werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Werden die Umweltziele für fließende Oberflächengewässer gemäß §30a Abs. 1 WRG bis 2015 aus heutiger Sicht erreicht werden können?
2) Wenn nein, warum nicht?
3) Wenn nein, welche zusätzliche Maßnahmen werden sie ergreifen, um die Zielsetzungen des Verbesserungsgebots der WRRL zu erreichen?
4) Werden die Umweltziele für fließende Oberflächengewässer gemäß §30a Abs. 1 WRG bis 2027 aus heutiger Sicht erreicht werden können?
5) Wenn nein, warum nicht?
6) Wenn nein, welche zusätzliche Maßnahmen werden sie ergreifen, um die Umweltziele gemäß §30a Abs. 1 WRG zu erreichen?
7) Werden zur Umsetzung der Wasserkraft-Ausbaupläne der Energiewirtschaft Ausnahmebewilligungen gemäß § 104a WRG notwendig sein?
8) Wenn ja, bei welchen Wasserkraftprojekten wird eine solche Ausnahmebewilligung aus heutiger Sicht notwendig sein, um das Vorhaben zu genehmigen?
9) Stimmen Sie mit der Einschätzung des WWF überein, dass 34% der derzeit geplanten Wasserkraftwerksprojekte nur mit Ausnahmebewilligung gemäß § 104a WRG durchführbar sein werden?
10) Wie sind die zu erwartenden weiteren Verschlechterungen ökologischer Zustände bzw. Potentiale durch den Wasserkraftausbau mit den Umweltzielen gemäß §30a Abs. 1 WRG in Einklang zu bringen?
11) Haben Sie Kenntnis von Studien, welche die Auswirkung die Wasserkraft-Ausbaupläne der Energiewirtschaft auf die Erreichung der Umweltziele gemäß §30a Abs. 1 WRG im Hinblick auf die Erreichung von „sehr guten“ und. „guten“ ökologischen Zuständen bzw. Potentialen haben wird?
12) Wenn nein, werden sie eine Evaluierung über die Auswirkungen der Wasserkraft-Ausbaupläne der Energiewirtschaft auf die Umsetzung der Umweltziele gemäß §30a Abs. 1 WRG durchführen?
13) Haben Sie die im Aktionsplan der Österreichischen Energiewirtschaft beschriebenen Wasserkraftprojekte mit den Kriterien des Bereichs Ökologie des Bundeskriterienkatalogs Wasserkraft geprüft?
14) Wenn ja, welche Projekte weisen im Bereich Ökologie „hoch sensible Kriterien“ auf?
15) Wenn nein, werden Sie die Wasserkraftwerkspläne der Energiewirtschaft einer Prüfung gemäß den Kriterien des Bundeskriterienkatalogs Wasserkraft unterziehen?
16) Bis wann werden Sie Sie die Wasserkraftwerkspläne der Energiewirtschaft einer Prüfung gemäß den Kriterien des Bundeskriterienkatalogs Wasserkraft unterziehen?
17) Ist die Anwendung der einzelnen Kriterien des Bundeskriterienkatalog Wasserkraft freiwillig oder verbindlich?
18) Gibt es bei der Anwendung des Bundeskriterienkatalog Wasserkraft einen Grenzwert für „hoch sensible“ Kriterien im Bereich Ökologie, bei dem ein Vorhaben auf keinen Fall genehmigt werden kann?
19) Wie garantieren Sie, dass der Bundeskriterienkatalog Wasserkraft in allen Bundesländern auf gleiche Weise angewendet wird?