1413/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.03.2009
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Themessl

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

 

betreffend grenzüberschreitender Handwerksdienstleistungen

 

 

Die Schweiz ist ein wichtiger Handelspartner und Wirtschaftsraum für die Vorarlberger Unternehmen mit einem großen Marktpotenzial. Ohne grenzüberschreitende Aktivitäten wären viele Branchen in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt. Die Schweiz hat aber mit den so genannten „flankierenden Maßnahmen“ zum Freizügigkeitsabkommen mit der EU Hürden eingebaut, die für viele Unternehmen kaum oder nur mit hohem Zeit- und Energieaufwand überwindbar sind. Diese Hürden und Hemmnisse stellen für Vorarlberger Betriebe, die in der Schweiz tätig sind, ein Problem von großer wirtschaftlicher Tragweite dar. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Betriebe.Durch die administrativen Behinderungen ist es für Vorarlberger Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe schwer, den Schweizer Markt frei zu bedienen. Vorschriften wie die 8-Tage-Voranmeldefrist oder die 90-Tage-Regelung führen zu erheblichen einseitigen Wettbewerbsnachteilen für die Vorarlberger Unternehmen. Dazu kommen unangemessen hohe Geldbußen im Fall von Verstößen, die durch die Kompliziertheit, Unübersichtlichkeit und Uneinheitlichkeit der Schweizer Vorschriften sehr leicht auch unbeabsichtigt erfolgen können. Das Schweizerische „Entsendegesetz“ ermöglicht selbst bei geringfügigen Verstößen Verwaltungsbußen bis zu CHF 5.000,-- und bei schwereren Verstößen können Unternehmen bis zu fünf Jahre vom Schweizer Markt ausgeschlossen werden. Hinzu kommt die Möglichkeit, einem Unternehmen, das gegen die Bedingungen verstoßen hat, die Kontrollkosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. In letzter Zeit wurden die Kontrollen der überaus komplexen, wenig transparenten und kantonal unterschiedlich gehandhabten Vorschriften massiv ausgedehnt. Circa 150 Kontrolleure sorgen für eine akribische Exekution der (Straf-)Bestimmungen. Mancher bürokratische Hürdenlauf ist für unsere Unternehmen zeitaufwändiger als der eigentliche Arbeitseinsatz in der Schweiz – ganz abgesehen von den abschreckenden Bußgeldern, die – wie oben erwähnt – zum Teil schon bei sehr geringfügigen, unbeabsichtigten Richtlinienverstößen zu zahlen sind.


Inzwischen gehören

·     Baustellenkontrollen selbst bei kleinen Arbeiten wie dem Einbau einer Küchenplatte,

·     umfangreiche Nachweise zur Entlohnung von Mitarbeitern selbst für einen stundenweisen Einsatz jenseits der Grenze nach den jeweils gültigen Gesamtarbeitsverträgen (GAV),

·     weit überzogene Bußgelder für geringfügige Lohnunterschreitungen (84 Franken Abweichung – 700 Franken Buße) bis hin zum Einreiseverbot für Mitarbeiter oder gänzlichem Marktauschluss,

·     schwer zu ermittelnde „ortsübliche Löhne“,

·     zahlreiche bürokratische Hürdenläufe ohne die Möglichkeit eine zentrale Anlaufstelle kontaktieren zu können

zum Alltag für in der Schweiz tätige Vorarlberger Unternehmen.Mit der rigorosen Durchsetzung der so genannten „flankierenden Maßnahmen“ wird das Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz massiv unterlaufen. Freizügigkeit liegt im Interesse der Schweizer und der Vorarlberger Unternehmen. Insofern dient eine Beseitigung der bürokratischen Hürden der Verbesserung der beiderseitigen Beziehungen. Entsprechende Vorstöße auf allen Ebenen sind dringend notwendig, um die einseitigen Wettbewerbsnachteile für unsere Unternehmen möglichst rasch aus der Welt zu schaffen.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend nachstehende

 

ANFRAGE

 

1)       Wie beurteilen sie persönlich die Problematik der „8-Tage-Voranmeldefirst“ im Lichte des Freizügigkeitsabkommen?

 

2)       Wie beurteilen sie persönlich die Problematik der „Leiharbeitnehmer“ im Lichte des Freizügigkeitsabkommen?

 

3)       Wie beurteilen sie persönlich die Problematik der „Lohnvergleiche“ im Lichte des Freizügigkeitsabkommen?

 

4)       Wie beurteilen sie persönlich die Problematik der „paritätischen Berufskommission“ betr. Beitragsforderungen von österreichischen Unternehmen im Lichte des Freizügigkeitsabkommen?

 

5)       Finden derzeit bilaterale Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz über das Freizügigkeitsabkommen statt?

5.1.) Wenn ja, welches Ergebnis wurde dabei bereits erzielt bzw. wie ist der Status quo?

5.2.)Wenn nein, warum nicht?

 

6)       Gibt es derzeit zum Freizügigkeitsabkommen Verhandlungen zwischen Österreich und der Schweiz?

6.1.)Wenn ja, welches Ergebnis wurde dabei bereits erzielt bzw. wie ist der Status quo?

6.2.)Wenn nein, warum nicht?


 

7)       Wann, bei wem und bei welcher Gelegenheit hat Österreich in den letzten zwei Jahren – bei der EU-Kommission – dieses Thema vorgebracht und eine Lösung eingefordert?

 

8)       Welche konkreten Lösungsvorschläge wurden von österreichischer Seite dabei unterbreitet?

 

9)       Wurden entsprechende österreichische Lösungsvorschläge akzeptiert oder abgelehnt?

Wenn akzeptiert, warum wurden sie noch nicht umgesetzt?

Wenn abgelehnt, mit welcher Begründung?

 

10)   Wann, bei wem und bei welcher Gelegenheit hat Österreich in den letzten zwei Jahren – in der Schweiz – dieses Thema vorgebracht und eine Lösung eingefordert?

 

11)   Welche konkreten Lösungsvorschläge wurden von österreichischer Seite dabei unterbreitet?

 

12)   Wurden entsprechende österreichische Lösungsvorschläge akzeptiert oder abgelehnt?

Wenn akzeptiert, warum wurden sie noch nicht umgesetzt?

Wenn abgelehnt, mit welcher Begründung?

 

13)   Welche konkreten und greifbare Ergebnisse haben all diese Interventionen, Verhandlungen und informellen Gespräche (bei der EU und in der Schweiz) bis dato hervorgebracht?

 

14)   Welche Strategien und Maßnahmen verfolgen sie um das Freizügigkeitsabkommen transparenter und fairer zu gestalten?

 

15)   Wie sieht ihr diesbezüglicher Zeitplan aus?

 

16)   Glauben sie an eine Problemlösung vor einem fakultativen Referendum der Schweiz (lt. bilateralem Abkommen, 1.6.2009) oder sehen sie eine Lösung erst danach?

 

17)   Glauben sie an eine Lösung vor dem 1.6.2014 (Definitiver Termin betr. Einführung des freien Personenverkehrs laut bilateralem Abkommen)?

 

18)   Wie stehen sie dem Vorschlag gegenüber, eine einheitliche – staatlich autorisierte – Informationsplattform (inkl. Verbindlichkeitserklärung zur Garantie der Rechtssicherheit) zu errichten, die gewährleistet, dass österreichische Unternehmen, die in der Schweiz tätig sind oder werden (wollen), einen raschen und vollständigen Zugang zu allen relevanten Daten, Dokumenten und Vorschriften einschließlich der Tarifverträge und Mindestlöhne erhalten?

 

19)   Wie beurteilen sie die Möglichkeit einer grenznahen Lösung mit den benachbarten Kantonen, nachdem die Schweiz mokiert, dass sie die gleichen Probleme – wie Vorarlberg – mit Italien und Frankreich hat?


 

20)   Würden sie im Sinne der grenzüberschreitenden Wirtschaftsbeziehungen und traditionell guten nachbarschaftlichen Beziehungen einen derartigen Prozess unterstützen?