14045/J XXIV. GP
Eingelangt am 19.02.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
betreffend Postenschacher bei Verbund-Vorstandsbesetzung
Bei der Austrian Power Grid (APG), dem größten Stromnetzbetreiber des Landes und einer 100-Prozent Tochter des Stromkonzerns Verbund kommt es heuer zu Veränderungen im Vorstandsbereich. Aus dem Verbund-Vorstand soll Frau Ulrike Baumgartner-Gabitzer in den Vorstand der Austrian Power Grid wechseln.
Der langjährige Vorstand des Unternehmens, Heinz Kaupa, ist Ende 2012 in Pension gegangen. Da sein Vertrag im September 2011 zur Verlängerung angestanden ist, kam es zu einer Interimslösung. Kaupas Vertrag wurde um ein Jahr verlängert. Im Zuge dieser Verlängerung wurde auch gleich ein drittes Vorstandsmitglied bestellt. Mit dem Wissen, dass sich der Vorstand rund ein Jahr später, mit Kaupas Pensionierung, wieder auf zwei Personen reduzieren würde. Laut dem Unternehmen handelt es sich um eine nicht unübliche zeitlich begrenzte Erweiterung des Vorstandsteams.
Mittlerweile hat die APG den Posten von Heinz Kaupa ausgeschrieben. Die Tätigkeit umfasst jetzt die Führung des Gesamtunternehmens gemeinsam mit den beiden anderen Vorstandsmitgliedern. Begründet wird die – sehr teure – Erweiterung mit den gewachsenen Aufgaben des Vorstandes.
Laut der Tageszeitung „Die Presse“ vom 25.01.2013 ist auch eine andere Sicht der Dinge zulässig:
„Man könnte es freilich auch so sehen: Die APG gehört zu 100 Prozent dem Stromkonzern Verbund, an dem wiederum die Republik Österreich 51 Prozent hält. Und in so einem Staatskonzern herrschen natürlich ganz eigene Gesetzmäßigkeiten.
Wie's der Zufall so will, stehen auch im Verbundkonzern die Verträge aller vier Vorstände zur Verlängerung an. Und dort ist es ein offenes Geheimnis: Die drei Vorstände Wolfgang Anzengruber, Günther Rabensteiner und Hannes Sereinig bleiben dem Konzern erhalten. Doch der Sessel von Ulrike Baumgartner-Gabitzer wackelt gewaltig.
Warum? Baumgartner-Gabitzer sei im Verbund-Vorstand immer schon eine Art „Fremdkörper“ gewesen, heißt es dort. Weniger, weil sie einst Kabinettschefin von Wolfgang Schüssel war – nein, solch Karrieren sind in der Strombranche beileibe nicht ungewöhnlich. Vielmehr war es so, dass Baumgartner-Gabitzer es offenbar schwer hatte, sich auch als Verbund-Vorstand von der Politik zu lösen: Sie war bis zum Mai 2009 Obmann-Stellvertreterin der ÖVP Wien. Den politischen Job hat sie also zweieinhalb Jahre lang parallel zu ihrem Verbund-Job ausgeübt.
Jetzt kommt es jedenfalls zum Unvermeidlichen: Im
Verbundkonzern wird dringend ein Finanzvorstand gesucht, und
Baumgartner-Gabitzer ist diejenige, die ihm wird Platz machen müssen. Sie
aber einfach fallen zu lassen, geht natürlich auch nicht. Erraten: Sie
soll, wie in ÖVP-Kreisen munter erzählt wird, neue APG-Chefin werden.
Baumgartner-Gabitzer selbst will die Rochade freilich nicht so definitiv sehen.
Eh schon wissen: Der Job ist ja erst ausgeschrieben worden, und andere sollen
sich ja auch bewerben können. „Die APG ist ein interessantes
Unternehmen“, sagt sie also, „ich habe mich aber noch nicht
entschieden, ob ich mich bewerben werde.“
In Wahrheit ist die Sache natürlich schon längst fix abgemacht: So fix, dass Baumgartner-Gabitzer bereits am 18. Jänner ihr Aufsichtsratsmandat bei der APG zurückgelegt hat – um keine schiefe Optik aufkommen zu lassen. Drei Tage davor hat sie allerdings in ebendiesem Aufsichtsrat mitgestimmt, dass der Posten neu ausgeschrieben wird.
Und am 28. Februar wird der Posten auch offiziell vergeben. Dienstantritt ist allerdings erst der 1. Jänner 2014.
Angesichts der immensen Notwendigkeit eines dreiköpfigen Vorstandes für die APG ist das schon eine ziemlich lange Durststrecke. Aber auch die hat ihren Sinn.
Der Plan ist nämlich der, dass Ulrike Baumgartner-Gabitzer per Jahresmitte ihren Vorstandsjob beim Verbund quittieren wird. Und dann gibt es noch eine per Gesetz vorgeschriebene Periode von einem halben Jahr, in der sie den neuen Job nicht antreten darf. Der Netzbetreiber APG ist nämlich strikt vom Produzenten Verbund zu trennen. Ein Verbund-Vorstand darf also nicht nahtlos in die APG wechseln.
Doch auch für diese kleine Unannehmlichkeit wurde bereits Vorsorge getroffen: Ulrike Baumgartner-Gabitzer wird für die Dauer des halben Jahres einen Konsulentenvertrag erhalten. Bestens bezahlt, selbstverständlich.
Das gilt auch für ihre weitere Zukunft: Bei der APG wird sie die gleiche Gage wie beim Verbund erhalten – rund 400.000 Euro im Jahr. Deutlich mehr als das übliche Gehalt eines APG-Vorstandes.
APG-Aufsichtsratspräsident Schaschl kann das selbstverständlich alles „nicht bestätigen“. Er legt Wert darauf, dass Verbund und APG voneinander „völlig unabhängige Unternehmen“ seien, „da gibt es eine glasklare Trennung“. Für den neuen Job werde ausschließlich die Qualifikation entscheiden. Und: „Ich bin der Garant dafür, dass für die Firma die beste Lösung gefunden wird.“
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigenden Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend folgende
Anfrage
1. Seit wann ist Ihnen der Umstand bekannt, dass die Anzahl der APG-Vorstände von zwei auf drei Personen vergrößert werden soll?
2. Welche rechtlichen Bedenken gibt es seitens Ihres Ministeriums gegen einen möglichen Wechsel von Frau Ulrike Baumgartner-Gabitzer als Verbundvorstand in den Vorstand der 100-Prozent Verbundtochter APG?
3. Wie sehen Sie als zuständiger Bundesminister die geplante Überbrückung der halbjährigen Sperrfrist - bei einem Wechsel in der Führungsetage eines Stromerzeugers hin zu einem Stromnetzbetreiber - mittels Konsulentenvertrag für Frau Baumgartner-Gabitzer?
4. Stellt dieser geplante Konsulentenvertrag laut Rechtsabteilung Ihres Ministeriums eine Umgehungshandlung dar?
5. Wenn ja, was werden sie dagegen unternehmen?
6. Wann wurden Sie durch Ihren Kabinettchef - der als Aufsichtsrat im Verbund agiert- über diese geplanten Veränderungen in den Führungsetagen im Verbund und der 100-Prozenttochter APG informiert?
7. Welche Möglichkeiten sehen Sie als verantwortlicher Bundesminister, das geplante Vorstandsgehalt für Frau Baumgartner-Gabitzer auf dem Niveau eines Verbundvorstandes auf das niedrigere Gehalt eines APG-Vorstandes zu reduzieren?
8. Über welche ausgewiesenen Qualifikationen für den Posten als APG-Vorstand verfügt Frau Baumgartner-Gabitzer (Funktion als Kabinettchefin des damaligen VK-Dr. Schüssel ausgenommen)?
9. Halten Sie die derzeit geltenden Bestimmungen des „Unbundling“, also die auch personelle Trennung von handelnden Personen in der Stromerzeugung und der Stromnetzbetreiber für ausreichend?
10. Sollte es weiterhin möglich sein, solche Bestimmungen durch Konsulentenverträge zu umgehen?
11. Wie viele Personen sollen im Jahr 2012 noch vom Verbund zur APG wechseln?