13159/J XXIV. GP
Eingelangt
am 28.11.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert.
Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Kuzdas und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport
betreffend „erneute Irritierende Aussagen des NÖ-Militärkommandanten beim traditionellen Ganslessen der Stadtgemeinde Mistelbach“
Wie schon bei der Bürgermeisterkonferenz des Verwaltungsbezirkes St. Pölten, am 28. September, kam es in Mistelbach am 23. November 2012 im Rahmen des traditionellen Ganslessens der Stadtgemeinde Mistelbach erneut zu irritierenden Aussagen des NÖ-Militärkommandanten Brigadier Striedinger (siehe auch Anfrage des Abg. Heinzl 12708/J).
Zu dieser Veranstaltung werden
alljährlich Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben und
der Wirtschaft eingeladen, die im abgelaufenen Jahr intensiv mit der Stadt-
gemeinde zusammengearbeitet haben.
Zur "festlichen Ansprache" war der
Militärkommandant von NÖ, Brigadier Striedinger, eingeladen, der
in Uniform dieser Einladung Folge leistete. Der verlor kein Wort
über Gänse, Wein, Gemeinde, Zusammenarbeit mit den Beamten des
Landes, der Gemeinde oder ähnliches, sondern hielt eine "Rede"
ausschließlich zur Volksbefragung über die Abschaffung der
allgemeinen Wehrpflicht. Er machte das offizielle Modell des BMLVS
herunter, stellte die Umsetzbarkeit in Abrede und trat für die Beibehaltung
der Wehrpflicht ein.
Er führte aus, dass es vollkommen unklar sei, wie es nach einer Abschaffung der Wehrpflicht weitergehen wird. Er stellte den Weiterbestand der Kaserne Mistelbach in Zweifel, obwohl er wissen müsste, dass die Kaserne Mistelbach zu einem Aufklä- rungs-Kompetenzcenter ausgebaut werden wird.
Zur Volksbefragung brachte er
in Zusammenhang mit dem Ganslessen folgenden Vergleich: „Stellen sie sich
vor, sie bekommen zwei Gerichte serviert. Eines ist ein knuspriges, goldgelbes
Schnitzel, offen auf dem Teller. Das andere ist ein Gericht
unter einer Haube, man weiß nicht was darunter ist, dafür ist es
teurer. Was würden
Sie nehmen?"
Seine Aussagen knüpften inhaltlich an seine Rede bei der Bürgermeisterkonferenz am 28. September 2012 im Verwaltungsbezirk St. Pölten an.
Bei der Bürgermeisterkonferenz St. Pölten teilte Brigadier Striedinger weiters mit, dass er bis Jahresende noch alle anderen Bezirke besuchen werde, um dort vor den BürgermeisterInnen sprechen zu können. Dies sei auch im Sinne des Landeshauptmannes.
Dieses Versprechen hielt er und setzte seine Anti-Berufsheerpropaganda in Mistelbach fort.
Er bezeichnete den Wehrdienst als erziehungsbildende Maßnahme für junge Burschen, die beim Bundesheer sozialisiert werden. Beim Heer werden nämlich alle gleich behandelt, die Zuteilung in die Schlafräume erfolge alphabethisch und so sind Burschen aus allen Bevölkerungs- und Bildungsschichten zusammengewürfelt in einem Zimmer. Toleranz, Zusammenhalt und gegenseitige Wertschätzung sind somit untrennbar damit verbunden! Weiter meinte er, dass man auch von den jungen Menschen etwas zurückfordern müsse. Nachdem ihnen alle Möglichkeiten heutzutage offen stehen, könne man auch verlangen, dass sie für den Staat dienen und so etwas zurückgeben!
Ein „Berufsheer“ sei nicht zu finanzieren, denn es gebe jetzt schon viel zu viele Schwierigkeiten die Miliz aufrechtzuerhalten. Zurzeit seien 1.000 Soldaten einsatzbereit und es sei geplant dieses Freiwilligenheer auf 7.000 aufzustocken - das sei einfach unmöglich. Diese Probleme zeigen sich auch bereits in anderen Ländern, wie z. B. in Deutschland, wo man sich damit helfe, die Mannschaftsstärken zu reduzieren und nach unten zu korrigieren und so die nationale Sicherheit damit gefährde, - das dürfe in Österreich nicht passieren!
Heute gebe es bereits 16.000 Berufssoldaten, die man auf 8.000 reduzieren will und das funktioniert sowieso nicht! Brigadier Striedinger stellte die Frage, wer würde, wenn die Grundwehrdiener wegfallen, dann noch in den Bundesheerdienst gehen!? Wie soll man die jungen Menschen erreichen und dafür begeistern, wenn man sie nicht durch den Grundwehrdienst dazu bewegen kann! Das wäre der Weg zum Söldnerheer! Die Landesverteidigung würde nicht mehr funktionieren, für Luftraumüberwachung und Auslandeinsätze gebe es nicht mehr genügend Personal bzw. nur mehr in sehr geringen Ausmaß. Ohne Wehrdienst gibt es keinen funktionierenden Katastrophenschutz mehr, da nicht mehr genügend Ressourcen abrufbereit sind. Aktuell waren in der Steiermark mehrere hundert Soldaten (er erwähnte an die 600) eingesetzt und gebe es zeitgleich mehrere solche Ereignisse, dann wäre das „Heer neu“ nicht mehr in der Lage diese Schutzaufgaben zu bewältigen. Terrorbekämpfung und öffentliche Sicherheit sind gefährdet, denn mit einem Berufsheer könne man nicht einmal die Raffinerie in Schwechat schützen! Ein Großteil der Militärmusik ist mit Grundwehrdienern bestückt - d.h.: Kein Grundwehrdienst bedeutet auch keine Militärmusik mehr! Auch das Küchenpersonal in den Kasernen müsste mit Fremdpersonal bestückt werden - zurzeit kostet die Versorgungseinheit nichts, dann schon und das ist ebenso nicht leistbar!
Schließlich widmete sich Striedinger noch dem Zivildienst, der mit dem Wegfall der Wehrpflicht gestrichen würde und die Hilfs- und Rettungsorganisationen somit unüberbrückbare Probleme hätten. Wenn es jetzt schon an der Finanzierung mangelt, wäre eine teurere Lösung noch weniger zu finanzieren. Er meinte, wir sollten doch auch bitte den wirtschaftlichen Schaden nicht vergessen und die regionalen Auswirkungen, die ebenso durch ein „Berufsheer“ entstünden! Kneipen und Gaststätten wären genauso davon betroffen! Die Kostenwahrheit würde belegen, dass ein neues System mit all seinen Begleiterscheinungen nicht finanzierbar sei!
Die Festansprache des Militärkommandanten von NÖ hat viele Gäste sehr irritiert.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport nachfolgende Anfrage.
1. Gibt es einen Auftrag an den niederösterreichischen Militärkommandanten die, für die von der Bundesregierung beschlossene Volksbefragung, benötigten Informationen der Bürgerinnen und Bürger in dieser einseitigen parteiischen Form vorzunehmen?
2. Wenn ja, wer hat diesen Auftrag gegeben?
3. Wenn nein, welche Maßnahmen werden sie setzen, damit die Bürgerinnen und Bürger über beide Modelle sachgerecht informiert werden?
4. Wie beurteilen Sie die Aussagen des niederösterreichischen Militärkommandanten im Bezug auf die künftige Einsatzfähigkeit des Bundesheeres (Pionierkräfte, Schutz kritischer Infrastruktur, Gefährdung der nationalen Sicherheit, Auslandseinsatzkapazität, Rekrütierungspröbleme, Betreiben der Küchen, Finanzierung des neuen Modells, Militärmusik)?
5. Kann den - in der von der Bundesregierung beschlossenen Sicherheitsstrategie - angeführten Bedrohungen (in der Folge auszugsweise dargestellt) durch das neue Modell Berufsheer mit Profi-Miliz und Beorderten-Milz wirksam entgegen gewirkt werden? Bitte um Beantwortung der einzelnen Punkte:
a. internationaler Terrorismus
b. Verbreitung von Massenvernichtungswaffen
c. das „Scheitern“ von Staaten
d. „Cyber Attacks“
e. die Bedrohung strategisch wichtiger Infrastruktur
f. Klimäwaridel, Umweltschäden und Pandemien
g. Technische Katastrophen (z.B. Atomunfälle)
6. Gibt es Pläne, die Kaserne Mistelbach unmittelbar nach der Volksbefragung bzw. im Laufe der Umsetzung des Modells „Berufsheer“ zu schließen?
7. Sind Soldatinnen und Soldaten, die entweder Ausbildungsdienst leisten oder als Berufs, Zeit- oder Milizsoldat ihren Dienst im In- und Ausland freiwillig für Österreich leisten Söldner?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum unterstellt das der niederösterreichische Militärkommandant seinen Kameradinnen und Kameraden?