12754/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.10.2012
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ANFRAGE

der Abgeordneten Bucher

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Genug Gezahlt für Grundbuchseintragungsgebühr - „Erbschaftsteuer durch die Hintertür“? 

„Das Erben wird empfindlich teurer“ - so und ähnlich lauten derzeit Schlagzeilen in den heimischen Tageszeitungen. Beispielsweise sollen nach Medienberichten im Falle, dass ein Vater seiner Tochter eine 120 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Wien-Wieden schenkt, für die Eintragung statt 489 Euro künftig 5280 Euro anfallen (Quelle: Kronen Zeitung vom 06.10.2012; Kurier vom 09.10.2012).

 

 

"Kronen Zeitung" vom 06.10.2012                           Seite: 14,15

Ressort: lokal

 

Wi, Abend, Bgld, Ktn, Wi, N.Ö., O.Ö., Sbg, Stmk, Ti, Vbg, Wi, Wi, Morgen

 

Kosten bei Schenkungen, Erbschaften explodieren - "Versteckte Einführung der Erbschaftssteuer“

 

Neue Gebührenlawine rollt auf uns zu

 

Egal ob Grundstück, Wohnung, Haus - bei Schenkungen und Erbschaften von Immobilien rollt auf uns ab 1. November bei der Grundbuch-Eintragung eine Gebührenlawine zu: teilweise verzehnfachen (!) sich die Kosten. Rechtsanwaltskammer-Präsident Dr. Wolff übt scharfe Kritik: "Eine Erbschaftssteuer durch die Hintertür!"

 

   Ein Exempel, das die Gebühren-Explosion eindrucksvoll bestätigt: Ein Vater überträgt oder schenkt seiner Tochter eine 120 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Wien-Wieden. Derzeit wären für die Eintragung der neuen Besitzerin im Grundbuch 489 Euro fällig, nach der neuen Regelung sollen es zukünftig 5280 (!) Euro sein.

 

   Hintergrund der Aktion, die vor allem im Justizministerium für pralle Kassen sorgen soll: Bisher diente als Bemessungsgrundlage der so genannte dreifache Einheitswert, ab 1. Jänner 2013 wird es der wesentlich höhere Verkehrswert sein. Eine Übergangsfrist sorgt aber schon zuvor für die Kostenexplosion.

 

   Der Tipp des Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Dr. Rupert Wolff: "Wer Schenkungen oder Erbschaften plant, sollte diese noch im Oktober durchführen und mit einem Rechtsanwalt oder Notar Kontakt aufnehmen." Seine Kritik: "Die Eintragungsgebühr ist ein historisches Relikt und hat im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren!"

 

   In Wahrheit handle es sich bei der Gebührenerhöhung um eine versteckte Einführung der Erbschaftssteuer, die aber nicht nur Millionäre, sondern auch den "einfachen" Bürger trifft. Die Rechtsanwälte fordern daher, dass die Politik endlich auf die Gebührenbremse steigt. Laut Europarat-Studie nimmt die heimische Justiz übrigens jetzt schon mehr durch Gebühren ein, als der gesamte Gerichtsbetrieb kostet…

 

 

Auch Ludwig Bittner, der Präsident der Notariatskammer, kritisierte den Ministerialentwurf (412/ME XXIV. GP) von Justizministerin Beatrix Karl zur Grundbuchsgebührennovelle vehement. Nach seiner zustimmungswürdigen Ansicht werde die Berechnung nach Einheitswert nicht für alle Immobiliengeschäfte in der Familie beibehalten. So gebe es nur eine beschränkte Ausnahme bei dringendem Wohnbedürfnis bzw. wenn der Erbe oder Beschenkte dort seinen Hauptwohnsitz hat, und bei bäuerliche Übergaben. Treffend zusammengefasst merkte Bittner an, derartige Konstellationen seien in der Mehrzahl der Fälle nicht gegeben.

 

Laut einem Sprecher des Justizministeriums wolle die Justizministerin massive Gebührenerhöhungen durch zahlreiche Ausnahmen verhindern. Die Ministerin selbst wird mit den Worten zitiert: „Für Erbschaften und Schenkungen in der Familie wird sich nichts ändern.“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigenden Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

 

 

1.

Sind neben den in § 26a Gerichtsgebührengesetz (in der Fassung des Ministerialentwurfes 412/ME XXIV. GP) enthaltenen Ausnahmen noch weitere Ausnahmen bzw. „begünstigte Erwerbsvorgänge“ geplant?

 

2.

Halten Sie Ihre Aussage „Für Erbschaften und Schenkungen in der Familie wird sich nichts ändern“ in Hinblick auf den Regelungsgehalt des Ministerialentwurfes (412/ME XXIV. GP) aufrecht und, wenn ja, wie begründen Sie dies?

 

3.

In welchen konkreten Fällen von Erbschaften und Schenkungen in der Familie werden künftig höhere Eintragungsgebühren anfallen? (Bitte um exemplarische Darstellung von Fallgruppen) 

 

4.

Welche Eintragungsgebühr fällt nach derzeitiger Rechtslage an, wenn ein Sohn eine Eigentumswohnung (120m² in Wien - Beispiel samt Quellen siehe oben) von seinem Vater geschenkt bekommt und in der Wohnung künftig nicht leben wird? 

 

5.

Welche Eintragungsgebühr fällt bei Zugrundelegung des Ministerialentwurfes (412/ME XXIV. GP) an, wenn ein Sohn eine Eigentumswohnung (120m² in Wien - Beispiel samt Quellen siehe oben) von seinem Vater geschenkt bekommt und in der Wohnung künftig nicht leben wird? 

 

6.

Welche Eintragungsgebühr fällt nach derzeitiger Rechtslage an, wenn eine Tochter eine Eigentumswohnung (120m² in Wien - Beispiel samt Quellen siehe oben) von Ihrer Mutter vererbt bekommt und in der Wohnung künftig nicht leben wird? 

 

7.

Welche Eintragungsgebühr fällt bei Zugrundelegung des Ministerialentwurfes (412/ME XXIV. GP) an, wenn eine Tochter eine Eigentumswohnung (120m² in Wien - Beispiel samt Quellen siehe oben) von Ihrer Mutter vererbt bekommt und in der Wohnung künftig nicht leben wird? 

 

8.

Welche Eintragungsgebühr fällt nach derzeitiger Rechtslage an, wenn eine Eigentumswohnung (120m² in Wien - Beispiel samt Quellen siehe oben) erworben wird? 

 

9.

Welche Eintragungsgebühr fällt bei Zugrundelegung des Ministerialentwurfes (412/ME XXIV. GP) an, wenn eine Eigentumswohnung (120m² in Wien - Beispiel samt Quellen siehe oben) erworben wird? 

 

10.

Ist es richtig, dass „keine wesentlichen Mehreinnahmen durch Gerichtsgebühren“ für die Justiz erwartet werden?

 

11.

Wie lautet die diesbezügliche Rechnung konkret?

 

12.

Wie hoch waren die Einnahmen in den Jahren 2010, 2011 und bisher 2012 jeweils?

 

13.

Welche Mehreinnahmen durch Gerichtsgebühren erwarten Sie mit Eintritt der geplanten Änderungen?

 

14.

Ist Ihnen bewusst, dass der Verkehrswert in der Regel nur mithilfe teurer Sachverständigengutachten zu ermitteln ist?

 

15.

Ist geplant, dass die dafür aufgewendeten Beträge in der Berechnung für die Eintragungsgebühr in Ansatz gebracht werden können und, wenn ja, wie genau?