12708/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.10.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Heinzl

und GenossInnen

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend „Irritierende Aussagen des NÖ-Militärkommandanten bei der

Bürgermeisterkonferenz des Verwaltungsbezirkes St. Pölten“

Am Freitag, 28. September 2012 fand gemäß § 6 der Geschäftsordnung für die Bezirkshauptmannschaften in Niederösterreich die Bürgermeisterkonferenz des

Verwaltungsbezirkes St. Pölten in der Gemeinde Gerersdorf statt.

Auf der Tagesordnung fand sich unter TOP 5 folgender Text:

5. Aktuelles aus dem österreichischen Bundesheer, Zusammenarbeit Bundesheer und Gemeinde, Referat Militärkommandant von Niederösterreich Brigadier Mag. Rudolf Striedinger

Den anwesenden Bürgermeistern teilte Brigadier Striedinger eingangs mit, dass er objektiv über die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres berichten werde. Dabei brachte er klar und unmissverständlich zum Ausdruck, dass er für die Erhaltung des bestehenden Systems ist und er sich daher für den Fortbestand des verpflichtenden Wehrdienstes ausspricht!

Brigadier Striedinger teilte weiters mit, dass er bis Jahresende noch alle anderen Bezirke besuchen werde, um dort vor den BürgermeisterInnen sprechen zu können. Dies sei auch im Sinne des Landeshauptmannes.

Dann folgte eine Rede, in der er nur das aktuelle Bundesheerwesen lobte und kein einziges gutes Wort zum möglichen Umstieg auf das neue Modell verlor!

Er bezeichnete den Wehrdienst als erziehungsbildende Maßnahme für junge Burschen, die beim Bundesheer sozialisiert werden. Beim Heer werden nämlich alle gleich behandelt, die Zuteilung in die Schlafräume erfolgt alphabethisch und so sind Burschen aus allen Bevölkerungs- und Bildungsschichten zusammengewürfelt in einem Zimmer. Toleranz, Zusammenhalt und gegenseitige Wertschätzung sind somit untrennbar damit verbunden! Weiter meinte er: Man müsse auch von den jungen Menschen etwas zurückfordern, nachdem ihnen alle Möglichkeiten heutzutage offen stehen, könne man auch verlangen, dass sie für den Staat dienen und so, etwas zurückgeben!

 

Ein „Berufsheer“ sei nicht zu finanzieren, denn es gebe jetzt schon viel zu viele Schwierigkeiten die Miliz aufrechtzuerhalten. Zurzeit seien 1000 Soldaten einsatzbereit und es sei geplant dieses Freiwilligenheer auf 7000 aufzustocken - das sei einfach unmöglich. Diese Probleme zeige sich auch bereits in anderen Ländern, wie zB in Deutschland, wo man sich damit helfe, die Mannschaftsstärken zu reduzieren und nach unten zu korrigieren und so die nationale Sicherheit damit gefährde, - das dürfe in Österreich nicht passieren!

Heute gebe es bereits 16000 Berufssoldaten, die man auf 8000 reduzieren will und das funktioniert sowieso nicht! Brigadier Striedinger weiters: Wenn dann auch noch die Grundwehrdiener wegfallen, wer wird dann noch in den Bundesheerdienst gehen!? Wie soll man die jungen Menschen erreichen und dafür begeistern, wenn man sie nicht durch den Grundwehrdienst dazu bewegen kann! - Das wäre der Weg zum Söldnerheer! Die Landesverteidigung würde nicht mehr funktionieren, für Luftraumüberwachung und Auslandeinsätze gebe es nicht mehr genügend Personal und die so geschätzten Auslandstruppen würde es auch nicht mehr geben - bzw. nur mehr in sehr geringen Ausmaß. Ohne Wehrdienst gibt es keinen funktionierenden Katastrophenschutz mehr, da nicht mehr genügend Ressourcen abrufbereit sind. Aktuell waren in der Steiermark mehrere hundert Soldaten (er erwähnte an die 600) eingesetzt und gebe es zeitgleich mehrere solche Ereignisse, dann wäre das „Heer neu“ nicht mehr in der Lage diese zu bewältigen. Terrorbekämpfung und öffentliche Sicherheit sind gefährdet, denn mit einem Berufsheer könne man nicht einmal die Raffinerie in Schwechat schützen!

Ein Großteil der Militärmusik ist mit Grundwehrdienern bestückt - d.h.: Kein Grundwehrdienst bedeutet auch keine Militärmusik mehr!

Auch das Küchenpersonal in den Kasernen müsste mit Fremdpersonal bestückt werden - zurzeit kostet die Versorgungseinheit nichts, dann schon und das ist ebenso nicht leistbar! Dann kam er zum Zivildienst, der ebenso mit dem Wegfall der Wehrdienst gestrichen würde und die Hilfs- und Rettungsorganisationen somit unüberbrückbare Probleme hätten. Denn wenn es jetzt schon an der Finanzierung mangelt, wäre eine teurere Lösung noch weniger zu finanzieren.


Und wir sollen doch auch bitte den wirtschaftlichen Schaden nicht vergessen und die regionalen Auswirkungen, die ebenso durch ein „Berufsheer“ entstünden! Kneipen und Gaststätten wären genauso davon betroffen!

Die Kostenwahrheit würde belegen, dass ein neues System mit all seinen Begleiterscheinungen nicht finanzierbar sei!

 

Brigadier Striedinger ersuchte die Bürgermeister abschließend, die Menschen zu bewegen, zur Volksbefragung am 20. Jänner zu gehen, damit ein repräsentatives Ergebnis zu erwarten ist. Obwohl er, wie er sagte, dass er der Meinung sei, dass diese Entscheidung die Politik zu treffen hätte und nicht die Bevölkerung! Natürlich sei es ihm nicht egal wie die Menschen abstimmen.

Das Impulsreferat des Militärkommandanten von NÖ hat viele BürgermeisterInnen sehr irritiert.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport nachfolgende Anfrage.

Anfrage:

1.        Gibt es einen Auftrag an den niederösterreichischen Militärkommandanten die, für die - von der Bundesregierung beschlossene - Volksbefragung, benötigte Information der BürgermeisterInnen in dieser einseitigen parteiischen Form vorzunehmen?

2.         Wenn ja, wer hat diesen Auftrag gegeben?

3.         Wenn nein, welche Maßnahmen werden sie setzen, damit die BürgermeisterInnen über beide Modelle sachgerecht informiert werden?

4.         Wie beurteilen Sie die Aussagen des niederösterreichischen Militärkommandanten im Bezug auf die künftige Einsatzfähigkeit des Bundesheeres (Pionierkräfte, Schutz kritischer Infrastruktur, Gefährdung der nationalen Sicherheit, Auslandseinsatzkapazität, Rekrutierungsprobleme, Betreiben der Küchen, Finanzierung des neuen Modells, Militärmusik)?

5.         Sind Soldatinnen und Soldaten, die entweder Ausbildungsdienst leisten oder als Berufs, Zeit- oder Milizsoldat ihren Dienst im In- und Ausland freiwillig für Österreich leisten Söldner?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum unterstellt das der niederösterreichische Militärkommandant seinen Kameraden?