12758/J XXIV. GP
Eingelangt am 11.10.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend "Verschuldung spanischer Profiklubs (z.B. Primera Division) und deren Auswirkungen auf den spanischen Bankensektor"
Weltweit
bekannte spanische Traditionsvereine wie etwa der FC Barcelona, Real Madrid,
Valencia CF etc. haben enorme Schulden. Ihre internationalen sportlichen
Erfolge haben sie auf Pump gekauft und ebenso die Spielereinkäufe sowie
die Millionengehälter ihrer Spieler mit Krediten oder Investoren
finanziert. Zur Sicherheitsleistung bei Banken wurden nach Presseberichten
sogar Fußballprofis zum Marktwert verpfändet sowie Stadien und
Trainingsanlagen. Mehrere spanische Vereine haben sich nun angeblich als
zahlungsunfähig erklärt und ein Gläubigerverfahren eingeleitet.
Ähnlich ist die finanzielle Situation von Profiklubs auch in einigen
anderen europäischen Ländern.
In der spanischen Öffentlichkeit werden in
Zeiten dieser allgemeinen Schuldenkrise gerade
die hohen Sozialversicherungs- und Steuerschulden dieser Profiklubs als
besonders skandalös empfunden. Und dies in einer Zeit, wo Spanien die EU
um Hilfe ersucht und die spanische Regierung den Bürgern drastische
Einsparungen aufzwingt und die Arbeitslosigkeit weiter steigt. Das aktuelle
spanische Sparpaket sieht Kürzungen von 40 Milliarden Euro vor, tausende
Menschen zeigen Widerstand und demonstrieren dagegen.
Die enorme Überschuldung der spanischen Profiklubs zeigt beispielhaft die Misswirtschaft im europäischen Klubfußball auf. Profiklubs haben sich über Jahre nicht an das grundlegende ökonomische Prinzip gehalten und dieses außer Kraft gesetzt: Nämlich nicht mehr Geld auszugeben, als eingenommen werden kann.
"Die
Europäische Kommission und die UEFA haben am 21. März 2012 eine
gemeinsame Stellungnahme zur Anwendung der `Financial Fair Play´ Regeln
im professionellen Fußball durch die UEFA und der Kontrolle von
staatlichen Beihilfen im Bereich des Profi-Fußballs durch die Kommission
veröffentlicht" (EU Office Monatsbericht März 2012).
Der spanische Fußball hat diese Vereinbarung allerdings noch nicht
berücksichtigt, auch nicht der spanische Staat.
Die
Europäische Staatengemeinschaft unterstützt derzeit Länder wie
Griechenland, Zypern und Spanien bei der Bewältigung ihrer Finanz- und
Schuldenkrise oder hat solche Unterstützung zumindest in Aussicht
gestellt. Dies entspricht dem europäischen Solidaritätsgedanken. Ein
besonderes Problem in Spanien sind die Banken mit faulen Krediten, wodurch es
bereits zu Verstaatlichungen von Banken kam. Der Kapitalbedarf maroder
spanischer Banken beträgt 60 Milliarden Euro, bis 100 Milliarden wurden
zugesagt.
Eine Banken- und Haushaltssanierung in Spanien hat natürlich auch
Auswirkungen auf den spanischen Sport, insbesondere auf die Profiklubs
(Fußball und andere), die beim Staat und bei spanischen Banken schwer
verschuldet sind. "Nach
Berechnungen des Ökonomen Jose Maria Gay de Liebana von der
Universität Barcelona drückt die Vereine der Primera Division ein
Schuldenberg von insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Die Verbindlichkeiten der Clubs
aller Profiligen zusammen werden auf fünf Milliarden Euro geschätzt." (sport.orf.at).
Auch die Tageszeitung Kurier berichtete von diesen eklatanten finanziellen Problemen im spanischen Profifußball. "Nach aktuellen Berechnungen der Universität von Barcelona haben die Proficlubs insgesamt fünf Milliarden Euro an Schulden. Allein der Fiskus wartet auf 750 Millionen Euro. Der Rest der Verbindlichkeiten schlummert bei Banken, Investoren und den Sozialversicherungsträgern". (Kurier 20. August 2012)
.
Viele spanische Profiklubs – insbesondere die spanischen Fußball-Traditionsklubs - haben jahrelang kaum Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, auf Kredit teure Spieler eingekauft und ihren Profisportlern dazu noch Phantasiegehälter bezahlt. Auch jetzt noch. Allein diese Tricksereien führten in der Vergangenheit bereits zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung im europäischen Fußballgeschäft. Die UEFA und der nationale spanische Fußballverband tolerierten dies und schauten über Jahre zu. Profiklubs anderer Staaten, die ihrer Steuerpflicht und der Zahlung von Sozialversicherungsabgaben regelmäßig nachgekommen sind, wurden dadurch massiv benachteiligt. Es gab in der Vergangenheit und es gibt derzeit keine gleichen Wettbewerbsbedingungen im Profifußball.
Das von der UEFA eingeführte "Financial Fairplay" existierte zumindest in Spanien nur auf dem Papier. In Anbetracht dieser horrenden Schulden der Profiklubs, muss sportpolitisch überhaupt die Frage gestellt werden, warum durch den spanischen Fußballverband in den letzten Jahren den schwer verschuldeten Profiklubs überhaupt noch Spiellizenzen für die Primera Division u.a. Ligen gewährt wurden.
Spaniens Profifußballklubs dürfen nun nach letzten Meldungen auf eine Reduzierung ihrer Steuerschulden hoffen. Laut Sportminister Miguel Cardenal plant die spanische Regierung, zumindest Teile ihrer Steuer- und Sozialversicherungsschulden zu erlassen. Die konkrete Frage - die in den internationalen Medien bereits diskutiert wurde - ist nun, ob diese massiven Finanzprobleme im spanischen Profisport durch Mitteln des Bankenhilfspakets (z.B. Zahlungen, Haftungsübernahmen) oder andere Finanzhilfen gelöst werden können und ob derartige staatlichen Beihilfen wettbewerbsrechtlich überhaupt zulässig sind. Oder anders ausgedrückt: Dürfen mit Hilfe europäischer Finanzhilfen auch die Profiklubs in Spanien (teil)entschuldet werden.
Diese parlamentarische Anfrage wird gleichlautend an die Finanzministerin, den Wirtschaftsminister (Wettbewerbsrecht und Beihilfenproblematik) sowie den Sportminister gestellt, da diese Anfrage Querschnittsfragen enthält.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Finanzen nachstehende
Anfrage:
1. Welche Informationen liegen dem Ressort bzw. Österreich über die Finanzprobleme im spanischen Sport, insbesondere im spanischen Profifußball vor?
2. Welche Maßnahmen muss Spanien aus Sicht des Ressort ergreifen, damit die privaten Kreditschulden sowie die Steuer- und Sozialversicherungsschulden der spanischen Profiklubs, insbesondere der Spitzenfußballvereine, beglichen werden?
3.
Sind dem Ressort die zitierten
Berechnungen der Universität Barcelona bekannt?
Wenn ja, wie werden die genannten Schulden der Profiklubs bei den Banken und
die Schulden beim Staat in Anbetracht der Inanspruchnahme europäischer
Finanzhilfen beurteilt?
4. Wie schätzt das Ressort die Möglichkeiten ein, dass über europäische Finanzhilfen die Schulden spanischer Profiklubs (z.B. FC Barcelona, Real Madrid) bei den Banken teilweise oder vollständig abgedeckt werden?
5. Ist es zulässig, wenn europäische Finanzhilfen direkt oder indirekt auch zur (Teil-) Entschuldung spanischer Profiklubs, insbesondere von Spitzenfußballvereinen, verwendet werden?
6. Wie ist in diesem Zusammenhang ein genereller Steuerschuldenerlass bzw. eine Reduzierung der Schulden (Steuerschulden und Sozialversicherungsschulden) von Profiklubs durch den spanischen Staat europarechtlich zu beurteilen?
7. Muss eine (Teil-)Entschuldung durch den Staat oder sogar ein genereller Schuldenverzicht durch die Gläubiger (Banken, Staat, Sozialversicherung) nach dem europäischen Wettbewerbsrecht als unzulässige staatliche Beihilfe beurteilt werden?
8. Dürfen europäische Finanzhilfen überhaupt direkt oder indirekt zur (Teil-)Sanierung (Schuldenabdeckung) von Profiklubs beim Staat (Steuern, Sozialversicherungsabgaben) oder bei Banken (und damit von privaten Investoren) verwendet werden?
9.
Gibt es zu dieser Beihilfenproblematik
im Sport bereits eine Rechtsprechung des EuGH?
Wenn ja, wie werden derartige staatliche Beihilfen im Sport durch den EuGH
beurteilt?
10. Welche Zahlen liegen dem Ressort zur Verschuldung von Profiklubs (Fußball) in den anderen Mitgliedstaaten der EU vor (Aufschlüsselung auf Staaten)?