12715/J XXIV. GP
Eingelangt am 03.10.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend „Massive Kürzungen des Hochwasserschutz-Budgets bis 2016“
Im Sommer 2012 wurden die Länder durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BmLFUW) darüber in Kenntnis gesetzt, dass das bundesweite Budget für Hochwasserschutz bis inklusive 2016 um jährlich 15,3 Millionen Euro gegenüber den vorherigen Zusagen im Rahmen eines „Memorandum of Understanding“ gekürzt werden soll. Dieses Memorandum of Unterstanding wurde von den FinanzreferentInnen aller Bundesländer gemeinsam mit dem Bund am 10. März 2006 abgeschlossen.
Alleine für Oberösterreich bedeutet dies eine Kürzung von Bundesmittel in der Höhe von 1,6 Millionen Euro jährlich. Das sind 16,8 Prozent des in Oberösterreich für Hochwasserschutzprojekte zur Verfügung stehenden Budgets.
Da die Landesfördermittel an die Bundesmittelvergabe gekoppelt sind (Fördermodel Bund-Land-Interessent), stehen Oberösterreich somit ab 2012 jährlich ca. 4 Millionen Euro weniger für Investitionen in den naturnahen Hochwasserschutz zur Verfügung. Damit verliert Oberösterreich das Budget für zwei Jahre Hochwasserschutz-Bauprogramme. Das hat zur Folge, dass der Beginn von 104 geplanten Projekten sowie die Fertigstellung von weiteren 269 wichtigen Bauprojekten und Schutzmaßnahmen verzögert werden.
Die angekündigten Kürzungen durch das BmLFUW sind angesichts des hohen menschlichen Leids einer Hochwasserkatastrophe sowie den massiven finanziellen Kosten unverständlich. Denn alleine die Hochwasserkatastrophe von 2002 in Oberösterreich hatte eine Schadenssumme von 1,1 Milliarden Euro zur Folge.
So stellte das BmLFUW erst unlängst in einer Presseaussendung vom 07. August 2012 im Rahmen der Präsentation der Broschüre zum „Schutz vor Naturgefahren in Österreich von 2002 bis 2011“ folgendes fest: „Mit jedem Euro, der für Schutzmaßnahmen ausgegeben wird, können Schäden in annähernd doppelter Höhe verhindert werden.“
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Hat das BmLFUW von Seiten des Finanzministeriums Einsparungsvorgaben erhalten, die den Bereich „Schutz vor Naturkatastrophen“ betreffen? Wenn ja, welche Budgetposten bzw. konkreten Teilbereiche sind davon betroffen?
2) Welche Summen werden bei den einzelnen Budgetposten bzw. Teilbereichen absolut und in Prozent eingespart?
3) Warum werden angesichts der weitaus höheren Folgeschäden eines Hochwassers, die an die Länder fließenden Mittel des BmLFUW für Hochwasserschutz bis 2016 massiv gekürzt?
4) Im „Memorandum of Understanding“ vom 10. März 2006 wurde vereinbart, dass das Finanzministerium dem BmLFUW von 2007 bis 2016 jährlich 79 Millionen Euro für Hochwasserschutz zur Verfügung stellt. Fließen diese Mittel auch weiterhin an das BmLFUW?
5) Wenn ja, für welche Maßnahmen werden diese für den Hochwasserschutz in den Ländern vorgesehenen Gelder ab 2013 verwendet?
6) Wenn nein, welche Erklärung gibt es für den Stopp dieser zwischen Bund und FinanzreferentInnen aller Länder vereinbarten Mittel für den Hochwasserschutz in Österreich?
7) Warum werden Vereinbarungen zwischen Ländern und Bund nicht eingehalten?
8) Auf welcher Grundlage und wie wurden die Einsparungsziele für die einzelnen Bundesländer erarbeitet und welche Kriterien liegen der Entscheidung zugrunde?
9) Ist geplant, dass entsprechend dem Beispiel Niederösterreich, die Bundesländer Sondertranchen vom Finanzministerium zur Kompensation der Sparvorgaben aus dem BmLFUW erhalten?
10) Wenn ja, in welcher Höhe und wie sind die Verteilungskriterien definiert?
11) Wenn nein, warum nicht?
12) Wodurch wird die unterschiedliche Verteilung der Einsparungsvorgaben bei Wildbach- und Lawinenverbauung (2 Mio. Euro Einsparungen) und Bundeswasserbauverwaltung (13 Mio. Euro Einsparungen) erklärt?
13) Soll die Wildbach- und Lawinenverbauung durch diese Maßnahme gegenüber der Bundeswasserbauverwaltung gestärkt werden?
14) Wenn ja, warum?
15) Wenn nein, warum dann die Ungleichverteilung der Einsparungsvorgabe?
16) Warum bestehen weiterhin massive Unterschiede in den Förderrichtlinien und Instrumenten der Wildbach- und Lawinenverbauung und der Bundeswasserbauverwaltung?
17) Wird hier eine Harmonisierung auf Bundesebene angestrebt und wenn ja, wie soll diese aussehen?
18) Wenn nein, was sind die Gründe hierfür?
19) Warum gelingt es im Katastrophenfall unbürokratisch die erforderlichen finanziellen Ressourcen zu Verfügung zu stellen, während die Umsetzung von sinnvollen Investitionen in präventive Maßnahmen meist von hohem bürokratischem Aufwand geprägt ist?
20) Welche Lehren werden aus den Unwetterkatastrophen vom Sommer 2012 in der Steiermark gezogen?
21) Welche Schritte sind im Wasserrecht geplant, um dieses in Hinsicht auf den Hochwasserschutz zu ertüchtigen und um die monetären Einsparungsvorgaben zu kompensieren?
22) Sollten keine derlei Schritte geplant sein, warum nicht?
23) Was kann die Landwirtschaft zum aktiven Hochwasserschutz beitragen und welche Maßnahmen sind hier für das zukünftige „Österreichische Programm für umweltgerechte Landwirtschaft „ (ÖPUL) vorgesehen?
24) Welche Instrumente sind geplant um natürlich bestehende Retentionsflächen nachhaltig zu sichern?
25) Wenn keine Schritte geplant sind, warum nicht?
26) Oft hängen Hochwasserprojekte vom guten Willen und Einverständnis einzelner GrundbesitzerInnen ab, die vielfach nicht direkt von der geplanten Schutzmaßnahme profitieren. Welche Schritte werden von Ihrem Ministerium gesetzt um den Schutz von Leib und Leben vieler Betroffener nicht von Einzelinteressen abhängig zu machen?
27) Wenn keine Schritte geplant sind, warum nicht?
28) Wie erklären Sie der Bevölkerung im Innviertel, dass sich die Gesamtfertigstellung des Hochwasserschutzprojektes in Schärding, durch die aktuelle Budgetkürzung des BmLFUW bis zum Jahr 2018 verzögern wird?
29) Laut Bundesrechnungsabschluss 2011 wurden in der UG 42 (Land-, Forst- und Wasserwirtschaft) gegenüber dem Bundesvoranschlag 107,13 Millionen Euro weniger ausgegeben. Warum kommt es hier zu keiner Umschichtung, um die nun in den Raum gestellten Einsparungen im Hochwasserschutz bis 2016 (76,5 Millionen Euro) zu vermeiden?
30) Das Jahr 2012 wurde durch massive Starkregenereignisse und deren Auswirkungen (Katastrophe Steiermark, Hinterlandhochwasser Mauthausen, Überflutung Waldzell) geprägt. Wie soll auf solche Phänomene zukünftig unter Bedachtnahme der zu erwartenden Klimaveränderung reagiert werden?
31) Werden für den Schutz vor Hinterlandgewässern gesonderte Mittel bereitgestellt?
32) Wenn ja, in welcher Höhe und ab wann?
33) Wenn nein, warum nicht?