13976/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.02.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend rot-schwarzer Postenschacher in staatsnahen Unternehmen

BEGRÜNDUNG

 

Die Regierung will offenbar noch vor der Nationalratswahl wichtige Posten in staatsnahen Unternehmen mit Personen ihres Vertrauens besetzen. Dazu sollen jetzt sogar neue, hochbezahlte Posten geschaffen werden.

Nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ (25.1.2013) soll in der Netzgesellschaft APG ein dritter, hochdotierter Vorstandsposten auf Dauer geschaffen und mit Wolfgang Schüssels Ex-Kabinetts-Chefin Ulrike Baumgartner-Gabitzer besetzt werden.

Die APG ist zu 100% im Eigentum der Verbundgesellschaft, die wiederum mehrheitlich im Eigentum der Republik ist. Eigentümervertreter ist Wirtschaftsminister Mitterlehner, der im Aufsichtsrat des Verbundes durch seinen Kabinetts-Chef direkt vertreten ist. Laut Bericht von „Die Presse“ soll die ehemalige ÖVP-Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, derzeit noch eine von vier Verbund-Vorständen, ihren Sessel beim Verbund räumen, um dort einem neuen Vorstand Platz zu machen und selbst mit Bezügen in der Höhe ihres derzeitigen Verbund-Gehalts von knapp unter einer Million Euro in die APG wechseln, was dem firmeninternen Gehaltsschema der APG nicht entspricht, da der derzeitige Expertenvorstand um einiges geringer dotiert ist. Der zusätzliche APG-Vorstandsposten würde über die nächsten fünf Jahre gerechnet also mehrere Millionen Euro kosten, letztlich würde dadurch die finanzielle Belastung der österreichischen  StromkonsumentInnen steigen, da die APG über die Stromtarife finanziert wird.

Baumgartner-Gabitzer hat gemäß „Die Presse“ bereits am 18. Jänner 2013 ihr Aufsichtsratsmandat bei der APG zurückgelegt, – um keine schiefe Optik aufkommen zu lassen. Sie habe allerdings drei Tage davor in ebendiesem Aufsichtsrat mitgestimmt, dass der APG-Posten neu ausgeschrieben werde, der Ende Februar vergeben werden soll, so „Die Presse“. Da ein Vorstand nicht nahtlos in die APG wechseln darf, soll Baumgartner-Gabitzer zwischenzeitlich auch noch mit einem hoch dotierten Beratervertrag bei der APG versorgt werden.

Dass dies alles noch vor der Nationalratswahl über die Bühne geht, dürfte System haben. Bereits am 11.1.2013 hat „Die Presse“ eine Liste von Top-Jobs in staatsnahen Unternehmen veröffentlicht, für deren Neu-Besetzung SPÖ und ÖVP noch rechtzeitig vor der Nationalratswahl sorgen wollen. Die “Geheimliste“ soll im Kabinett von BM Fekter erstellt und dem SPÖ-Regierungskoordinator Josef Ostermayer übermittelt worden sein.  Für Chefposten bei der Statistik Austria, der Flugsicherung Austro Control, der Wasserstraßensicherungsgesellschaft Via Donau, bei der Hypo-Alpe-Adria, der Telekom Austria, der OMV und in anderen staatsnahen Unternehmen wollen SPÖ und ÖVP offenbar noch vor der Wahl Leute ihres Vertrauens in Stellung bringen, um sich Macht und Einfluss unabhängig vom Ausgang der Nationalratswahl zu sichern. So schreibt „Die Presse“ am 11.1.2013 unter anderem:

„Der Verdacht, dass viele Vorstandsverträge bewusst so konzipiert wurden, um rechtzeitig vor den Wahlen Weichen stellen zu können, ist nicht von der Hand zu weisen.

(…)

Nicht auf der Liste stehen die Jobs, die im mehrheitlich staatlichen Stromkonzern Verbund zu vergeben sind. War auch nicht notwendig. Weil dort bereits Vorsorge getroffen wurde.

Und zwar schon im März 2011. Damals war in einer Aufsichtsratssitzung Günther Rabensteiner zum vierten Mitglied des Vorstandes ernannt worden - womit alles wieder im großkoalitionären Lot war: Die Vorstände Wolfgang Anzengruber und Ulrike Baumgartner-Gabitzer werden der ÖVP zugerechnet. Rabensteiner und Vorstand Hannes Sereinig der SPÖ.

So weit, so gewöhnlich. Dennoch gelang der Politik in dieser Angelegenheit ein echtes Bravourstück: Neben der Bestellung Rabensteiners stand nämlich in jenem März 2011 auch die Vertragsverlängerung von Ulrike Baumgartner-Gabitzer an. Und da kam es zum Kunstgriff: Die Verträge von Baumgartner-Gabitzer und Rabensteiner erhielten eine ungewöhnlich kurze Laufzeit. Sie laufen beide schon Ende 2013 aus.“

 

Bereits jetzt sind 719 von 1242 Managern in staatsnahen Konzernen der SPÖ, der ÖVP oder der FPÖ zuzuordnen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Forschungsarbeit der Universität Wien, über die die Tageszeitung „Die Presse“ am 28. Jänner 2013 berichtete.


Gerhard Hofer schreibt in „Die Presse“ am 27.1.2013 in einem Kommentar:

„Solange Schuldirektoren politisch bestellt werden und ihre Hauptaufgabe auch im 21. Jahrhundert darin zu bestehen scheint, Lehrer mit der richtigen Parteifarbe einzustellen, ist eine Bildungsdiskussion müßig. Solange das Parteibuch in Spitälern, Krankenanstalten und dergleichen die Karriere maßgeblich bestimmt, kann eine Gesundheitsreform nicht funktionieren. Denn in letzter Konsequenz geht es bei politischen Postenbesetzungen immer um den Machterhalt.“

Anders gesagt: In Zeiten wo es angesichts von Korruptions- und Spekulationsskandalen am laufenden Band darum gehen sollte, das verlorene Vertrauen in die Politik wieder zurückzugewinnen, planen SPÖ und ÖVP offenbar, sich gegenseitig hochdotierte Posten in staatsnahen Unternehmen zuzuschanzen. Dies würde nicht nur dem Image der Politik weiteren schweren Schaden zufügen, sondern wäre  auch ein verantwortungsloser Umgang mit Steuergeld.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.            Ist es richtig, dass in der Netzgesellschaft APG ein dritter Vorstandsposten geschaffen werden soll und dieser bereits ausgeschrieben wurde? Falls ja: welche inhaltliche oder organisatorische Notwendigkeit besteht für diesen Posten?

2.            Ist es richtig, dass der Vorstand der APG von – wie in den letzten Jahren üblich – zwei Personen auf künftig drei Personen aufgestockt, also aus der „zeitlich begrenzten Erweiterung des Vorstandsteams“ (APG) eine Dauerlösung werden soll?

3.            Falls ja, entspricht es den Tatsachen, dass der ausgeschrieben dritte Vorstands-Posten in der APG zu gleichen Gehalts-Konditionen wie die Vorstandsposten beim Verbund geschaffen werden soll und damit eine deutlich höhere Gage bezahlt werden soll, als bei der APG bisher üblich?

4.            Welche Kosten werden durch den dritten Vorstandsposten bei der APG über eine anzunehmende Vertragslaufzeit von fünf Jahren entstehen?

5.            Ist es richtig, dass der Kabinetts-Chef von BM Mitterlehner Mitglied des Aufsichtsrates der Verbund-Holding ist und hat dieser dem in der Begründung beschriebenem Vorgang in Sachen Ausschreibung eines dritten Vorstandsposten in der APG im Rahmen seiner Verbund-Aufsichtsratsfunktion zugestimmt?


6.            Teilen Sie die Meinung, dass mit dem geplanten (unfreiwilligen) Abgang von Frau Baumgartner-Gabitzer der einzig weibliche Vorstand der Verbund-Holding die Regierungsinitiative „Mehr Frauen in Managerpositionen von öffentlichen Unternehmen“ konterkariert würde?

7.            Durch die dritte Strommarktliberalisierungsrichtlinie der EU wurde im Bereich der E-Wirtschaft Produktion, Netz und Betrieb organisatorisch getrennt („Unbundling“). Mit erstem März 2012 wurde diese Richtlinie in Österreich vom Verbund umgesetzt und die APG ist somit ein vom Verbund unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber gemäß EU-Norm. Damit verbunden sind spezifische Regelungen, was insbesondere den Transfer von Führungskräften zwischen Holding (Verbund) und Tochter (APG) betrifft. Gemäß dieser EU-Richtlinie dürfen sich Führungskräfte erst nach einer „Cooling Off-Phase“ von sechs Monaten für Posten einer anderen Gesellschaft bewerben.
Ist es richtig, dass die Postenvergabe  des dritten APG-Vorstands noch zu Zeiten des aufrechten Dienstverhältnisses von Frau Baumgartner-Gabitzer Ende Februar 2013 erfolgen soll?

8.            Stimmt es, dass Frau Baumgartner gemäß Geschäftsverteilung der Verbund-Holding direkt für die APG verantwortlich ist und sie somit selbst Gestaltungsmöglichkeiten in allen APG-Angelegenheiten hat?

9.            Entsprechen die in den Fragen 7 und 8 dargestellten Vorgangsweisen, Geschäftsverteilungen und Beschlussmöglichkeiten den Good Governance-Codes öffentlicher Unternehmen Österreichs?

10.         Ist es richtig, dass Frau Baumgartner-Gabitzer bereits am 18. Jänner ihr Aufsichtsratsmandat bei der APG zurückgelegt hat, jedoch drei Tage davor in eben diesem Aufsichtsrat mitgestimmt hat, dass der Posten neu ausgeschrieben wird?

11.         Ist es richtig, dass der neue APG-Posten am 28. Februar offiziell vergeben wird, für den Dienstantritt allerdings erst der 1. Jänner 2014 vorgesehen ist?

12.         Ein Verbund-Vorstand darf nicht nahtlos in die APG wechseln. Es besteht eine sechsmonatige gesetzliche Wartefrist.
Ist es richtig, dass Ulrike Baumgartner-Gabitzer für die Dauer des halben Jahres einen Konsulentenvertrag bei der APG erhalten soll? Falls ja, wie hoch soll der Vertrag dotiert sein?

13.         Können Sie ausschließen, dass sich Frau Baumgartner-Gabitzer für den neuen APG-Vorstands-Job bewerben wird und den Posten auch bekommen wird?

14.         Ist es richtig, dass es sich – wenn ohnehin bereits ausgemacht ist, wer den dritten Vorstandsposten bei der APG bekommt und dieser trotzdem ausgeschrieben wird – um eine Scheinausschreibung handelt?


15.         Entspricht es den Tatsachen, dass Frau Baumgartner-Gabitzer bis zum Mai 2009 sowohl Obmann-Stellvertreterin der ÖVP Wien als auch Mitglied des Verbund-Vorstandes war? Falls ja, halten Sie das für vereinbar?

16.         Können Sie bestätigen, dass eine Liste mit all jenen Vorstandsverträgen in staatsnahen Unternehmen, die rechtzeitig genug auslaufen, um vor den Nationalratswahlen entsprechend disponieren zu können, angefertigt wurde und von Ihrem Ressort an Staatsekretär Ostermayer übergeben wurde? (Falls ja, bitte um Beilage der Liste in der Anfragebeantwortung)

17.         Wann laufen die aktuellen Verträge der geschäftsführenden Leitungsorgane in öffentlichen Unternehmen (Aufsichtsräten, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführern)  in Österreich aus, wann traten diese Verträge jeweils in Kraft und wie hoch sind diese Verträge jeweils vergütet? (Bitte um genaue, detaillierte Auflistung auf Basis der vom Rechnungshof erstellten Liste der Rechtsträger des Bundes).

18.         Welche weiteren Posten-Deals zwischen SPÖ und ÖVP sind geplant?

19.         Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Bundesregierung gut beraten wäre, Führungsjobs in staatsnahen Unternehmen nach Maßgabe von Kompetenz und verantwortungsvollem Umgang mit Steuergeld  zu schaffen bzw. zu besetzen, statt sich durch Vorgänge - wie die derzeit rund um die Verbund-Holding beschriebenen - dem Vorwurf auszusetzen, parteipolitischen Postenschacher zu betreiben?