135/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend geplantes Postamts-Zusperrkonzert und Zukunft der Postversorgung in Österreich

 

 

Die nun bekanntgewordenen Pläne der Post AG, nach den Schließungswellen der letzten Jahre ein weiteres Mal massiv ins Rest-Postamts-Netz zu schneiden und bis zu 400, bis 2015 womöglich bis zu 1000 der verbliebenen 1300 Postämter zu schließen, haben zurecht zu einem empörten Aufschrei der Postkunden und der breiten Öffentlichkeit geführt. Ist doch aus Kundensicht nicht weniger Service, sondern das Gegenteil dringend nötig, etwa zeitgemäße Öffnungszeiten und ausreichendes, motiviertes Personal, damit der Betrieb nicht bei jeder Grippewelle zusammenbricht.

 

Geradezu obszön wirken angesichts der Sachlage die für die neuerlichen Pläne für Postamtsschließungen ins Treffen geführten finanziellen bzw. betriebswirtschaftlichen Argumente. Sind doch die Fabelgehälter einzelner Post-Spitzenmanager ebenso bekannt wie diejenigen der ÖIAG-Spitze, die dem Treiben der immerhin zu 51% in ihrem Besitz stehenden Post AG völlig tatenlos zusieht. Wer aber bei Managergehältern großzügig ist, kann nicht ernsthaft mit Finanz- und Einsparungs-Argumenten auffahren, um sich mit diesem Vorwand billig aus der Verantwortung für die Öffentlichkeit und für eine anständige Servicequalität zu verabschieden.

 

Ebenso wird die Post-Spitze nicht müde, sich selbst in Medien und Öffentlichkeit für Rekordgewinne und Dividendenrenditen im zweistelligen Prozentbereich für die Aktionäre zu loben. Offenbar steht der Shareholder Value inklusive damit verbundenen Erfolgsprämien völlig im Mittelpunkt allen Denkens und Handelns, so sehr, dass für die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten bei der flächendeckenden Bereitstellung des Universaldienstes und für die Anliegen und Bedürfnisse der „gewöhnlichen“ Postkunden und für die nötige Zahl und Motivation der in den Postämtern und in der Zustellung beschäftigten MitarbeiterInnen keine Managementkapazität mehr frei bleibt.

 

Schließlich stellt sich die Frage, wann die zuständigen Regierungsmitglieder, allen voran der Finanz- und der Verkehrsminister, endlich ein politisches Machtwort sprechen und Vorschläge für die nötige Schärfung des gesetzlichen Rahmens für das unzumutbare Fuhrwerken bei der Post vorlegen werden, wie sie beispielsweise von der SPÖ bereits in Oppositionszeiten formuliert, dann aber umgehend vergessen wurden.

 

Die Frage der künftigen Gestaltung des Postmarktes und der künftigen Sicherung des Universaldienstes und entsprechender zeitgerechter Gesetzesvorschläge stellt sich angesichts der jüngsten Entwicklung in nochmals erhöhter Dringlichkeit.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Wie stehen Sie zur seitens der Post AG ventilierten baldigen Schließung von weiteren 300 bis 400, sowie mittelfristig (2015) bis zu 1000 Postämtern?

 

2.      Wie stehen Sie zur geplanten neuerlichen Postamts-Schließungswelle insbesondere angesichts der unmissverständlichen Positionierungen Ihrer Partei in den letzten Tagen?

 

3.      Wie stehen Sie zur geplanten neuerlichen Postamts-Schließungswelle insbesondere angesichts der Aussage (von BM Faymann) im „trend“, 9/2008: „Bei der Post wird man rechtzeitig eingreifen müssen. Weil noch mal machen wir das nicht, zu sagen: Der Post geht's gut, und dann drohen plötzlich enorme Grauslichkeiten. Das muss man aus diesem AUA-Prozess lernen.“

 

4.      Wann werden die zuständigen Regierungsmitglieder bei der Post – „rechtzeitig“ – eingreifen?

 

5.      Wie stehen Sie zur geplanten neuerlichen Postamts-Schließungswelle insbesondere angesichts der in der APA am 24.8.2008 dokumentierten Aussagen? („SP-Infrastrukturminister Werner Faymann kritisiert das "hoch bezahlte" Management der Post und sieht das Unternehmen als schlecht auf die kommende Liberalisierung ab 2011 vorbereitet. Die Postführung wolle nur "im großen Stil Filialen schließen", in Sachen Verbesserung der Kostenstruktur "höre ich schon mehr Vorschläge des Betriebsrats als der Geschäftsführung", sagt Faymann“)?

 

6.      Nachdem – siehe obiges Zitat – auf Regierungsebene offensichtlich bereits monatelang Informationen über geplante Postamtsschließungen „im großen Stil“ vorlagen – wann erfolgte die erste Information über diese Absichten, und welche Schritte im einzelnen wurden seitdem wann gesetzt, um im Interesse der Bevölkerung die Umsetzung dieser Pläne zu verhindern?

 

7.      Welche Szenarien und Perspektiven für die kurzfristige Zukunft der Post AG, wie sie beispielsweise Gegenstand von Aufsichtsrats-Sitzungen waren, sind Ihnen – auch im Wege Ihrer VertreterInnen in den ÖIAG-Gremien - bekannt?

 

8.      Welche Szenarien und Perspektiven für die mittel- und längerfristige Zukunft der Post AG im künftigen voll liberalisierten Postmarkt, wie sie beispielsweise Gegenstand von Aufsichtsrats-Sitzungen waren, sind Ihnen bekannt?

 

9.      Sind mit einer Schließung von Postämtern finanzielle Vorteile für Entscheidungsträger bei Post AG und/oder ÖIAG verbunden? Wenn ja, welche?

 

10. Wann wird seitens der Regierung der seit Jahren überfällige Vorschlag für eine verschärfte Post-Universaldienstverordnung vorlegen, der der Politik endlich diejenigen wirksamen Instrumente in die Hand gibt, die kundenfeindliche Zusperrkonzerte der Post und ähnliches unterbinden und die der derzeit gültigen Verordnung erwiesenermaßen fehlen – wie auch von Dachorganisationen der Städte und Gemeinden mittlerweile kritisiert wird?

 

11. Hielten Sie es für verantwortbar, mit einer solchen Novelle bis zur nächsten Novellierung/Neufassung des Postgesetzes im Jahr 2009 oder gar erst 2010 zuzuwarten? Wenn ja warum?

 

12. Haben Sie bzw Ihre Partei die vollständige Marktliberalisierung im Postbereich auf EU-Ebene mitgetragen?

 

13. Welche Eckpunkte für die im Hinblick auf den künftigen voll liberalisierten Postmarkt in den nächsten Monaten nötige Neugestaltung des Postgesetzes im Sinne eines Postmarktgesetzes können Sie bereits nennen?

 

14. Werden Sie insbesondere der dauerhaften flächendeckenden und finanziellen Absicherung des Post-Universaldienstes zentrales Augenmerk widmen, wenn ja in welcher Weise, wenn nein warum nicht?

 

15. Welche Überlegungen bestehen zum künftigen Umfang des Universaldienstes unter Bedingungen der Voll-Liberalisierung?

 

16. Welche Überlegungen bestehen zur künftigen, verfassungskonformen Finanzierung des Universaldienstes unter Bedingungen der Voll-Liberalisierung?

 

17. Welche Überlegungen bestehen zur Frage der bundesweiten Preiseinheitlichkeit von Postdienstleistungen – d.h. insbesondere auch: Keine selektive Schlechterstellung des ländlichen Raums durch höhere Tarife - unter Bedingungen der Voll-Liberalisierung?

 

18. Welche Überlegungen bestehen zur künftigen Qualitätssicherung und zur Qualitätskontrolle aller Marktteilnehmer unter Bedingungen der Voll-Liberalisierung?

 

19. Bestehen Überlegungen für dienstrechtliche Veränderungen bei der Post AG, wenn ja welche und mit welcher Zeitperspektive?

 

20. Wann wird ein Gesetzesvorschlag für ein neues Post(markt)gesetz vorgelegt?