13636/J XXIV. GP
Eingelangt am 23.01.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Walser , Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
betreffend Vorgänge im Bereich des Landesschulrates für Niederösterreich im Zusammenhang mit der 2005 begonnen Schulleiterbestellung für die Höhere Technische Lehr- und Versuchsanstalt (HTBLuVA) Wr. Neustadt und den daraus resultierenden Gerichtsverfahren.
Am 19. Mai 2005 wurde die Stelle eines Schulleiters an der HTBLuVA Wr. Neustadt ausgeschrieben. Nach wiederholter Einflussnahme seitens des Klubobmannes der ÖVP Niederösterreich, Mag. Klaus Schneeberger, wurde am 12. Dezember 2005 der Administrator der HLA Baden, MMag. Wolfgang Voltmann, vom Kollegium des Landesschulrates für Niederösterreich zum Erstgereihten im Dreiervorschlag für diese HTL bestimmt. Die weiteren Kandidaten in diesem Dreiervorschlag waren Mag. Erich Greistorfer und Mag. Martin Schilk.
Nachdem neben vielen anderen Ungereimtheiten in diesem Verfahren auch bekannt wurde, dass MMag. Voltmann als Lehrkraft an einer humanberuflichen Schule die Ausschreibungserfordernisse nicht erfüllt hatte, wurde er vom damaligen Präsidenten des Landesschulrates für Niederösterreich, HR Adolf Stricker, zu Beginn des Schuljahres 2006/07 einfach per Dekret zum provisorischen Schulleiter an der HTBLuVA Wr. Neustadt bestimmt. Siehe dazu die parlamentarische Anfrage Nr. 4725/J-NR/2006 (XXII. GP) des Abgeordneten Dr. Peter Wittmann vom 12. September 2006.
Das Schuljahr 2006/07 war an der HTBLuVA Wr. Neustadt - angesichts MMag. Voltmanns völliger Unkenntnis des technischen und gewerblichen Schulwesens - gekennzeichnet von organisatorischem Chaos und Streitigkeiten mit der Schulgemeinschaft, was auch dementsprechende mediale Wellen geschlagen hat. (siehe Beilagen)
Noch während des Schuljahres 2006/07, im Mai 2007 erhob der provisorisch betraute Schulleiter MMag. Voltmann gegen den Zweitgereihten MMag. Greistorfer schwere Beschuldigungen: Mag. Greistorfer hätte im Schuljahr 2001/02 Unterrichtsstunden nicht gehalten und, um dies zu verschleiern, nun, im Jahr 2007, die entsprechenden Klassenbucheinträge gefälscht. Als Zeugen für seine Behauptungen wurden von MMag. Voltmann ein 2002 pensionierter Lehrer und zwei Bürokräfte aus der Personalabteilung der HTBLuVA Wr. Neustadt beigebracht.
Mag. Greistorfer wurde von MMag. Voltmann über diese Vorwürfe
nicht informiert. Die Angelegenheit wurde direkt an den Landesschulrat für
Niederösterreich weitergeleitet und von diesem untersucht. Die
Amtsdirektion des Landesschulrats für Niederösterreich führte
diese weiteren Untersuchungen ohne irgendeine Information und ohne eine
Anhörung von Mag. Greistorfer durch.
Das Resultat dieses „Geheimverfahrens“ durch den Landesschulrat
für Niederösterreich: Die von MMag. Voltmann gegen den Zweitgereihten
erhobenen Vorwürfe wurden vom Landesschulrat für Niederösterreich
1:1 bestätigt. Sogar Mag. Greistorfers angebliche Motive für die
behauptete Urkundenfälschung wurden ohne eine Anhörung Mag.
Greistorfers vom Landesschulrat für Niederösterreich im Zuge einer
Ferndiagnose ermittelt. Der so „festgestellte Sachverhalt“ wurde
vom Landesschulrat für Niederösterreich an die Staatsanwaltschaft Wr.
Neustadt so weitergereicht, dass der Anschein erweckt wurde, die untersuchten
Vorwürfe würden stimmen und Mag. Greistorfer hätte sogar seine
Motive kundgetan.
Mag. Greistorfer wurde erst von der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt im Dezember 2007 über das gegen ihn seit über einem halben Jahr geführte Verfahren informiert. Dieses Verfahren wurde letztendlich von der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt im Februar 2008 eingestellt.
In einem 2009 von Mag. Greistorfer angestrengten Zivilprozess gegen MMag. Voltmann und dessen Zeugen (Unterlassung & Widerruf der behaupteten Fälschung eines Klassenbuchs aus dem Schuljahr 2000/01) stellten zwei aufwändige Gutachten (ein chemisch-physikalisches von Dr. Friderike Blümelhuber, eines vom Bundeskriminalamt) die Echtheit der Klassenbucheinträge aus dem Jahr 2001/02 fest.
Die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt erhob daraufhin gegen MMag. Voltmann und dessen Zeugen Anklage wegen Verleumdung und falscher Zeugenaussage. Beginn des Strafprozesses: 17. Jänner 2013.
Ende des Schuljahres 2006/07 wurde MMag. Voltmann die provisorische Betrauung mit der Schulleitung der HTBLuVA Wr. Neustadt durch den neuen Präsidenten des Landesschulrates für Niederösterreich, HR Hermann Helm, wieder entzogen. MMag. Voltmann wurde per 01. September 2007 an die HLA Baden zurückversetzt. Nach wenigen Tagen, erhielt MMag. Voltmann eine neu geschaffene Stelle am Landesschulrat für Niederösterreich, die er fast 16 Monate bis zu seiner gesundheitsbedingten Versetzung in den Ruhestand per 01. Jänner 2009 bekleiden durfte.
Das 2005 begonnene Bestellungsverfahren für die Schulleiterstelle an der HTBLuVA wurde niemals offiziell beendet und ist derzeit beim Höchstgericht anhängig, weil es die zuständigen Behörden bis dato unterlassen haben, eine offizielle Entscheidung (gegen die Rechtsmittel zulässig wären) zu treffen. Im Herbst 2010 wurde parallel zum Erstverfahren vom BMUKK eine zweite Ausschreibung um diese Leiterstelle gestartet. In deren Verlauf wurden von Mag. Greistorfer und Mag. Schilk vom Landesschulrat für Niederösterreich zwar noch zu einer weiteren Anhörung geladen. Trotz teils klar besserer Qualifikationen und Anhörungsergebnisse und trotz entsprechender Empfehlungen des Dienststellen- und Schulgemeinschaftsausschusses wurden Mag. Greistorfer und Mag. Schilk von der Amtsdirektion des Landesschulrates für Niederösterreich aus dem weiteren Verlauf des neuen Bestellungsverfahrens ohne Angabe von Gründen entfernt, und der neue Dreiervorschlag mit teils wesentlich weniger qualifizierten Kandidaten erstellt. Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Als Leiterin der obersten Dienstbehörde
haben Sie dem Verdacht von Missständen am Landesschulrat für
Niederösterreich von Amts wegen nachzugehen und die Verantwortlichen zur
Rechenschaft zu ziehen. Haben Sie in der oben genannten Angelegenheit
entsprechende Schritte gesetzt? Wenn nein, warum nicht?
2) Die Untersuchungen gegen Mag. Greistorfer wurden
- ohne dessen Wissen - von seinem damaligen Vorgesetzen MMag. Voltmann initiiert
bzw. von den niederösterreichischen Schulbehörden in einem
„Geheimverfahren“ durchgeführt. Dies widerspricht in
eklatanter Weise dem Personalvertretungsgesetz und dem
Beamtendienstrechtsgesetz.
Wie stellen Sie sicher, dass die Ihnen unterstellten Dienstbehörden in
Zukunft gesetzesform agieren?
3) Sind Ihnen noch weitere, von Schulbehörden
geheim geführte Untersuchungen gegen Beamte in Ihrem
Zuständigkeitsbereich bekannt? Wenn ja, welche?
4) Sind Ihnen in Ihrem Verantwortungsbereich noch weitere
Fälle bekannt, in denen Sachverhaltsdarstellungen mit von Vorgesetzen oder
von Schulbehörden erfundenen „Beweisen“ an eine
Staatsanwaltschaft übermittelt wurden? Wenn ja, welche?
5) Ist Ihnen bekannt, dass sich MMag. Voltmann
unmittelbar vor seiner Bewerbung um die Leiterstelle an der HTBLuVA
Wr. Neustadt auch um die Leiterstelle an der HLW Biedermannsdorf
beworben hat und ihm dort Frau Dr. Evelyn Mayer vorgezogen wurde?
Frau Dr. Mayer war in weiterer Folge massiven Mobbing seitens der
niederösterreichischen Schulbehörden ausgesetzt (siehe dazu parlamentarische
Anfragen Nr. 10270/J-NR/2012 und Nr. 11513/J-NR/2012).
6) MMag. Voltmann genoss die politische
Unterstützung vom Fraktionsvorsitzenden im Kollegium des Landesschulrates
für Niederösterreich, Mag. Klaus Schneeberger, sowie von hohen
Beamten der niederösterreichischen Schulbehörden. Sind Sie
darüber informiert, dass gegen MMag. Voltmanns Mitbewerber/innen sowohl an
der HLW Biedermannsdorf als auch an der HTBLuVA Wr. Neustadt seitens des Landesschulrates
für Niederösterreich massiv vorgegangen wurde?
7) Seit wann sind Sie über den Strafprozess
gegen MMag. Voltmann und dessen Zeugen wegen Verleumdung und falscher
Zeugenaussage informiert?
8) Wird dieser Strafprozess von Beamten des BMUKK
beobachtet werden?
9) Hat MMag. Voltmann oder einer seiner nun
mitangeklagten Zeugen im Jahr 2007 eine Belohnung bekommen. Wenn ja, wer und in
welcher Höhe?
10) Erwarten Sie im Falle einer Verurteilung von MMag.
Voltmann und den anderen Beamten Schadenersatzforderungen bzw.
Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich von Seiten der bei der
Direktorenbestellung nicht berücksichtigten Mitbewerber?
11) Welche dienstrechtlichen Schritte planen Sie im Falle einer
Verurteilung gegen die direkt involvierten Beamten und deren Unterstützer
im Landesschulrat für Niederösterreich?
12) Werden Sie die der Republik entstandenen und noch
entstehenden Kosten von den involvierten Personen auf dem Regressweg
zurückfordern?
13) Wie stellen Sie sicher, dass die ehemaligen aber auch
potentiellen zukünftigen Bewerber/innen um Schulleiterstellen vor
behördlicher Willkür seitens des Landesschulrates für
Niederösterreich und vor politischer Einflussnahme geschützt werden?
14) Wie stellen Sie sicher, dass kompetente, aber der
Mehrheitspartei in NÖ politisch nicht genehme Bewerber/innen um
Schulleiterstellen, von der Amtsdirektion des Landesschulrates für
Niederösterreich nicht mehr grundlos aus einem laufenden Bestellungsverfahren
ausgeschlossen und stattdessen andere, weniger qualifizierte Bewerber in die
Dreiervorschläge des Kollegiums aufgenommen werden?
15) Im September 2007 wurde MMag. Voltmann an die HLA Baden
zurückversetzt. Er hat dort seine Unterrichtstätigkeit nicht aufgenommen,
sondern wurde nach kurzer Zeit am Landesschulrat für Niederösterreich
mit einem eigens geschaffenen Posten, der weder in einem Organigramm noch im
damaligen Telefonverzeichnis aufschien, versorgt. Welche Funktion war dies und
welche Aufgabengebiete umfasste diese Stelle?
16) Wurde diese Stelle öffentlich ausgeschrieben. Wenn
ja, wann und wo? Wenn nein, warum nicht?
17) Gibt es eine Dokumentation der von MMag. Voltmann von
Sept. 2007 bis Dez. 2008 erbrachten Arbeitsleistung oder
Aufzeichnungen über dessen Anwesenheitszeiten am Landesschulrat für
Niederösterreich?
Wenn nein, warum halten Sie diese von MMag. Voltmann bekleidete Stelle nicht
für einen klassischen Versorgungsposten bzw. reinen Ersatzposten für
die entzogene Stelle als provisorischer Schulleiter an der HTBLuVA Wr.
Neustadt?
18) Wurde die Entlohnung für diese Stelle mit
Überstunden, Zulagen oder sonstigen finanziellen Zuwendungen aufgebessert,
sodass das MMag. Voltmann zustehende Grundgehalt als Lehrer an der HLA Baden
überschritten wurde? Wenn ja, in welcher Höhe wurde das Grundgehalt -
aufsummiert über MMag. Voltmanns gesamte Anstellungsdauer am
Landesschulrat für Niederösterreich - überschritten?
19) Falls diese von MMag. Voltmann für fast 16 Monate am
Landesschulrat für Niederösterreich bekleidete Stelle ein
Versorgungsposten ohne merkbare Leistung war oder das zustehende Lehrergehalt
übersteigende, ungerechtfertigte Bezüge ausbezahlt wurden: Besteht
für Sie gegenüber den verantwortlichen Beamten des Landesschulrates
für Niederösterreich der Verdacht der Untreue (gemäß
§ 153 StGB) oder des Betrugs (gemäß § 146 StGB)?
20) Werden Sie die der Republik Österreich durch die
rund 16-monatige „Beschäftigung“ von MMag. Voltmann am
Landesschulrat für Niederösterreich entstandene Kosten auf dem
Regressweg zurückfordern?
21) Werden Sie das gesamte, im Jahr 2005 begonnen
Bestellungsverfahren um die Schulleiterstelle an der HTBLuVA Wr. Neustadt
hinsichtlich weiterer strafrechtlicher Verfehlungen prüfen lassen (z.B. §
302 StGB Missbrauch der Amtsgewalt, § 308 StGB Verbotene Intervention, §
315 StGB Erschleichung eines Amtes)? Wenn nein, warum nicht?
22) Das im Jahr 2005 begonnen Bestellungsverfahren um die
Schulleiterstelle an der HTBLuVA Wr. Neustadt ist bei den Höchstgerichten
anhängig. Der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes, die
Verwaltungsakten aller beteiligten Instanzen (d.h. Landesschulrat für
Niederösterreich und BMUKK) vollständig, geordnet und im Original
vorzulegen, wurde seitens der Schulbehörden nicht nachgekommen. Der
Landesschulrat für Niederösterreich und das BMUKK haben dem
Höchstgericht nur einen kleinen Teil der Akten übermittelt.
Wieso versucht das BMUKK im Einklang mit dem Landesschulrat für
Niederösterreich eine Aufklärung der Verfehlungen in diesem
Bestellungsverfahren zu verhindern?
23) Sehen Sie darin den Tatbestand gemäß § 295 StGB - Unterdrückung eines Beweismittels durch Beamte der Schulbehörden erfüllt? Wenn nein, warum nicht?
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Anfragesteller übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe
Anfrage (gescanntes Original)
zur Verfügung.