13982/J XXIV. GP
Eingelangt am 13.02.2013
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Anfrage
der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Zivildienst und Arbeitsmarktneutralität
Die Verpflichtung männlicher Staatsbürger, eine
bestimmte Zeit Wehrdienst bzw. Wehrersatzdienst zu leisten, ist in
Österreich nach dem Ausgang der Volksbefragung am 20. Jänner 2013 von
einer Mehrheit der teilnehmenden Wahlberechtigten bestätigt worden. Auch wenn das Ergebnis der Volksbefragung respektiert und umgesetzt
gehört, so darf auch nicht vergessen werden welche Kritikpunkte es am
System Wehrpflicht gibt.
Der Zivildienst ist der Wehrersatzdienst, der junge
taugliche Männer verpflichtet einen 9-monatigen Dienst abzuleisten. Die
Regelung dafür ist sehr restriktiv. Auch wenn die Auswahl der
Trägerorganisation für die zukünftigen Zivildiener sehr flexibel
gehandhabt wird und dies große Zustimmung erfährt, zeichnen dennoch
Sanktionsdrohungen und Strafandrohungen für die Zivildiener diesen
Zwangsdienst aus.
Das Recht auf Privatsphäre, gerade wenn es um die persönliche
Gesundheit geht, gilt für Zivildiener im Krankenstand nicht. Sie
müssen den Vorgesetzten die Art der Erkrankung nennen. Vollkommen fehlt
auch die Basis von gewerkschaftlichen und arbeitsrechtlichen
Dienstverhältnissen, so wie die 38-Stundenwoche oder korrekte
Urlaubsregelungen wie im Gesundheits- und Sozialsystem üblich. Die
Situation dieser ohnehin außergewöhnlich nachteiligen Arbeitsbedingungen
wird durch die sonst dem Arbeitsrecht völlig fremde Pönalisierung von
Dienstpflichtverletzungen durch gerichtliche und Verwaltungsstrafen im
Zivildienstgesetz noch weiter verschärft. Das
Zivildienstgesetz ist neben den gerichtlichen Straftaten nach den §§
58 und 59 ZDG gekennzeichnet von einer Fülle von
Verwaltungsübertretungen nach den §§60 ff Zivildienstgesetz.
§ 8 ZDG macht deutlich was der
ordentliche Zivildienst sein darf und kann. § 8 ZDG Abs. 6 macht klar,
dass bei den Zuweisungen darauf Bedacht zu nehmen ist weder bestehende
Arbeitsplätze zu gefährden noch Arbeitsuchenden das Finden geeigneter
Arbeitsplätze zu erschweren.
In der öffentlichen Debatte rund um die Volksbefragung betreffend der
Abschaffung oder Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht wurden Stimmen laut,
vor allem von Seiten der Blaulichtorganisationen und von Seiten der zuständigen
Innenministerin selbst, dass der Zivildienst der einzige Garant für die
Aufrechterhaltung des Status Quo im Rettungs- und Krankentransportwesens sei.
Die Austria Presse Agentur berichtet am 29. August 2012 mit dem Titel „Rettungsorganisationen
fordern Zivildienst-Ersatz“ über die Angst vor „Leistungseinschränkungen“
von Seiten der Blaulichtorganisationen. Dazu ist zu lesen: „Rotes Kreuz-Generalsekretär
Werner Kerschbaum mahnte Mittwochvormittag: "Bevor man so ein
erfolgreiches Modell kübelt, sollte man genau wissen, was kommt
danach." Der Bundesgeschäftsführer des Arbeitersamariterbunds
Reinhard Hundsmüller warnte vor Leistungseinschränkungen, sollten die
Zivildiener nicht adäquat ersetzt werden“ Und dazu weiter: „In
Wien sei man mit 120 Rettungsfahrzeugen unterwegs, die 1.000 Patienten
transportierten. In jedem Fahrzeug sei ein Hauptamtlicher und ein Zivildiener.
Weniger Zivildiener bedeute automatisch, dass die Transportmöglichkeiten
sinken würden….“
Rund 4.500 Zivildiener im Jahr leisten ihren Dienst bei Rettungsorganisationen.
„Letztlich ist es für Kerschbaum aber eine politische Frage, wie man
den Zivildienst-Ersatz gestalte. Man könne durchaus auch mehr
hauptberufliche Mitarbeiter in den Rettungsorganisationen einsetzen, nur koste
das eben. Müssten die Zivildiener durch Hauptamtliche ersetzt werden, würde
das alleine beim Roten Kreuz Kosten von 140 Millionen Euro im Jahr 2013 bedeuten,
gab Kerschbaum zu bedenken“, so in diesem APA-Bericht vom August 2012.
Von Seiten des Bundesministeriums für Inneres wird festgehalten, dass es
sich bei der Beschäftigung von Zivildienstleistenden ausschließlich
um Hilfsdienste handelt. Dieser Umstand sei bereits bei der Anerkennung einer
Einrichtung als Träger zu berücksichtigen. Die Einhaltung der sich
aus dem Zivildienstgesetz ergebenden Pflichten sind Gegenstand der
behördlichen Überwachung gemäß § 55 ZDG[1].
§ 55 Abs. 1 sieht die Bundesministerin für
Inneres als Zuständige vor, die für ein einheitliches Vorgehen der
Überwachungsbehörden, der Landeshauptleute und
Bezirksverwaltungsbehörden, Sorge zu tragen hat. Weiters sagt §55 ZDG
in Abs.5, dass eben diese Überwachungsbehörden
festgestellte Verstöße unverzüglich der
Zivildienstserviceagentur zu berichten haben.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Wie, in welcher Weise und mit welchen Instrumenten gewährleistet die zuständige Innenministerin einheitliches Vorgehen aller Überwachungsbehörden nach § 55 ZDG? Wenn die Frage nicht beantwortet werden kann, ist die Innenministerin säumig ihre Pflichten zu erfüllen?
2) Wie erklären Sie den Umstand, dass die Rettungsorganisationen bei Abschaffung der Wehrpflicht von einem notwendigen Systemwechsel von Zivildienern auf Hauptamtliche von einer Mehrbelastung alleine für die Organisation „Rotes Kreuz“ in der Höhe von 140 Millionen Euro pro Jahr ausgehen, obwohl sich die Arbeit der Zivildiener laut aktueller Anfragebeantwortung und Gesetz um Hilfsdienste handelt?
3) Wie werden „Hilfsdienste“ der anerkannten Trägerorganisationen im Rettungs- und Krankentransportwesen[2] definiert, sodass die Anerkennung der Einrichtung als Träger des Zivildienstes durch die Landeshauptleute überhaupt passieren konnte, aufgelistet nach Organisation und Bundesland.
4) Wie werden „Hilfsdienste“ der anerkannten Trägerorganisationen in der Sozial- und Behindertenhilfe[3] definiert, sodass die Anerkennung der Einrichtung als Träger des Zivildienstes durch die Landeshauptleute überhaupt passieren konnte, aufgelistet nach Organisation und Bundesland.
5) Wie werden „Hilfsdienste“ der anerkannten Trägerorganisationen in der Katastrophenhilfe[4] definiert, sodass die Anerkennung der Einrichtung als Träger des Zivildienstes durch die Landeshauptleute überhaupt passieren konnte, aufgelistet nach Organisation und Bundesland.
6) Wie, in welcher Weise und mit welchen Instrumenten gewährleistet die zuständige Innenministerin einheitliches Vorgehen bei der Überprüfung der tatsächlichen Arbeitsleistung und des tatsächlichen Arbeitsspektrums der Zivildiener im Hinblick auf die von den Landeshauptleuten anerkannten Definitionen von „Hilfsdienst“? Wenn die Frage nicht beantwortet werden kann, ist die Innenministerin säumig ihre Pflichten zu erfüllen?
7) §55 ZDG Abs.5 besagt, dass die Überwachungsbehörden alle festgestellten Verstöße unverzüglich der Zivildienstserviceagentur zu berichten haben. Wie viele Verstöße welcher Art, insbesondere Verstöße gegen die Arbeitsmarktneutralität § 8 (6) ZDG[5], wurden in den Jahren 2010, 2011 und 2012 der Zivildienstserviceagentur mitgeteilt, aufgelistet nach Verstoß, Bundesland und Jahr.
8) Wenn es in den Jahren 2010, 2011 und 2012 zu Nennungen von Verstößen gekommen ist, welche Konsequenzen, insbesondere bei Verstöße gegen die Arbeitsmarktneutralität § 8 (6) ZDG, wurden in welchen Fällen gezogen, aufgelistet nach Verstoß, Konsequenz, Bundesland und Jahr.
[1] siehe Anfragebeantwortung betreffend „des Zivildienstes“ zu XXIV.GP.-NR 12591/AB vom 14.Dez.2012 zu 12798/J
[2] §8 ZDG sieht vor, dass die Zivildienstserviceagentur ermächtigt ist, soweit Erfordernisse im Bereich des Rettungswesens, der Sozial- und Behindertenhilfe und der Katastrophenhilfe dies notwendig machen, an Einrichtungen aus diesen Bereichen bevorzugt zuzuweisen.
[3] Vgl. Fußnote 2
[4] Vgl. Fußnote 2
[5] Abs. 6: Bei der Zuweisung ist darauf Bedacht zu nehmen, dass dadurch weder bestehende Arbeitsplätze gefährdet werden noch Arbeitsuchenden das Finden geeigneter Arbeitsplätze erschwert wird.