14027/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.02.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Sonja Ablinger, Genossinnen und Genossen an die Bundesministerin für Inneres

betreffend des Vorwurfs der Befangenheit von Beamten des Verfassungsschutzes und der Polizei aufgrund eines persönlichen wie politischen Naheverhältnisses zu rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Gruppierungen und Personen

In der Ausgabe 5/2013 des Wochenmagazins profil erhebt Chefredakteur Herbert Lackner schwere Vorwürfe gegen zwei Beamte des oberösterreichischen Verfassungsschutzes. Die Vorwürfe beziehen sich auf die kürzlich erfolgte Aushebung eines Netzwerks von Neonazis aus den Bezirken Vöcklabruck und Ried im Innkreis. Im Zuge mehrerer Hausdurchsuchungen konnten Exekutivbeamte verbotene Suchtmittel, „(...) Sturmgewehre und Maschinenpistolen, Schlagringe, Wurfmesser, abgesägte Flinten und zehn Kilo Sprengstoff" sicherstellen. Es erfolgten 24 Festnahmen, mehrere Verdächtige befinden sich nach wie vor in U-Haft. Den Festgenommenen werden „Raub, Diebstahl, Nötigung, Körperverletzung, Drogenhandel" vorgeworfen und es besteht zudem der Verdacht, dass diese „im Auftrag von Rotlicht-Größen" konkurrierende Bordelle „abgefackelt [und] (...) einen Besitzer eines Kleinbordells entführt und mit einer Flex gefoltert haben".

Es handelt sich bei den jetzt wegen dieser schwerwiegenden Verbrechen Festgenommenen um Personen aus dem Dunstkreis des im Februar 2011 verbotenen Vereins „Objekt 21", der sich nach dem gleichnamigen Vereinslokal in der Gemeinde Desselbrunn benannt hatte. Medien hatten bereits im Juni 2010, also acht Monate bevor die Behörden den Verein formell auflösten, über zweifelhafte Vorgänge im und rund um das Vereinslokal berichtet. Darunter fielen „germanische Runen an der Bar im Partyzentrum, der Grillplatz in Form eines NS-Symbols, die Reichskriegsflagge beim Eingang, [sowie] die mit einschlägigen Tattoos ,geschmückten' Skinheads". Das oberösterreichische Landesamt für Verfassungsschutz (LV OÖ) fühlte sich trotzdem erst im August desselben Jahres veranlasst, eine Hausdurchsuchung durchzuführen, brachte aber erst im Mai 2011 nach einer weiteren Hausdurchsuchung Anzeige gegen sechs Personen bei der Staatsanwaltschaft Wels ein. Dies geschah, nachdem der Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger im März 2011 Anzeige gegen einen Albert E. eingebracht hatte, der von Desselbrunn aus einen Versandhandel mit NS-Utensilien betrieben hatte. Das LV OÖ führte nach der erwähnten Anzeige gegen sechs Personen, die von der Staatsanwaltschaft Wels bis heute nicht erledigt wurde, keine weiteren eigenständigen Ermittlungen durch. So gab etwa LV OÖ-Leiter Michael Tischlinger im August 2012 gegenüber dem ORF an, dass derzeit keine rechtsextreme Gruppierung im Bundesland unter Beobachtung stünde.


Schwere Vorwürfe erhebt in diesem Zusammenhang der Kriminalbeamte und Datenforensiker Uwe Sailer, der sich auch mit den Internet-Aktivitäten von Personen im Dunstkreis des „Objekt 21" befasst hat. Dem LV OÖ attestiert er massive Personalknappheit, nachdem der für Rechtsextremismus zuständige Stab zuvor von fünf auf drei Beamten reduziert wurde. Die nur zögerlich bzw. überhaupt nicht erfolgenden Ermittlungen des LV OÖ führt er im ORF-Magazin Report aber auch auf die mangelnde Bereitschaft der zuständigen Beamten zurück, die konkrete Hinweise häufig als „aus dem linksextremen Feld" kommend zurückweisen. Gleichzeitig trifft es für Sailer und profil auch zu, dass zumindest zwei der drei zuständigen Beamten im LV OÖ ein Naheverhältnis zu Gruppierungen haben, die im rechten politischen Spektrum bestens vernetzt sind. Der Vorwurf der Befangenheit steht also im Raum.

 

Erich Ruzowitzky, der das Haus „Objekt 21" an das gleichnamige Neonazi-Netzwerk vermietet hatte, ohne zuerst den rechtsextremen Hintergrund zu kennen, sagt in einem Interview mit der Tageszeitung Kurier (9. Februar 2013): „„Meine Familie war in großer Sorge um mich und hat mich gebeten, dass ich lieber keinen offenen Konflikt heraufbeschwören sollte. Von der Exekutive habe ich mich in der Sache ziemlich allein gelassen gefühlt. ... Es gab mehrere Razzien im Haus, bei denen die Polizei nicht viel gefunden hat. Die Mieter haben mir dann auch zu verstehen gegeben, dass sie mit der Exekutive unter einer Decke stecken und dort Freunde haben. Sie haben behauptet, dass sie Tage vorher immer schon gewusst haben, wenn eine Hausdurchsuchung stattfindet. Das hat mein Vertrauen in die Polizei immens erschüttert."

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres folgende

 

Anfrage:

1)      Warum hat das LV OÖ erst Monate nach den ersten Medienberichten zu ermitteln begonnen? Mit welcher Begründung sah sich das LV OÖ nach seiner Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu keinen weiteren Ermittlungen veranlasst?

2)       Welche Maßnahmen setzt das BMI, um zu verhindern, dass in solchen Fällen Beamte eingesetzt werden, die mit rechtsextremen Inhalten, Personen und/oder Gruppierungen sympathisieren?

3)       Wie erklärt sich die Bundesministerin für Inneres, dass Zuständige auf Bezirks- und Landesebene einander widersprechende Angaben gegenüber den Medien machen?

4)       Wird das BMI den massiven Vorwürfen gegen Beamte des Verfassungsschutzes und der Polizei in Oberösterreich nachgehen? Wenn ja, wie wird es den Vorwürfen nachgehen und bis wann werden Ergebnisse der Überprüfung vorliegen?

5)       Welche Maßnahmen setzt das BMI, um rechtsextreme Gewaltdelikte zu bekämpfen bzw. überhaupt zu verhindern?