13485/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.12.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Markowitz, Tadler

und Kollegen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend geplante Umsetzung der Kinderarzneimittel EU-Verordnung in Österreich

 

 

Die Verordnung über Kinderarzneimittel (Verordnung (EG) Nr. 1901/2006) ist eine Verordnung der europäischen Union, welche die Entwicklung von Medikamenten unter Einbeziehung der Anwendung an Kindern und Jugendlichen von 0 bis 17 Jahren regelt.

Sie trat im Januar 2007 in Kraft und soll sicherstellen, dass auch für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen Arzneimittel verfügbar sind, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit speziell für diese Zielgruppe angemessen und ethisch vertretbar untersucht wurden.

 

Seit Juli 2008 ist europaweit für jedes neu zuzulassende Arzneimittel mit dem Zulassungsantrag ein pädiatrisches Prüfkonzept (Paediatric Investigation Plan, PIP) vorzulegen, in dem das geplante Entwicklungsprogramm für eine Anwendung an Kindern bzw. Jugendlichen beschrieben wird. Für Arzneimittel, die für Erwachsene bereits zugelassen sind, haben Pharmaunternehmen die Möglichkeit, zusätzlich eine Zulassung für die pädiatrische Verwendung (Paediatricusemarketingauthorisation, PUMA) zu beantragen.

Um weltweit eine unnötige Wiederholung von Studien mit Kindern zu vermeiden, schreibt die Verordnung vor, dass das Register klinischer Studien der EU auch ein Register über klinische Prüfungen von Kinderarzneimitteln beinhalten soll, welches alle in der Gemeinschaft und in Drittstaaten laufenden, abgeschlossenen und vorzeitig abgebrochenen pädiatrischen Studien erfasst. Die Information in der Datenbank ist der Öffentlichkeit in bestimmten Auszügen zugänglich zu machen.

„Das Gesundheitsministerium wird gemeinsam mit der Pharmig in den nächsten fünf Jahren den Aufbau eines Forschungsnetzwerks finanzieren, das Medikamente auf ihre Kindertauglichkeit prüft", gab Gesundheitsminister Alois Stöger bei den Gesprächen in Alpbach 2012 bekannt. "Dies ist eine weitere konkrete Maßnahme, mit der die von mir in Auftrag gegebene Kindergesundheitsstrategie umgesetzt wird. Das Gesundheitsministerium beteiligt sich die nächsten fünf Jahre mit je 150.000 Euro an der Gründung desNetzwerks."

"Bis zu 90 Prozent der Medikamente sind für Kinder nicht zugelassen", beschrieb Dr. Reinhold Kerbl die aktuelle Situation. Das berge vielfältige Risiken, so der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, da der Organismus eines Kindes nicht mit jenem eines Erwachsenen vergleichbar sei. "Wir wollen für unsere Patienten nicht nur die besten, sondern auch die sichersten Arzneimittel verfügbar machen", so der Pädiater. Eine ausreichende Versorgung von Kindern mit eigens für sie geprüften und zugelassenen Arzneimitteln sei nicht nur notwendig, sondern überdies seit 2007 per EU-Verordnung vorgeschrieben.

 

"Die pharmazeutische Industrie in Österreich beteiligt sich an der Finanzierung des Kinderforschungsnetzwerkes im gleichen Ausmaß wie das Gesundheitsministerium, damit eine Erhöhung der Zahl jener Medikamente, die explizit auch für Kinder zugelassen sind, realisiert werden kann", so Dr. Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig. Neben der Finanzierung sei es vor allem das gemeinsame gesellschaftspolitische Grundverständnis, dass Studien an Kindern notwendig sind. Dieses gelte es erst zu erarbeiten, denn bis vor kurzem galten Studien an Kindern als unethisch. Das geplante Kinderforschungsnetzwerk werde nicht nur die Versorgung der Kinder mit für sie zugelassenen Arzneimitteln nachhaltig verbessern, sondern könne auch als wesentlicher Impuls für den Forschungsstandort Österreich gewertet werden, betonte Huber bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesminister Alois Stöger am Rande der Alpbacher Gesundheitsgespräche.

 

Die Basisfinanzierung ist notwendig, um das Netzwerk zu realisieren. Ab 1.1.2018 soll die finanzielle Selbsterhaltungsfähigkeit erreicht sein. Weiters ist die Anschubfinanzierung an die Erreichung sieben konkreter messbarer Ziele gebunden. Die Aufnahme der operativen Tätigkeit des Kinderforschungs-netzwerks ist für 2013 geplant.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Gesundheit nachstehende

 

ANFRAGE:

 

1.    Ist die Erfassung der Verwendung von zugelassenen Kinder-Arzneispezialitäten sowohl im Krankenhaus- wie auch im niedergelassenen Bereich entsprechend der Basispressemappe der BASG vom März 2012 bereits erfasst? Wenn ja, bitte fügen Sie den detaillierten Bericht an, wenn nein, teilen Sie bitte mit, wann dieser Bericht fertig und einsehbar ist.

 

2.    Die gesetzliche Grundlage des Paediatric Worksharing ist Artikel 45 der Paediatric Regulation. Österreich ist derzeit bei sieben Verfahren Rapporteur. Bei welchen Verfahren war und ist Österreich gegenwärtig Rapporteur und wo kann man diese Informationen nachlesen? Bitte um detaillierte Angaben

 

3.    Wie viele Arzneispezialitäten haben eine pädiatrische Zulassung?

 

4.    Wie viele Arzneimittel ohne spezielle Zulassung für die pädiatrische Bevölkerungsgruppe werden trotzdem an dieser angewendet (off-label-use)? Bitte um die Gesamtzahl und Aufzählung dieser einzelnen Arzneispezialitäten.

 

5.    Wie viele Arzneispezialitäten wurden in Österreich seit dem Inkrafttreten der EU-Kinderarzneimittel-Verordnung (Juli 2008) zugelassen?

 

6.    Wie viele Arzneispezialitäten davon (Zulassung ab Juli 2008) haben eine pädiatrische Zulassung?

 

7.    Werden Arzneispezialitäten (Zulassung ab Juli 2008) ohne spezielle Zulassung für die pädiatrische Bevölkerungsgruppe trotzdem an dieser angewendet (off-label-use), wenn ja, warum und welche? Bitte um die Gesamtzahl und Aufzählung dieser einzelnen Arzneispezialitäten.

 

8.    Wie viele Zurückstellungen oder Freistellungen von der Pflicht zur Vorlage eines pädiatrischen Prüfkonzepts wurden in Österreich bei Arzneispezialitäten im Zulassungsverfahren seit 2008 beantragt?

 

9.    Für wie viele Arzneispezialitäten, die für Erwachsene bereits zugelassen sind, wurde eine zusätzliche Zulassung für die pädiatrische Verwendung beantragt? Bitte um taxative Bekanntgabe.

 

10. Finden in Österreich derzeit pädiatrische Arzneispezialitätenprüfungen gemäß einem pädiatrischen Prüfkonzept statt, wenn ja,

a.    welche?

b.    in welchen Einrichtungen?

c.    um welche Wirksubstanzen oder Medikamente gegen welche Erkrankungen, die geprüft werden, handelt es sich genau?

 

 

11. Finden in Österreich derzeit andere pädiatrische Arzneispezialitätenprüfungen statt, wenn ja,

a.    welche?

b.    in welchen Einrichtungen?

c.    um welche Wirksubstanzen oder Medikamente gegen welche Erkrankungen, die geprüft werden, handelt es sich genau?

 

12. Welche Medikamente fallen aktuell unter die „Orphan-Arzneimittel“- Regelung?

 

13. Welche der unter den Punkten 8. und 9. genannten Wirksubstanzen werden in welcher Einrichtung beforscht?

 

14. Sind Medikamente, die sich für die pädiatrische Anwendung eignen bzw. gemäß den Vorgaben der Kinderarzneimittelverordnung zugelassen wurden, gekennzeichnet, wenn ja, wie, wenn nein, warum nicht?

 

15. Wo kann sich die Öffentlichkeit über die pädiatrische Anwendung von Arzneispezialitäten informieren?

 

16. Werden Eltern in Österreich, wenn ihren Kindern Arzneispezialitäten im off-label-use verschrieben werden, darüber informiert, wenn ja, wie, wenn nein, warum nicht?

 

17. Wie werden Eltern, deren Kindern Arzneispezialitäten im Rahmen des Kinderforschungs-netzwerks  verschrieben werden, darüber informiert?

 

18. Wie lautet der Finanzierungsplan für die kommenden fünf Jahre (pro Jahr) für den Aufbau des angekündigten Forschungsnetzwerks von Seiten des Ministeriums und von Seiten der Pharmig?

 

19. Wer sind die Einrichtungen und die verantwortlichen Personen pro Einrichtung, die in Österreich an dem Kinderforschungsnetzwerk teilnehmen?

 

20. Ist es vorgesehen, den niedergelassenen Bereich in die Tätigkeiten des Kinderforschungs-netzwerks  einzubinden, wenn ja, wie? 

 

21. Wie definieren sich „die sieben konkreten messbaren Ziele“ (laut Presseaussendung des Herrn Bundesminister vom 20.August 2012), an denen die Anschubfinanzierung gebunden ist?

 

22. Bis wann soll eine ausreichende Versorgung von Kindern mit eigens für sie geprüften und zugelassenen Arzneispezialitäten in Österreich entsprechend der EU Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 sichergestellt sein?

 

23. Wo kann man sich über die aktuell laufenden Forschungsprojekte hinsichtlich „Medikamente an Kindern“ in Österreich informieren?

 

24. Wo kann man sich über alle Studienergebnisse, auch diejenigen, welche vorzeitig abgebrochen wurden, öffentlich informieren?

 

25. Wird es eine gesetzliche Regelung geben, dass vorzeitig abgebrochene Studien veröffentlicht werden und zugänglich sein müssen?

 

26. Wenn nein, warum nicht?

 

27. Ist es geplant, dass Eltern die Möglichkeit bekommen, unerwünschte Wirkungen direkt an eine Informationsstelle zu melden, wenn nein, warum nicht?

 

28. Ist es vorgesehen, über die gemeldeten unerwünschten Nebenwirkungen bei Studien als auch über die getroffenen Maßnahmen, z.B. in Form einer Datenbank, Einsicht zu bekommen, wenn nein, warum nicht?

 

29. Wenn die obigen Möglichkeiten nicht gegeben sein werden, wie erklären Sie, warum nicht alle Informationen transparent sind?

 

30. Werden unklare „Zulassungsinformationen“ wie, „nicht empfohlen für…“, „… nicht  geeignet für…“, „… unter“ etc. in den Beipackinformationen weiterhin in Verwendung bleiben, oder wird es eine klare Formulierung wie „Für Kinder ab/unter…(Angabe des Alters)… Angabe der genauen Indikation…. zugelassen/nichtzugelassen“ geben?

 

31. Wie wollen Sie unabhängige Forschung in der Pädiatrie garantieren, wenn Finanzierungen aus der Hand einer Pharmafirma bzw. deren Vertretung, der Pharmig, kommt?

 

32. Ist es geplant, die Herkunft der Fördermittel offenzulegen?

 

33. Wenn ja, in welcher Form?

 

34. Jetzt, da ein Forschungsnetzwerk mit kontrollierten Versuchen durch die EU Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 vorgeschrieben ist, in der auch genaue Vorgaben nachzulesen sind, welche Informationen (Aufklärung) an Eltern zu ergehen haben, bzw. welche Einverständniserklärungen die Eltern und Betroffene unterschreiben müssen, planen Sie auch rechtlichen Vorgaben zur Regelung von Off-lable-use?

 

35. Wenn nein, warum nicht?

 

36. Welche Rechtsmittel haben Eltern zur Verfügung, deren Kinder off-label behandelt wurden, und die aufgrund von ungenauer Aufklärung und/oder auftretender Nebenwirkungen physische und/oder psychische Schäden geltend machen wollen?

 

37. Wird es eine eigne Ethikkommission für das Kinderforschungsnetzwerk geben?

 

38. Wenn nein, warum nicht?

 

39. Wenn ja, wie soll diese konzipiert sein?