12924/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.10.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend „Korruption im Gesundheitswesen“

 

Durch Korruption, wie Abrechnungsbetrug, Falschabrechnung usw. gehen den gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland, wie in Österreich und anderen Ländern jedes Jahr enorme Summen an Versichertengeldern verloren. Experten des European Healthcare Fraud and Corruption Network schätzen, dass allein die Verluste in Deutschland zwischen 3 und 10 Prozent der Gesundheitsausgaben betragen. Nicht zu verstehen ist daher die Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) vom 29. März 2012.

 

"Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofes (BGH) hat in einem am 22. Juni 2012 verkündeten Beschluss vom 29. März 2012 eine Strafbarkeit von Vertragsärztinnen und -ärzten verneint, die von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen. Nach Auffassung des BGH handeln niedergelassene Vertragsärztinnen und -ärzte bei der Wahrnehmung der ihnen in § 73 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) übertragenen Aufgaben weder als Amtsträgerin bzw. Amtsträger (im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs – StGB) noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen (im Sinne von § 299 StGB). Zur Begründung verweist der BGH u. a. auf die Freiberuflichkeit der Vertragsärztinnen und -ärzte, die weder Angestellte noch Funktionsträger der Krankenkassen seien. Die Auswirkungen dieser Entscheidung


des BGH und insbesondere die Frage, ob und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, bedürfen einer sorgfältigen Prüfung. Mit dieser Prüfung ist die Bundesregierung derzeit befasst. Auf der Grundlage dieser Prüfung wird zu entscheiden sein, ob die derzeitige Rechtslage als ausreichend angesehen werden kann…."
(Auszug Drucksache 17/10547 Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode).


Immer wieder wurden und werden in europäischen Staaten Korruptionsskandale im Gesundheitswesen aufgedeckt und in der Öffentlichkeit bekannt: Manipulierte Ausschreibungen und Vergaben, Fangprämien an niedergelassene Ärzte als Gegenleistung für Krankenhauseinweisungen, Falschabrechnungen in Krankenhäusern bzw. durch niedergelassene Ärzte und andere Gesundheitsberufe, Schmiergeldzahlungen von Pharmafirmen oder von Medizinproduktehersteller an Ärzte und Beschäftigte im Gesundheitswesen usw.

 

Zusammen bedeuten alle diese Skandale einen Milliardenschaden für nationale Gesundheitswesen. Korruption innerhalb des Gesundheitswesens hat in den Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Ausprägung. Die Generaldirektion Inneres der Europäischen Kommission beabsichtigt daher eine Studie über Korruption im Gesundheitswesen erstellen zu lassen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Gesundheit nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Welche konkreten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung im österreichischen Gesundheitswesen wurden durch das Ressort in den letzten Jahren ergriffen?
Welche weiteren Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung der Korruption innerhalb des Gesundheitssystems sind geplant?

 

2.    Welche konkreten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung im österreichischen Gesundheitswesen wurden durch die Bundesländer in den letzten Jahren ergriffen?
Gab es dabei jeweils eine Abstimmung mit dem Ressort?
Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?

 

3.    Welche konkreten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung im österreichischen Gesundheitswesen wurden durch die österreichischen Krankenversicherungsträger und den Hauptverband in den letzten Jahren ergriffen?

4.    Gab es dabei jeweils eine Abstimmung mit dem Ressort?
Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?

 

5.    Welche konkreten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung im österreichischen Gesundheitswesen wurden durch die österreichische Ärztekammer in den letzten Jahren ergriffen?
Gab es dabei jeweils eine Abstimmung mit dem Ressort?
Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?

 

6.    Wie viele Fälle von Abrechnungsbetrug und Falschabrechnungen durch Krankenhäuser, Ärzte, Angehörige von Gesundheitsberufen oder MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen sind dem Ressort bzw. den Krankenversicherungsträgern in den Jahren 2010 und 2011 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?
Um welche Gesamtschadenssumme ging es?
Wie viele Personen wurden strafrechtlich verfolgt?
Wie wurden diese Fälle von den Gerichten bzw. von den beruflichen Interessensvertretungen erledigt?

 

7.    Wie viele Fälle von Schmiergeldzahlungen, der Gewährung sonstiger Bonifikationen o.ä. durch Pharmafirmen, Medizinproduktefirmen o.ä. als Gegenleistung (z.B. für die Verordnung von Arzneimitteln oder Verwendung bestimmter Medizinprodukte) an Ärzte, Angehörige von Gesundheitsberufen oder MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen sind dem Ressort bzw. den Krankenversicherungsträgern in den Jahren 2010 und 2011 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?


Welche Zahlungen wurden jeweils geleistet?
Wie viele Personen wurden strafrechtlich verfolgt?
Wie wurden diese Fälle von den Gerichten bzw. von den beruflichen Interessensvertretungen erledigt?

 

8.    Wie viele Fälle von manipulierter Ausschreibung und Vergabe von Leistungen durch Ärzte, Angehörige von Gesundheitsberufen oder MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen sind dem Ressort bzw. den Krankenversicherungsträgern in den Jahren 2010 und 2011 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?
Wie viele Personen wurden strafrechtlich verfolgt?
Wie wurden diese Fälle von den Gerichten bzw. von den beruflichen Interessensvertretungen erledigt?

 

9.    Wie beurteilt das Ressort die zitierte Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) vom 29. März 2012?
Hat diese Entscheidung Auswirkungen auf Österreich bzw. auf in Österreich niedergelassene oder tätige Ärzte?
Wenn ja, welche?