13002/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.11.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Bruno Rossmann; Werner Kogler, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend Finanzierung von lokalen Projekten durch partizipative BürgerInnenbeteiligung

BEGRÜNDUNG

 

Seit geraumer Zeit stehen Bürgerbeteiligungsmodelle zur Finanzierung von Photovoltaikanlagen und kleineren und mittelständischen Unternehmen im Fokus der Finanzmarktaufsicht. Ein bekanntes Beispiel ist das Unternehmen GEA in Schrems, das aufgrund der mangelnden Unterstützung seitens der Banken durch ein Darlehensmodell die finanzielle Ausstattung und damit das organische Wachstum und die Schaffung von 100 Arbeitsplätzen im Waldviertel gesichert hat.

 

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) stellt die Problemlage - in ihrer „Allgemeine Information der FMA zu Bürgerbeteiligungsmodellen“ - abrufbar auf der FMA-Homepage – wie folgt dar:

„(...) Die aktuellen Bürgerbeteiligungsmodelle beinhalten aus Sicht der Aufsicht primär zwei rechtliche Fragestellungen. Zum einen die Frage nach dem Vorliegen eines Bankgeschäftes, welches eine Konzessionspflicht nach Bankwesengesetz (BWG) auslöst, zum anderen die Frage des Vorliegens eines öffentlichen Angebotes im Sinne des Kapitalmarktgesetzes (KMG), welches unter Umständen die Prospektpflicht nach KMG auslösen kann.“


Aber nicht nur im aktuell publik gewordenen Fall des Konflikts des Waldviertler Schuhproduzenten Heini Staudinger (GEA) mit der FMA gibt es Schwierigkeiten insbesondere mit dem Bankwesengesetz und der Prospektpflicht. Auch die Klagen z.B. von Energiewende-Projekte in diversen Gemeinden über den unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand und die finanziellen Belastungen nehmen massiv zu. Weiters zeigt die Praxis, dass es aufgrund der Krise gerade für KMUs schwierig geworden ist, ausreichend Fremdkapital von den Banken für dringend notwendige Investitionen  zu bekommen.

Viele BürgerInnen haben seit dem Ausbruch der Finanzkrise  aufgrund ihrer Erfahrungen mit den von den Banken angebotenen – teilweise hochriskanten - Anlageformen das Vertrauen in den Finanzsektor verloren. Die mangelnde Reaktion der Politik auf die unregulierten Finanzmärkte und deren politische Dominanz sorgten dafür, das Misstrauen der Menschen in die „Finanzmärkte“ weiter zu vertiefen. Sie haben daher verständlicherweise verstärkt Interesse, ihr Geld bei partizipativen Beteiligungsmodellen direkt in die Realwirtschaft in ihrer Region zu investieren.

Die Finanzmarktaufsicht versucht in den einzelnen Fällen Lösungen herbeizuführen oder sieht sich aufgrund der aktuellen Gesetze gezwungen – so wie im Falle von GEA - ein Verfahren bei Gericht einzuleiten. In einem ZIB2 Interview am 31. Oktober merkte FMA-Vorstandsdirektor Dr. Kurt Pribil an, dass es „20 bis 40 Fälle dieser Art im Jahr“ sind.

Das partizipative bürgernahe Finanzierungsmodell mit geringem Verwaltungskostenaufwand des Waldviertler Schuhproduzenten beweist, dass solche Modelle von vielen Bürgerinnen und Bürgern trotz des fehlenden Anlegerschutzes erwünscht sind. Weiters zeigen auch die Resolutionen u.a. vom oberösterreichischen und niederösterreichischen Landtag, dass immer mehr Energiewende - Projekte, die durch partizipative Beteiligungsmodelle mit geringen Verwaltungskosten in vielen Gemeinden entstehen, von der Problematik betroffen sind.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie viele Fälle partizipativer Beteiligungsmodelle  werden pro Jahr seitens der Finanzmarktaufsicht (FMA) überprüft (Mit dem Ersuchen um Auflistung nach Unternehmensgrößen, Branchen – bzw. Projekte Erneuerbarer Energien, und Bundesländer seit dem Jahre 2009)?

 

2.    Um welche Art von ProjektbetreiberInnen handelt es dabei jeweils? (öffentlich/nicht-öffentlich)

 

3.    Bei den nicht-öffentlichen ProjektbetreiberInnen: welcher Branchen waren die jeweiligen Projektbetreiber jeweils zugehörig?

 

4.    Wieviele Fälle erhielten dabei einen positiven Bescheid (Mit dem Ersuchen um Auflistung seit dem Jahre 2009)?

 

5.    Wieviele Fälle bekamen dabei einen negativen Bescheid (Mit dem Ersuchen um Auflistung seit dem Jahre 2009)?

 

6.    In welchen Unternehmensgrößen befinden sich die von der FMA überprüften Unternehmen?

 

7.    Wieviele Projekte zur Finanzierung von Photovoltaikanlagen sind von den Überprüfungen derzeit betroffen?

 

8.    Wieviele Projekte zur Finanzierung von sonstigen Projekten im Bereich von erneuerbaren Energien sind von den Überprüfungen betroffen?

 

9.    In welchen Bundesländern befinden sich die überprüften Projekte?

 

10. Wie war die „Zustimmungs-/Ablehnungsrate“ in den einzelnen Bundesländern?

 

11. Wie kann der administrative und finanzielle Aufwand von partizipativen Beteiligungsmodellen möglichst gering gehalten und gleichzeitig die Interessen der Gläubiger gewahrt werden?

 

12. Wie kann künftig verhindert werden, dass Unternehmen wie zB GEA mit derartigen Problemen konfrontiert sind?

 

13. Welche Finanzierungsmodelle mit direkter BürgerInnenbeteiligung, die seitens der FMA empfohlen werden, existieren derzeit?

14. Welche administrativen Verwaltungskosten bzw. Belastungen entstehen bei den jeweiligen Modellen für die BürgerInnen und ProjektbetreiberInnen?

 

15. Würde bei der Gründung einer Genossenschaft eine Prospektpflicht entstehen?

 

16. Wenn ja, wie hoch sind die anfallenden Kosten (z.B. Gebühren) für einen  solchen Prospekt?

 

17. Würde bei der Begebung einer Unternehmensanleihe eine Prospektpflicht entstehen?

 

18. Wenn ja, wie hoch sind die anfallenden Kosten (z.B. Gebühren) für einen  solchen Prospekt?

 

19. Ist es möglich, eine Unternehmensanleihe ohne Einbindung von Banken zu begeben und zu vertreiben?

 

20. Welche Gebühren würden bei der Begebung einer Unternehmensanleihe anfallen?

 

21. Welche zusätzlichen Gebühren/Kosten entstehen durch die – verpflichtende - Hinterlegung eines Prospekts bei der Meldestelle der Kontrollbank?

 

22. Warum ist es in Österreich – nicht so wie in Deutschland – möglich, Genossenschaftsanteile aus der Prospektpflicht auszunehmen?

 

23. Ist es möglich als Genossenschafter seiner Genossenschaft ein Darlehen zu geben – und wenn  ja - unter welchen Bedingungen?

 

24. Welche konkreten Schritte und Reaktion planen Sie bezüglich der Resolutionen vom oberösterreichischen und niederösterreichischen Landtag betreffend BürgerInnenbeteiligung /Energiewende-Projekte in den Gemeinden?

 

25. Wie wollen Sie mit AnlegerInnen umgehen, die von sich selbst sagen und das auch schriftlich bestätigen würden, dass sie als AnlegerInnen nicht schutzwürdig sein wollen?