12957/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.11.2012
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ANFRAGE
der Abgeordneten Gerald Grosz, Dr. Spadiut
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
betreffend Rolle der Jugendwohlfahrtsträger bei Medikamentenversuchen an Minderjährigen nach Kindesabnahmen
Bei Medikamententests für Medikamente, die Kindern zugutekommen sollen,
sind es die Kinder selbst, an denen die Prüfungen durchgeführt werden
müssen. Das wirft Schwierigkeiten auf, da Kinder noch nicht einwilligungs-
und zustimmungsfähig sind. Neben den ökonomischen und rechtlichen
Aspekten ist hierzu noch ein spezieller medizinischer Wertekonflikt zu sehen.
Nach der aktuellen medialen OTS-Berichterstattung wurden bis zu 90 % der in der Kinderheilkunde verwendeten Medikamente niemals speziell für Kinder zugelassen; sie waren pharmakologisch nicht auf die mitunter vollkommen andere und spezielle Körperphysiologie von Kindern abgestimmt.
„Neben der Finanzierung sei es vor allem das gemeinsame gesellschaftspolitische Grundverständnis, dass Studien an Kindern notwendig sind“, so der neue Tenor. Dieses gelte es erst zu erarbeiten, denn bis vor kurzem galten Studien an Kindern als unethisch.
Minderjährige werden heute unter der Obsorge und Aufsicht der Jugendwohlfahrt in Kinder- und Jugendpsychiatrien verbracht und heute schon Neuroleptika und Psychopharmaka in höchsten Dosierungen ausgesetzt. Für diese Zustimmung ist der Jugendwohlfahrtsträger verantwortlich, weil dieser die Pflege und Erziehung der Minderjährigen innehat.
Das BZÖ hegt große Bedenken an Medikamententest an Kindern, solange Kindesabnahmen – wie auch weitere Maßnahmen - durch den Jugendwohlfahrtsträger juristisch nicht auf ihr Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit geprüft werden können. Medizinische Forschung an Menschen, die in ein an ihnen durchgeführtes Forschungsvorhaben noch nicht (Kinder) einwilligen können lässt ethisch besonders großen Zweifel wach werden. Forschung an Menschen bildet stets eine ethische Gratwanderung.
Die zwangsweise Heranziehung zu wissenschaftlichen, vor allem zu medizinischen Versuchen wird in Art 7 Satz 2 IPBPR (Internationaler Pakt über bürgerliche und menschliche Rechte) als Beispiel einer unmenschlichen Behandlung besonders erwähnt. Daraus wird gefolgert, dass das Verbot nur eingreift, wenn der im Versuch liegende Eingriff in die persönliche Integrität das Ausmaß einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung erreicht. Solche Versuche sind auch nach Art 3 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) als unmenschliche Behandlung verboten, wenn sie die dafür erforderliche Erheblichkeit der Beeinträchtigung erreichen. Das Verbot betrifft nicht Maßnahmen zur Heilbehandlung, wenn diese zur Behandlung einer Krankheit des Betroffenen ärztlich geboten sind und nach den Regeln ärztlicher Kunst ausgeführt werden. Auch Maßnahmen, die im Interesse der Gesundheit anderer Personen erzwungen werden, wie etwa die Impfung gegen ansteckende Krankheiten oder die zwangsweise ärztliche Behandlung einer ansteckenden Krankheit sind keine verbotenen Versuche i.S.d. Art 7 IPBPR.
Nur mit der freiwilligen
Zustimmung des Betroffenen dürfen Experimente, die einen solchen Eingriff
bedeuten, durchgeführt werden. Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie
alle relevanten Umstände des Versuchs einschließlich der damit
verbundenen Folgen und Risiken umfasst; sie setzt also eine entsprechende
Aufklärung voraus. Sie muss freiwillig d.h. ohne jeden Zwang und ohne
zulässigen Druck von außen erklärt worden sein.
Die Einwilligung kann wegen der höchstpersönlich Natur des Rechts auf
persönliche Integrität nur vom Betroffenen selbst, nicht aber von
seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden. Der Betroffene kann die
Einwilligung auch jederzeit zurücknehmen. Experimente, die nach Art und
Ausmaß der zugefügten Leiden als Folter einzustufen sind,
können durch eine Einwilligung nicht abgedeckt sein.
Betroffene Eltern haben in Österreich bisher keine
Beschwerdemöglichkeit die Zulässigkeit von Kindesabnahmen und
weiterlaufenden Maßnahmen durch den Jugendwohlfahrtsträger auf deren
Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, so Michael Stormann,
Leiter der Familienrechtsabteilung des BMJ.
Der Jugendwohlfahrtsträger stellt zudem in Bereichen den monopolisierten
Auftragsgeber der Kinder und Jugendpsychiatrie Österreichs dar.
§ 7 JWG Planung und Forschung
Die Jugendwohlfahrtsträger haben bei ihrer Planung die gesellschaftlichen Entwicklungen sowie die Ergebnisse der Forschung in den einschlägigen Bereichen zu berücksichtigen. Erforderlichenfalls haben sie sich um die Einleitung entsprechender Forschungen zu bemühen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend nachfolgende
Anfrage
1. In welchem Umfang kann sich der Jugendwohlfahrtsträger derzeit an Medikamentenversuchen an Minderjährigen nach Kindesabnahmen beteiligen?
2. Welche Möglichkeit haben Eltern, entzogene Minderjährige gegen mutmaßliche pharmakologische Versuche unter staatlicher Beteiligung des JWT durch Beschwerden zu schützen bzw. pharmakologische Versuche zu unterbinden?
3. Wo liegen die gesetzlichen Grundlagen dafür auf und um welche Gesetze (Justiz/ Verwaltung/ Bund/ Land?) handelt es sich?
4. Wurde/ wird der Jugendwohlfahrträger aus den aktuell bevorstehenden Versuchsreihen an Schutzbefohlenen ausgeschlossen?
5. Wenn ja, aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmungen?
6. Besteht hier für den Jugendwohlfahrtsträger eine gesetzesfreie Missbrauchsmöglichkeit u.a. des, § 7 JWG, Planung und Forschung, u.a. auch weil die Rechtmäßigkeit von Kindesabnahmen in Österreich bisher nicht kontrolliert werden kann?
7. Kann sich der österreichische Jugendwohlfahrtsträger derzeit auf die Straflosigkeit bei willkürlichen Kindesabnahmen beziehen und Minderjährige weiterhin pharmakologischen Versuchen (siehe Malariatherapie, E-Schocks etc.) aussetzen?