12663/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.09.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Vorwürfe gegen Landespolizei-Vizepräsidenten Karl Mahrer

BEGRÜNDUNG

 

In der Zeitung „Falter“ 35/12 erschien nachstehender gekürzter Artikel:

“Danke für die Unterstützung!”

Wer foltert, darf Karriere machen oder in der Frühpension als Trainer dazuverdienen. Interne Dokumente und peinliche Liebesmails zeigen, wie das Polizeipräsidium im Fall Bakary J. versagt. Die Justiz ermittelt

Von Florian Klenk

(…)

Es gibt noch einen Folterpolizisten, dem die Polizei die Karriere nicht vermasseln will: Abteilungsinspektor Florian M., 40. Er wurde im Fall Bakary zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Er hatte seinen drei Wega-Kollegen die Lagerhalle aufgesperrt, bei der Folter zugesehen, seine Kollegen zunächst gedeckt und erst als die Telefonüberwachung alle überführte, die Wahrheit gesagt. Als Einziger der vier Polizisten darf er heute weiter Dienst bei der Wega versehen.

Florian M. konnte zwar nicht auf die Dienste einer turtelnden Amtsrätin vertrauen, die übrigens auch einen dritten folternden Beamten pensionierte. Dafür leistete ihm ein anderer Kollege tatkräftige Unterstützung: Karl Mahrer, der Landespolizeikommandant von Wien.

Das ist erstaunlich, denn Mahrer gilt als integrer Mann, der Folterer in den eigenen Reihen nicht duldet. Immer wieder lud der ÖVP-nahe Polizeichef zu Hintergrundgesprächen, um seine kompromisslose Linie zu verdeutlichen. Er suspendierte, wo andere früher wegschauten.


Während Mahrer öffentlich seiner Empörung über den Folterfall Ausdruck gab, setzte er sich im Innenministerium für den vierten verurteilten Polizisten, Florian M., ein. Und zwar mit ungewöhnlichen Argumenten, wie Kabinettsleute in ihren E-Mails kritisieren.

Am 26. Jänner dieses Jahres, so zeigt die Personalakte von Florian M., bewarb sich der Polizist um die Aufnahme in einen Führungskräftekurs, der „die Tür zur mittleren Führungsebene des Polizeidienstes darstellt“, wie es in den Ausschreibungsunterlagen heißt.

Ein Folterpolizist als Führungskraft? Die Kommandobrücke der Wiener Polizei befürwortete den Karriereschritt. In den Bewerbungsunterlagen hakten sie die Kästchen „Zulassungsvoraussetzungen erfüllt“, „Bewerbung wird befürwortet“ an. Es findet sich kein Wort darüber, dass er im Jahr 2006 Beihilfe zur Folter gestanden hatte.

Doch diesmal funktionierten die Selbstreinigungskräfte. Ein Whistleblower gab dem Innenministerium einen vertraulichen Hinweis. Und so verfasste der für die Ausbildung zuständige Beamte eine Depesche an das Kabinett der Innenministerin: „Sehr geehrte Herren“, steht darin geschrieben, „gestern Abend wurde mir telefonisch mitgeteilt, dass es sich bei diesem Beamten vermutlich um den vierten, nicht entlassenen Wega-Beamten im Fall Bakary J. – dem größten Misshandlungsfall in der Geschichte der österreichischen Bundespolizei – handeln soll.“ In seinen Bewerbungsunterlagen stehe aber „kein einziger Hinweis seitens des Landespolizeikommandos Wien als zuständige Dienstbehörde auf etwaige Hinderungsgründe für die persönliche Eignung“. Die Polizei möge sich für diesen Skandal umgehend rechtfertigen.

Ein Kabinettsmitarbeiter der Innenministerin reagierte korrekt und mailte zurück: „Sehe ich genauso. Wäre ein schlechtes Zeichen, so jemanden in eine vorgesetzte Position zu bringen.“

Doch wer wollte dieses „schlechte Zeichen“ setzen? E-Mails zeigen es: Es war Landespolizeikommandant Karl Mahrer, wie sein Schreiben an das Kabinett der Innenministerin zeigt. Jener Mahrer, der sich in den Medien stets für „null Toleranz“ gegenüber folternden Kollegen aussprach.

Intern agierte Mahrer trotz Rüffel durch das Ministerium wie der Anwalt des Foltercops: Der Fall sei doch schon so lange her, der Beamte habe sich „als Leistungsträger profiliert“, die Bewährungsstrafe sei bald getilgt. Da der Beamte „von sich aus ganz wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen hat“ (eine Behauptung, die völlig faktenwidrig ist, wie der Gerichtsakt zeigt), sollte ihm eine „Chance zur Weiterentwicklung“ nicht länger verwehrt werden.

Mahrer an das Kabinett von Mikl-Leitner: „Im Sinne unseres heutigen Gesprächs hoffe ich, dass die angeführten Argumente auch eine Grundlage für die allenfalls notwendigen Ausführungen unserer Frau Bundesminister darstellen, und danke Dir schon jetzt für Dein Verständnis und Deine Unterstützung.“ Dann passiert Ungewöhnliches: Der schwarze Mahrer rennt an, das schwarze Innenministerium spielt anscheinend nicht mehr mit bei dieser Kameraderie.


Die Innenministerin hat Karl Mahrer vergangene Woche dennoch als stellvertretenden Polizeidirektor von Wien nominiert. Michael Häupl muss als Chef der rot-grünen Stadtregierung der Bestellung zustimmen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Ist es richtig, dass sich besagter Florian M. für einen Führungskräftekurs beworben hat?

2.    Ist es richtig, dass seitens der Wiener Polizei in den Bewerbungsunterlagen die Rubriken „Zulassungsvoraussetzungen erfüllt“, „Bewerbung wird befürwortet“ positiv bewertet wurden?

3.    Wenn ja, welcher Beamte der Wiener Polizei trägt dafür die Verantwortung?

4.    Ist es richtig, dass sich in den Bewerbungsunterlagen kein Hinweis des Landespolizeikommandos Wien als zuständige Dienstbehörde hinsichtlich der Foltervergehen im Jahr 2006 befindet?

5.    Wurde dem Umstand nachgegangen, warum das Landespolizeikommando Wien als zuständige Dienstbehörde die Verurteilung und Involvierung von Florian M. in den Folterfall Bakary J. verschwiegen hat?

6.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Wenn ja, wie hat sich das Landespolizeikommando Wien gerechtfertigt?

8.    Ist es richtig, dass nach Vorliegen der Informationen einer ihrer Kabinettsmitarbeiter dem zuständigen Beamten im Innenministerium bestätigte „Sehe ich genauso. Wäre ein schlechtes Zeichen, so jemanden in eine vorgesetzte Position zu bringen.“?

9.    Hat der damalige Landespolizeikommandant Mahrer zu irgendeinem Zeitpunkt versucht Einfluss auf die Entscheidung des Innenministeriums bezüglich der Genehmigung des Führungskräftekurses für Florian M. zu nehmen?

10. Wenn, ja wie?

11. Ist es richtig, dass sich der damalige Landespolizeikommandant Mahrer mit Argumenten wie der Fall sei doch schon so lange her, der Beamte habe sich als Leistungsträger profiliert, die Bewährungsstrafe sei bald getilgt. Da der Beamte von sich aus ganz wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen hat sollte ihm eine Chance zur Weiterentwicklung nicht länger verwehrt werden für die Zulassung von Florian M. zum Führungskräftekurs eingesetzt hat?

12. Ist es richtig, dass Mahrer in einem E-Mail oder Schreiben an ihr Kabinett folgendes geschrieben hat: „Im Sinne unseres heutigen Gesprächs hoffe ich, dass die angeführten Argumente auch eine Grundlage für die allenfalls notwendigen Ausführungen unserer Frau Bundesminister darstellen, und danke Dir schon jetzt für Dein Verständnis und Deine Unterstützung.“?

13. Ist es richtig, dass sie trotz der Interventionen Mahrers an ihrer Linie festgehalten haben und Florian M. der Führungskräftekurs nicht bewilligt wurde?