13849/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.01.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Gisela Wurm, Dr. Jarolim

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend die Wieder-Verlängerung des Gerichtsjahres für RechtspraktikantInnen

Mit dem Budgetbegleitgesetz-Justiz 2011 bis 2013 wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2011 die Gerichtspraxis für RechtspraktikantInnen von neun auf fünf Monate verkürzt und gleichzeitig das monatliche Gehalt für RechtspraktikantInnen von 1.274 Euro auf 1.010 Euro reduziert (bezogen auf die Nettolöhne bedeutet dies eine Reduktion von rund 1.000 Euro auf ca. 850 Euro).

Als Hauptgrund für die Reduzierung wurde bei der Einführung das Erfordernis des Einsparens von Kosten für die Justiz genannt.

Nach mehr als eineinhalb Jahren Erfahrung mit dieser neuen Situation kommen die Unterzeichneten Abgeordneten zum Ergebnis, dass die seinerzeitigen Warnungen von Seiten der Richtervereinigung, aber auch von Seiten der Rechtsanwaltskammer gegenüber dieser Reduzierung im Wesentlichen zu Recht bestanden haben. Auch wenn man das Argument des Sparzwanges ernst nimmt, hat die Praxis nunmehr gezeigt, dass die Nachteile für die Justiz insgesamt und insbesondere natürlich auch für die Betroffenen ein Ausmaß erreicht haben, durch welches diese Maßnahme nicht mehr als gerechtfertigt angesehen werden kann. Das Argument des „Sparens am falschen Platz“ wurde hier wohl zu Recht vorgebracht.

Das Gerichtsjahr hat ursprünglich, wie schon der Name sagt, zwölf Monate gedauert und wurde bereits vor geraumer Zeit auf neun Monate herabgesetzt. Die neuerliche Reduktion auf fünf Monate ist für die Ausbildung eindeutig zu kurz und macht die Gerichtspraxis wenig attraktiv. Von der Richtervereinigung wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Gerichte „einen guten Stock an Nachwuchs“ brauchten, und dass man deshalb die Besten finden müsste, was wiederum bedeutet, dass man den Leuten finanziell auch etwas bieten sollte.

Unverständlich ist auch, warum die RechtspraktikantInnen bei Gericht um rund 200 Euro weniger bekommen als vergleichbare PraktikantInnen bei der Finanz. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Gerichtspraxis für alle jene verpflichtend ist, die beispielsweise den Beruf eines Richters, Staatsanwaltes, Rechtsanwaltes oder Notars anstreben. Dies bedeutet, dass nach dem erfolgreichen Jus-Studium sehr qualifizierte Absolventlnnen nicht im erforderlichen Ausmaß sich für einen dieser für die Gesellschaft wichtigen Berufe entscheiden und damit die klassischen Rechtsberufe einen Wettbewerbsnachteil erleiden.

Die Unterzeichneten Abgeordneten sind sich bewusst, dass für eine verantwortungsvolle Gesetzgebung und seriöse Justizpolitik es nichts Außerordentliches sein sollte, nach der Einführung einer Maßnahme festzustellen, dass man über das Ziel hinaus geschossen hat und deshalb Adaptierungen andenkt und letztlich auch durchführt. In diesem Sinn ist es erfreulich, dass laut Medienberichten die amtierende Bundesministerin für Justiz Dr. Beatrix Karl sich ein höheres Gehalt für RechtspraktikantInnen vorstellen könne und dass im letzten Herbst auch im Bundesministerium für Justiz über eine Wiederverlängerung der Gerichtspraxis auf sechs Monate nachgedacht wurde – was immerhin bedeuten würde, dass nach dieser Zeit ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehen würde.

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.      Werden von Ihnen die kritischen Stellungnahmen aus der Richterschaft und der Rechtsanwaltschaft über die negativen Auswirkungen der mit 1. Juli 2011 erfolgten Reduzierung der Gerichtspraxis von neun auf fünf Monate geteilt?

2.       Die RechtspraktikantInnen wurden in der Vergangenheit durchaus auch als „Systemerhalter“ (z.B. Schriftführen, Aufnahme von Protokollarklagen, Vorbereiten einfacher Schlüsse) eingesetzt, was, wenn es nicht im Übermaß geschieht, und der Ausbildungsgedanke dadurch nicht in den Hintergrund gerät, akzeptabel ist. Wie hat sich die drastische Verkürzung der Gerichtspraxis in diesem Zusammenhang auf die angespannte personelle Situation der österreichischen Gerichte ausgewirkt?

3.      Können Sie sich vorstellen, dass die Gerichtspraxis für RechtspraktikantInnen wieder verlängert wird und wenn ja, bis zu welcher Dauer?

4.      Gibt es im Bundesministerium für Justiz schon konkrete Pläne für eine Verlängerung der derzeitigen Gerichtspraxis von fünf Monaten auf mindestens sechs Monate oder auch noch länger?

5.      Laut Medienberichten können Sie sich vorstellen, dass RechtspraktikantInnen wieder ein höheres Gehalt beziehen. Gibt es diesbezüglich von Ihrer Seite bereits konkrete Pläne?

6.      Das Bundesministerium für Finanzen bietet seit 2011 für Absolventen von Studien, die die Grundlage für die Gerichtspraxis bilden, Praktikumsplätze, die um rund 200 Euro besser dotiert sind, als die Gerichtspraxis. Finden Sie diesen Gehaltsunterschied sachlich gerechtfertigt?

7.      Können Sie sich vorstellen, dass perspektivisch und schrittweise die Gerichtspraxis wieder auf neun Monate ausgedehnt wird?