13979/J XXIV. GP

Eingelangt am 13.02.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend EU-Qualitätsrahmen für bessere und fairere Praktika

BEGRÜNDUNG

 

Aufgrund europaweiter Probleme im Rahmen der Beschäftigung junger Menschen, steigender Proteste und Initiativen für faire Arbeitsverhältnisse und Praktika (wie durch z.B. „génération precaire“ in Frankreich, „Generation Praktikum“  in Österreich und den Grünen Parteien auf nationaler wie auch auf EU-Ebene) reagierte die EU-Kommission 2010 im Rahmen der EU 2020- Strategie mit der Initiative „Jugend in Bewegung“, die unter anderem auch Vorschläge und Maßnahmen zur Sicherung qualitativ hochwertige Praktika innerhalb der EU ankündigte.

Die Kommission äußerte wachsende Bedenken zu Qualität und Fairness von Praktika und stellte die offene Frage, ob Praktika derzeit ein effizientes Instrument zur Gestaltung des Übergangs von Ausbildung zu Beschäftigung darstellen. Zunächst gab sie eine umfangreiche Studie zur unterschiedlichen Rechtslage und Problemen bezüglich Praktika in den Mitgliedsstaaten in Auftrag („Study on a comprehensive overview on traineeship arrangements in Member States“, 2012). Eine zentrale Schlussfolgerung dieser Studie war, die Notwendigkeit eines EU-weiten einheitlichen Qualitätsrahmens für Praktika. Dazu legte die Kommission folgend in einer Mitteilung „Qualitätsrahmen für Praktika“  (SWD (2012) 408 final) im Dezember 2012 ihre Vorschläge vor. Die Kommission favorisiert dabei klar eine EU-weite rechtsverbindliche Lösung. Als weniger effektivere Lösung werden ein auf Freiwilligkeit basierendes Qualitätssiegel bzw. Empfehlungen und Leitlinien genannt. Derzeit finden zu diesen Vorschlägen Sozialpartnerverhandlungen statt, in denen die ArbeitnehmerInnenverbände (EGB bzw. ÖGB) klar eine rechtsverbindliche Lösung favorisieren, während die ArbeitgeberInnenverbände sich dagegen aussprechen. Falls diesbezüglich keine Sozialpartnereinigung zustande kommt, wird die Kommission dem Rat einen eigenen Legislativvorschlag vorlegen.


Im Rahmen der Länderbewertungen der oben genannten EU-Studie von 2012 wird die österreichische Rechtspraxis kritisiert, konkret die derzeitig bestehende Diskrepanz zwischen der rechtlichen Definition der Praktika als Ausbildungsverhältnis und der tatsächlichen Beschäftigung vieler PraktikantInnen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen. In der Praxis führt diese Diskrepanz zu massiver Rechtsunsicherheit, zum missbräuchlichen Einsatz von PraktikantInnen durch die ArbeitgeberInnen, aber auch zu einer erheblichen Anzahl unbezahlter Praktika, wenn sie nicht im Rahmen von Arbeitsverhältnissen stattfinden. So sind etwa 64% der Hochschulpflichtpraktika und 32 % der freiwilligen Praktika in Österreich nicht bezahlt. Für Österreich empfiehlt die aktuelle EU-Studie eine rechtliche Klarstellung und klare Definition von Praktika, die diese von Arbeitsverhältnissen klar abgrenzt. Dabei muss sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Schlechterstellung bisher gut bezahlter Praktika kommt.

Eine genaue Stellungnahme und Positionierung Ihrerseits zu den Ergebnissen und Empfehlungen der EU-Kommission im Bereich „Verbesserung der Qualität von Praktika“ ist bisher ausständig.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In der 2012 durchgeführten Studie („Study on a comprehensive overview on traineeship arrangements in Member States“, S.15/16) zieht die EU-Kommission folgende Schlüsse und Empfehlungen:

 

·        Die effektivsten Praktika sind jene, die während der Bildungsphase durchgeführt werden. Praktika sollen, wenn möglich, nur während der Ausbildungsphase stattfinden und nicht nach dem Abschluss.

·        Auf nationaler Ebene soll das Angebot von Praktikumsplätzen insbesondere im Bereich der KMU erhöht werden.

·        Es besteht Bedarf nach einer gewissen finanziellen Unterstützung von PraktikantInnen, insbesondere für diejenigen aus sozial benachteiligten Schichten.

·        Es besteht Bedarf an einem Qualitätsrahmen für Praktika, der klare und praktische Leitlinien für qualitativ hochwertige Praktika bietet.

·        Es sollen Schritte unternommen werden, um offene und transparente Einstellungsverfahren für Praktika zu fördern.

·        Es besteht ein Bedarf an mehr aussagekräftigem Datenmaterial über Praktika sowie Evaluationen aller Praktikumstypen sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene, um die Qualität, Bedeutung und Effektivität von Praktika besser beurteilen zu können.


Wie ist Ihre Position zu jedem einzelnen dieser Punkte? Wie könnten die Vorschläge in Österreich am besten umgesetzt werden? Welche konkreten Initiativen sind dazu 2013 noch in Planung? Was spricht dafür bzw. dagegen? Welche Schlussfolgerungen der EU-Kommission erscheinen Ihnen besonders wichtig und für welche würden Sie sich in den Ratsarbeitsgruppen auf EU-Ebene stark machen?

 

2)    Die EU-Kommission schlägt in ihrer Mitteilung „Qualitätsrahmen für Praktika“ (SWD (2012) 408 final), sowohl rechtsverbindliche und freiwillige Lösungen vor. Dabei empfiehlt sie aber klar die rechtsverbindliche Lösung als die effektivere Variante. Wie ist Ihre genaue Position zum vorgeschlagenen EU-weiten verbindlichen „Qualitätsrahmen für Praktika“ mit klaren Angaben zu Zielen, Inhalt und Betreuung, Dauer, Entschädigung und Sozialversicherung, der dann national umgesetzt werden muss? Wie und mit welchen Initiativen könnte eine diesbezügliche EU-verbindliche Regelung in Österreich umgesetzt werden?

 

3)    Bezüglich der Verbesserung  der Qualität von Praktika zeichnet sich bereits jetzt auf Sozialpartnerebene ein Konflikt zwischen der Favorisierung einer rechtsverbindlichen bzw. einer freiwilligen Lösung ab. Welche Position werden Sie bezüglich dieser Streitfrage (in den Ratsarbeitsgruppen) einnehmen? Wie werden Sie sich positionieren?

 

4)    In der EU-weiten Studie („Study on a comprehensive overview on traineeship arrangements in Member States“, 2012) kommt die Kommission zum Schluss, dass gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen nicht genug sind zur Gewährleistung einer hohen Praktikumsqualität. Vielmehr spielen „die Implementierung der Vorschriften sowie die effektive Überwachung des gesamten Prozesses“ bei der Gewährleistung von qualitativ hochwertigen Praktika eine Rolle. Wie sehen Sie das? Welcher Handlungsbedarf entsteht diesbezüglich für Österreich? Haben Sie dazu konkrete Initiativen für 2013 in Planung?

 

5)    Im Rahmen der Länderbewertungen der EU-Studie „Study on a comprehensive overview on traineeship arrangements in Member States“, S. 153) wird die in Österreich bestehende Diskrepanz zwischen der rechtlichen Definition der Praktika als Ausbildungsverhältnis und der tatsächlichen Beschäftigung vieler PraktikantInnen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen oder außerhalb davon (und dann unbezahlt) kritisiert. Wie stehen Sie dazu? Wie, durch welche Maßnahmen und auf welcher Ebene könnte in Österreich die Qualität der Praktika verbessert werden und die Anzahl der unbezahlten Praktika sowie jener ohne Ausbildungscharakter gesenkt werden? Haben Sie dazu konkrete Initiativen für 2013 in Planung?