13081/J XXIV. GP

Eingelangt am 16.11.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Petra Bayr, Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend entwicklungspolitischer und ökologischer Bedenken gegenüber dem Einsatz von Agrotreibstoffen

BEGRÜNDUNG

In der anhaltenden Debatte um Agrotreibstoffe hat die europäische Kommission am 17. Oktober 2012 einen Vorschlag präsentiert, der teilweise auf die entwicklungspolitischen und klimaschädlichen Bedenken von Agrotreibstoffen eingeht. Ein wesentlicher Punkt dieses Vorschlags ist die beschränkte Beimengung von Agrotreibstoffen der ersten Generation (z.B. Weizen und Raps) auf fünf Prozent. Agrotreibstoffe der ersten Generation haben direkte und indirekte negative Folgen. Direkte Folgen schlagen sich vor allem in steigenden Nahrungsmittelpreisen nieder, die wiederum vor allem ärmere Bevölkerungsschichten treffen und das Hungerproblem verschärfen. Land Grabbing, also das Pachten über viele Jahre oder der Kauf von Land durch ausländische Investoren oder andere Staaten, wird bereits in über 60 Prozent aller Fälle für die Produktion von Agrotreibstoffen betrieben. Bei Land Grabbing wird die lokale Bevölkerung meist weder in den Entscheidungsprozess eingebunden, noch entsprechend entschädigt und so häufig in Armut und Hunger getrieben.

Klimaschädliche Effekte aus indirekten Landnutzungsveränderungen (ILUC) werden im Vorschlag der Kommission nicht in die Klimabilanz der Treibstoffe eingerechnet, was dazu führen kann, dass Agrotreibstoffe in ihrer Gesamtbilanz klimaschädlicher als konventionelle Treibstoffe sind.

Weder Österreich noch die Summe aller EU Staaten können ihren Bedarf an Rohstoffen für die Produktion von Agrotreibstoffen aus dem eigenen Anbau decken. Daher sind Importe aus den Entwicklungs- und Schwellenländern notwendig. Es ist zu beobachten, dass dies zahlreiche negative Folgen, wie das Nichteinhalten von sozialen und ökologischen Mindeststandards, die Reduktion von Biodiversität und das Roden von Regenwald und anderen Naturräumen oder das Verschärfen von Konflikten um natürliche Ressourcen, mit sich bringt.


Der gesamte Nachhaltigkeitsgedanke wird im Zusammenhang mit der Einführung von E 10 regelmäßig falsch verwendet. Der Energieverbrauch der zu 95 Prozent auf fossile Kraftstoffe zurückgreifenden PKW ist ein herausragendes Beispiel für die Plünderung und Verschwendung von Ressourcen. Effizienzsteigerungen werden von der Automobilindustrie nicht in gebotenem Maße eingefordert. E 10 wird eingesetzt um die Pflichten zur Verbrauchsminderung zu reduzieren, obwohl die technischen und wirtschaftlichen Minderungspotentiale bei PKW riesengroß sind.

Das Ziel, bis 2020 einen 10 prozentigen Anteil an erneuerbaren Energien im

Transportbereich zu erreichen, blieb im jüngsten Vorschlag der EU-Kommission

erhalten.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Was bedeutet die durch den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 17. Oktober entstandene beschränkte Beimengung von Agrotreibstoffen aus Nahrungsmittelpflanzen auf fünf Prozent für Österreich?

2)    Welche Auswirkungen ergeben sich aus der Berichtspflicht zur indirekten Landnutzungsänderungen für Österreich, die der Vorschlag der Europäischen Kommission vom 17. Oktober enthält?

3)    Wie hoch ist der Anteil der erneuerbaren Energien derzeit im Verkehrssektor (inklusive und exklusive des öffentlichen Verkehrs) unter den vorgeschlagenen Berechnungsmethoden vor allem hinsichtlich der Mehrfachanrechnung von Agrotreibstoffen aus Abfällen und Reststoffen bzw. der 2. und 3. Generation?

4)    Wie hoch ist der Beimischungsanteil in Österreich derzeit?

5)    Ist angestrebt den Beimischungsanteil zu ändern

a. Wenn ja, in welcher Höhe in Bezug zu welchem Zeitraum?

6)    Zu welchem Anteil muss Österreich sowohl die Rohstoffe für Agrotreibstoffe als auch Agrotreibstoffe selbst importieren, um die eigenen Zielvorgaben zu erreichen?

a.     Bitte um Nennung der Importe aus dem EU-Raum.

b.     Bitte um Nennung der Importe aus Drittstaaten außerhalb der EU.

7)    Aus welchen EU-Ländern importiert Österreich in welchen Mengen Rohstoffe für die Herstellung von Agrartreibstoffen und Agrartreibstoffe selbst?

8)    Aus welchen Nicht-EU-Ländern importiert Österreich in welchen Mengen Rohstoffe für die Herstellung von Agrartreibstoffen und Agrartreibstoffe selbst?

9)    Wie stellt Ihr Ressort sicher, dass sowohl soziale (z.B. Kernarbeitsnormen der ILO und ILO Konvention 169) als auch ökologische Mindeststandards bei der Herstellung von Rohstoffen für die Agrotreibstofferzeugung beim Import aus dem EU-Ausland eingehalten werden?

10) Wie versteht Ihr Ressort den Artikel 208 des Vertrages von Lissabon (Kohärenzgebot und Armutsminderung als oberste Priorität bei Maßnahmen die

Entwicklungsländer betreffen) in Bezug auf Agrotreibstoffe unter Berücksichtigung von Importen aus dem EU-Ausland?

11) Welche Maßnahmen setzt Ihr Ressort, um die im Artikel 208 des Vertrags von Lissabon festgeschriebene Politikkohärenz im Bereich Agrotreibstoffe zu gewährleisten?

12) Die Auswirkungen der Agrotreibstoffe hängen selbstverständlich von der absolut eingesetzten Menge ab. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob 10 Prozent erneuerbare Energien im Transportbereich eingesetzt werden und der energetische Endverbrauch drastisch steigt, gleich bleibt oder gar sinkt. Welche Maßnahmen schlagen sie vor, bzw. fordern sie ein, damit die Menge des Treibstoffeinsatzes reduziert wird?