13702/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.01.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Prävention Tabakabhängigkeit bei Jugendlichen

BEGRÜNDUNG

 

Studienergebnisse der Weltgesundheitsorganisation (WHO)[1] belegen, dass die Anzahl der Tabakabhängigen weltweit zunimmt. Im aktuellen Jahrhundert wird diese Krankheit mindestens eine Milliarde Todesopfer fordern. Nennen Sie es Tabakabhängigkeit oder Nikotinsucht: die mangelnde Wahrnehmung als Erkrankung wird massiv unterschätzt – und kann töten.

Österreichweit sind 1,6 Millionen Menschen tabakabhängig, wir belegen außerdem international einen traurigen Spitzenplatz beim Anteil an jugendlichen RaucherInnen. Die Kritik fokussiert sich naturgemäß und berechtigt auf die Marketingstrategien der Tabakindustrie. Was oft vergessen wird, ist der Mangel an Wahrnehmung als Krankheit, obwohl neben den Kriterien der Abhängigkeit auch das Nikotinentzugssyndrom[2] diagnostisch klassifiziert ist.

Das BMG schreibt auf seiner Homepage[3]:

 „Der Konsum von Tabak ist in Industrieländern wie Österreich die bedeutendste Ursache vermeidbarer Krankheiten und Todesfälle. Weltweit sterben derzeit nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation jährlich über vier Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen tabakbedingter Krankheiten. Diese Zahl wird sich innerhalb der nächsten Jahrzehnte auf rund 10 Millionen pro Jahr erhöhen, wenn gegen diese Entwicklung nichts unternommen wird.

Der Anteil der Raucherinnen und Raucher in der österreichischen Bevölkerung liegt zwischen 40% und 50%. Schätzungsweise 12.000 bis 14.000 Menschen sterben in Österreich pro Jahr an den Folgen tabakbezogener Erkrankungen. Angesichts dieser enormen Bedrohung ist politisches Handeln, einschließlich entsprechender Initiativen zur Schaffung der gebotenen Maßnahmen auf gesetzlicher Ebene, dringend erforderlich.“

Fraglich bleibt, was ganz aktuell zu Prävention und Suchtentwöhnung angeboten wird? Welche konkreten Maßnahmen werden derzeit gesetzt, um Kinder und Jugendliche zu schützen?

Es gab ein Pilotprojekt im Jahr 2004: „Die rauchfreie Schule – gemeinsam gegen das Rauchen[4]“. Wann dieses abgeschlossen wurde, ob es einen Abschlussbericht gibt, ob der Pilotversuch weitergeführt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis.

Ebenso kann, wenn nach konkreten Aktivitäten gesucht wird, die Plakatkampagne zum Nichtrauchen aus dem Jahr 2010 abgerufen werden. Vielleicht erinnert sich noch jemand, die Kampagne war speziell auf junge Menschen abgestellt, die damals affichierten Bilder sind natürlich längst verschwunden. Über etwaige Effekte dieser Aktion ist uns nichts bekannt.

Das österreichweite RaucherInnentelefon, welches stolz präsentiert, sein Service inzwischen auch auf türkisch anzubieten, ist ein sehr gute Initiative, die sicherlich einen großen Beitrag zur Information von RaucherInnen leistet, während die Tabakprävention bisher keine Finanzierung und eigene Struktur hat. Kinder und Jugendliche werden dadurch auch mit Sicherheit nicht erreicht, und als „Prävention“ ist dieses Service ungeeignet.

Zwar wird im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode die Entwicklung einer österreichischen Suchtpräventionsstrategie genannt. Die Zielgruppe junger Menschen stehe ganz besonders im Mittelpunkt der Suchtprävention. Es bleibt aber zu befürchten, dass die hier beschäftigten Personen mit illegalen Drogen, Alkohol, Spielsucht, etc. weit ausgelastet sind und die drohende Nikotinsucht nur wenig Platz findet.

Tabakabhängigkeit wird vermutlich sogar vereinzelt von MedizinerInnen noch als „schlechte Angewohnheit“  abgetan, auch die Sozialversicherungen sträuben sich erfolgreich gegen Erstattung von Psychotherapie und medikamentöser Unterstützung für den Tabakentzug. Bisherige Aktionenen zur Tabakprävention sind bei Kindern und Jugendlichen nicht angekommen. Das spricht klar gegen Prävention, und Sie nehmen zugleich für die hohen Kosten der Tabakfolgeschäden in Kauf.

Vielen Erwachsenen ist scheinbar nicht bekannt und/oder bewusst, welche „Vorbildwirkung“ sie auf junge Menschen ausüben. Es muss ganz dringend etwas geschehen, damit dieses Bewusstsein in der Vordergrund rückt. Sich immer nur darauf zu verlassen, dass es EU-Richtlinien geben wird, die von den Mitgliedsstaaten umzusetzen sind, ist zu wenig. Ausserdem gibt ein Abschieben der Verantwortung Gelegenheit, gegen Entscheidungen zu polemisieren, die nicht von unserer Regierung, sondern „in Brüssel“ getroffen wurden.

Auch in der Beantwortung einer unserer parlamentarischen Anfragen[5] aus dem Jahr 2010 schreiben Sie u.a.

 

Was wurde seither konkret unternommen?

Ein weiteres Ärgernis, welches von verschiedenen Seiten auch an uns herangetragen wurde, ist, dass das im Tabakgesetz unter § 11 Zi 5 Abs. 3 normierte Verbot der Tabakwerbung mit Zielrichtung Jugendliche scheinbar kaum eingehalten,  geschweige denn exekutiert wird:

Als Beispiel dazu ein Automat bei einer Bushaltestelle im Grazer Stadtpark[6] und einerneben einer Linzer „Genussboutique“[7]unter den angeführten links.

 

 

 

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche präventiven Maßnahmen werden aktuell zum Schutz von Kindern und Jugendlichen angeboten?

2)    Wie weit ist die Entwicklung einer österreichischen Suchtpräventionsstrategie, speziell mit Fokus auf Kinder und Jugendliche, in diesem Bereich ausgearbeitet? Wie viele Personen sind hier konkret mit Nikotinsucht befasst?

3)    Welche konkreten Ziele im Hinblick auf Nikotinsuchtprävention sollen erreicht werden? Bis wann sollen diese Ziele erreicht werden? Wie wird das Ergebnis evaluiert werden?

4)    Wann wird es erste spürbare Umsetzungen dieser Strategie bzw. der Ziele geben?

5)    Können Sie besorgten BürgerInnen überzeugend vermitteln, dass Sie alles tun, was in Ihrer Macht steht, um Ihre Kinder davon abzuhalten, mit dem Rauchen zu beginnen?

6)    Wie viele Anfragen (RaucherInnentelefon, Bürgerservice, persönliche Zuschriften,..) bekommen Sie pro Jahr von Eltern diesbezüglich? Wie oft wird die Werbung für Tabakprodukte konkret thematisiert?

7)    Was wurde aus dem Pilotprojekt im Jahr 2004 „Die rauchfreie Schule – gemeinsam gegen das Rauchen“? Wann wurde dieses abgeschlossen? Gibt es einen Abschlussbericht? War das Projekt aus Ihrer Sich ein Erfolg? Wurde oder wird der Pilotversuch weitergeführt? Wenn ja, wo? Wenn nein: warum nicht?

8)    Wie haben sich die Zahlen zum österreichweiten RaucherInnentelefon seit dem Start der Initiatitive jährlich entwickelt? Wie viele Personen nahmen dieses Service seit Bestehen insgesamt Anspruch? Woran können Sie den Erfolg dieser Einrichtung messen? Gibt es eine Art der Evaluierung? Wenn ja, bitte um Unterlagen. Wenn nein: warum nicht?

9)    Wie viele Anzeigen im Zusammenhang mit Verstößen gegen das im TabakG normierte Tabakwerbeverbot gibt es seit Inkrafttreten der Novelle mit 1. 1. 2009? Bitte um österreichweite Gesamtzahlen sowie Aufschlüsselung nach Bundesland und Jahr.

10) Wie viele Verwaltungsstrafverfahren gab es im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Tabakwerbeverbot seit Inkrafttreten der Novelle? Bitte um österreichweite Gesamtzahlen sowie Aufschlüsselung nach Bundesland und Jahr.

11) Wie viele Verwaltungsstrafverfahren gab es im Zusammenhang mit Verstößen gegen §11 des TabakG seit Inkrafttreten der Novelle? Bitte um österreichweite Gesamtzahlen sowie Aufschlüsselung nach Bundesland und Jahr.

12) Welche konkreten Maßnahmen wurden seit Inkrafttreten der Novelle aus Ihrem Ressort zur Umsetzung und Überwachung des Werbeverbots gesetzt? Welche konkreten Maßnahmen wurden von den im Wege der mittelbaren Bundesverwaltung zuständigen Bezirksbehörden gesetzt, um das Werbeverbot nachhaltig zu überwachen?

13) Welche Maßnahmen wollen Sie setzen, um das Tabakwerbeverbot künftig nachhaltiger zu überwachen?

14) Welche konkreten Maßnahmen haben Ihr Ressort bzw. die Bezirksbehörden seit 1. 1. 2009 gesetzt, um jene Bestimmungen, die dem Jugendschutz dienen, effizient zu überwachen?

15) Haben Sie seit 1. 1. 2009 Erlässe zur besseren und nachhaltigeren Umsetzung des Werbeverbots an die Landeshauptleute herausgegeben? Wenn ja, welche? Wenn nein: Warum nicht?

16) In England dürfen seit Oktober 2011 keine Zigarettenautomaten mehr aufgestellt werden. Gibt es ähnliche Pläne auch für Österreich? Wenn ja, welche? Wenn nein: Warum nicht?

17) Wie viel nahm Österreich an Tabaksteuer von Minderjährigen ein? Es kursieren Zahlen, nach denen 60,5 Millionen Euro Tabaksteuer allein im Jahr 2006 eingenommen wurden. Wie hoch waren die gesamten Ausgaben für Tabakprävention bei Kindern und Jugendlichen in dieser Legislaturperiode? Bitte nach Verwendungszweck aufschlüsseln.

18) Manche Länder  (z.B. die Schweiz)  finanzieren aus Einnahmen der Tabaksteuer u.a. eine Gruppe von ExpertInnen, die auf Tabakprävention und Rauchertherapie spezialisiert sind. Ist ein ähnliches Vorgehen auch in Österreich denkbar? Wenn ja, wann wird es dazu konkrete Pläne geben? Wenn nein: warum nicht?

19) Welche konkreten Maßnahmen wurden bisher gegen verbotene Internetwerbung für steuerfreie Zigaretten und illegale Nikotinprodukte ergriffen?

 



[1] http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736%2812%2961085-X/fulltext

[2] http://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/Diagnosekriterien.html

[3] http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Drogen_Sucht/Tabak_Nichtrauchen/Das_oesterreichische_Tabakgesetz

[4] http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/5/2/6/CH1041/CMS1346670525826/cms1288784678834_rauchfreie_schule_folder.pdf

[5] http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_05128/index.shtml

[6] http://www.aerzteinitiative.at/AutomatWerbg.jpg

[7] http://www.aerzteinitiative.at/images/WerbgLinz2013.JPG