13228/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.12.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Jarolim, Genossinnen und Genossen an die Bundesministerin für Justiz

betreffend der Gewährung elektronisch überwachten Hausarrests an einen Salzburger Vergewaltiger

Im Jänner 2007 wurde der Salzburger B. wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, davon acht Monate unbedingt, verurteilt. Im Oktober 2007 wurde das Urteil rechtskräftig. Nachdem B. alle Rechtsmittel ausgeschöpft und Haftaufschub sowie Hemmung des Strafvollzuges erreicht hatte, setzte das LG Salzburg im Jänner 2012, fünf Jahre nach dem erstinstanzlichen Urteil, die unbedingte Freiheitstrafe von acht auf sechs Monate herab.

Im März 2012 stellte B. einen Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest, der im Juli 2012 vom Leiter der JVA Salzburg unter Bezugnahme auf die Äußerung der Begutachtungs- und Evaluierungsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) abgelehnt wurde. Bei B. gebe es „Problembereiche in der Bindungsfähigkeit und der sexuellen Selbstregulation“, ein „ Missbrauch der Vollzugsform“ sei „nicht unwahrscheinlich, das heißt, ein weiterer Missbrauch nicht ausgeschlossen, sodass die Gewährung des Strafvollzuges durch elektronisch überwachten Hausarrest ausscheide.“ B. erhob dagegen Beschwerde, welcher das OLG Linz im August 2012 stattgab. Noch im selben Monat wurde von der Direktion für den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen (Vollzugsdirektion) Amtsbeschwerde gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim OLG Linz erhoben und der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Anwendung des Gesetztes angefochten (§ 28 Abs 1 VwGG iVm Art 131 Abs 2 B-VG, § 156d StVG und § 66 Abs 2 und 4 AVG). Ende Oktober 2012 entschied der VwGH schließlich zugunsten des B.

Das OLG Linz begründete die Minderung des Risikos u.a. damit, dass B. ein Alkoholverbot auferlegt wurde und ging dabei anscheinend davon aus, dass die Übergriffe nur in alkoholisiertem Zustand stattgefunden hätten. Zwar schilderte das Opfer während des Verfahrens, dass Übergriffe des B. in alkoholisiertem Zustand stattgefunden haben, jedoch wurden nicht alle Taten unter Alkoholeinfluss begangen.

Des Weiteren wurde auf seine sonstige Unbescholtenheit hingewiesen. Bereits früher hat es Verfahren wegen vorgeworfener einschlägiger Delikte gegeben, die allerdings eingestellt bzw. wegen Verjährung gar nicht aufgenommene wurden. Im Verfahren erster Instanz wurde festgehalten, dass die völlige Uneinsichtigkeit des Täters sowie seine Darstellung des Opfers als Täter aus spezialpräventiven Gründen den Vollzug eines Teiles der verhängten Freiheitsstrafe erfordern. Im Verfahren und gegenüber den Medien beteuerten B. bzw. seine Frau und sein Anwalt stets seine Unschuld oder verharmlosten seine Taten. B. bekämpfte dementsprechend seine Verurteilung bis zuletzt; gegenüber dem Verein Neustart zeigte B. jedoch Reue. Auf dieses widersprüchliche Verhalten wurde nicht eingegangen. Außerdem wies das OLG Linz darauf hin, dass die Taten ja bereits mehr als sechseinhalb Jahre zurückliegen. Angesichts einer Verfahrensdauer von fünf Jahren, die durch die von B. erhobenen Rechtsmittel und deren Bearbeitung durch die Gerichte verursacht wurde, ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar.

Dem OLG Linz musste gemäß der Aktenlage bekannt gewesen sein, dass während des Strafverfahrens mehrere Zeuginnen Übergriffe und sexuelle Annährungen seitens des B. zu Protokoll gaben; eine Zeugin war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre, eine andere war gar erst 14 Jahre alt. Vor allem die jüngeren weiblichen Mitglieder des Hundesportvereines trauten sich anscheinend nicht, sich gegen die Übergriffe des B. zu wehren; B. war dort nämlich stellvertretender Sektionsleiter und Kursleiter sowie Leistungsrichter bei der Österreichischen Hundeunion.

Auch die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung bewertete das OLG Linz positiv. Grundsätzlich ist diese Entwicklung ja auch sehr begrüßenswert. Bemerkenswert ist aber, dass B. nach jahrelanger Arbeitslosigkeit merkwürdigerweise justament genau vor der Stellung des Antrages auf elektronisch überwachten Hausarrest eine Anstellung im Unternehmen eines Freundes fand. In den Jahren davor scheiterte jedoch die Auszahlung des Teilschmerzensgeldes iHv EUR 5000 an das Opfer daran, dass B. seit dem Urteil keiner Arbeit nachging, sein Unternehmen aufgab und das Firmenfahrzeug seiner Frau übertrug. Angeblich hat er sich in diesem Zeitraum jedoch als Hundetrainer etwas dazuverdient.

Im November 2012 sagte das Opfer bei der Polizei aus, dass B. bzw. dessen Frau zwischen 2006 und 2012 immer wieder Verfolgungshandlungen setzten; dabei soll das Opfer zur Rücknahme der Anzeige aufgefordert und bedroht worden sein. Eine Freundin des Opfers hat am 17. März 2009 einige dieser Verfolgungshandlungen bei der Staatsanwaltschaft Salzburg zu Protokoll gegeben, reagiert wurde darauf anscheinend nicht. Am 21. März 2012 wurde das Opfer von B. mit Mord bedroht, am selben Abend empfing die junge Frau ein SMS in dem auf die vorige Drohung Bezug genommen und weitere Drohungen ausgesprochen wurden.

Festzuhalten ist, dass die vergewaltigte Frau aufgrund der anhaltenden Drohungen ihren Wohnort wechseln musste und aufgrund der ständigen Angst auch keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen kann – damit sind all die genannten Vorfälle ein Problem des Opfers und nicht des Täters.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage:

1.    Ist es üblich, dass bei Sexualdelikten zwischen Anzeige der Tat und Vollzug der Strafe ohne ersichtlichen Grund mehr als sechs Jahre vergehen? Wie viele vergleichbare Fälle gibt es in Österreich?

2.    Welche Schritte unternahm die Staatsanwaltschaft Salzburg, damit die bei ihr im März 2009 von einer Zeugin zu Protokoll gegebenen andauernden Verfolgungshandlungen gegen das Opfer bei der Entscheidung über die Gewährung elektronisch überwachten Hausarrests berücksichtigt werden?

3.    Warum hat die Vollzugsdirektion in ihrer Amtsbeschwerde nicht darauf hingewiesen, dass sich aus den im Verfahren als Beweismittel verwendeten Zeugenvernehmungen ergibt, dass die Übergriffe des B. nur zum Teil in alkoholisiertem Zustand stattfanden und die Verhängung eines Alkoholverbots daher kaum als risikomindernd angesehen werden kann?

4.    Wurden aufgrund der im November 2012 zu Protokoll gegebenen gefährlichen Drohungen bereits Ermittlungen eingeleitet? Wurde die Rufnummer, von der aus die bedrohliche Kurznachricht gesendet wurde, überprüft?

5.    Ist der Täter der ihm gemäß §§ 156b Abs 2, 156d Abs 2 StVG iVm § 3 Z 7, 11 HausarrestV aufgetragenen Verpflichtung zur Leistung eines Ersatzbetrages iHv EUR 5000 und der damit verbundenen monatlichen Vorlage von Zahlungsbelegen an den Anstaltsleiter nachgekommen? Wurde der Betrag iHv EUR 5000 seit der Rechtskraft des Urteils verzinst?