14180/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.03.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Messen Sie mit zweierlei Maß? – Unbefriedigende Anfragebeantwortung der Anfrage 13423/J durch 13170/AB zum Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Korneuburg hinsichtlich der Causa Multiversum  Schwechat Nationalratsabgeordneter Fazekas

BEGRÜNDUNG

Am 8. 11. 2012 fand im Nationalrat eine Sondersitzung statt, in deren Rahmen die Grünen eine Dringliche Anfrage an Sie zum Thema politische Korruption gerichtet haben. Sie haben diese Anfrage, die den Stand der Justizermittlungen in Zusammenhang mit den im parlamentarischen Untersuchungsausschuss behandelten Themenfeldern abfragte, sehr ausführlich beantwortet. Diese durchaus unübliche Form der Beantwortung wurde allgemein gewürdigt und hat einen neuen Standard im Umgang mit dem parlamentarischen Anfragerecht erwarten lassen.

Um die Ausführlichkeit der Beantwortung zu verdeutlichen werden hier die Fragen und Antworten zu den Themengebieten Ostgeschäfte derTelekom sowie Eurofigther exemplarisch dargestellt.

8. Sind derzeit Strafverfahren in Zusammenhang mit den vom Untersuchungs­aus­schuss als Beweisthemen 1 d untersuchten Fällen der Telekom Ostgeschäfte an­hängig?

9. Falls ja: wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?

10. Welche Teilaspekte werden strafgerichtlich verfolgt?

11. Gegen wie viele Beschuldigte richten sich diese Verfahren?

12. Wer sind die Beschuldigten?

13. Wegen welcher Straftatbestände werden Ermittlungen geführt?


14. Wie ist der Stand der Verfahren und wann ist mit einer Entscheidung über die Anklageerhebung zu rechnen?

Ich komme nun zu den Fragen 8 bis 14:

Derzeit ist ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Zahlungen der Telekom Austria AG an das Unternehmen Holdenhurst sowie die Robicom GmbH, jeweils in einem eine Million Euro übersteigenden Ausmaß, im Zusammenhang mit einer Akquisition in Weißrussland anhängig, das gegen sieben Beschuldigte, nämlich Mag. Rudolf Fischer, Stefano Colombo, Mag. Erich Gnad, Mag. Martin Schlaff, Mag. Boris Nemsic, Mag. Gernot Schieszler, Robert Nowikovsky, wegen § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall StGB beziehungsweise Beitrag dazu geführt wird. Die Ermittlungen dauern an, ein Abschluss ist derzeit nicht absehbar.

Ein weiteres Ermittlungsverfahren ist bei der Wirtschafts- und Korruptions­staats­anwaltschaft anhängig. Es betrifft den Vorwurf der Herauslockung von zirka 358 Millionen € von der Republik Serbien im Wege einer angeblich nicht existenten Gesell­schaft für einen nicht in deren Eigentum stehenden Anteil der Mobtel. Das Verfahren wird gegen vier Beschuldigte, nämlich Mag. Martin Schlaff, Michael Hason, Dr. Josef Taus, Dr. Herbert Cordt, wegen schweren Betrugs, Untreue, Geldwäscherei und Bestechlichkeit geführt. Die Ermittlungen sind abgeschlossen. Mit einer Verfahrens­finalisierung ist in absehbarer Zeit zu rechnen.

72. Sind derzeit Strafverfahren in Zusammenhang mit dem Ankauf der "Eurofighter Typhoon" Kampfflugzeuge anhängig?

73. Falls ja: wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?

74. Welche Teilaspekte werden strafgerichtlich verfolgt?

75. Gegen wie viele Beschuldigte richten sich diese Verfahren?

76. Wer sind die Beschuldigten?

77. Wegen welcher Straftatbestände werden Ermittlungen geführt?

78. Wie ist der Stand der Verfahren und wann ist mit einer Entscheidung über die Anklageerhebung zu rechnen?

Zu den Fragen 72 bis 78:

Es wird ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen folgender Teilaspekte geführt:

Ich komme zuerst zur grundsätzlichen Verdachtslage.

Für die Erfüllung der im Ankaufsvertrag vereinbarten Gegengeschäftsverpflichtung des Vertragspartners Eurofighter Jagdflugzeug GmbH wurden erhebliche Beträge zur Verfügung gestellt. Diese sind nach Abtretung der Gegengeschäftsverpflichtung an EADS über ein Firmenkonstrukt sowie verschiedene Subbroker an noch nicht bekannte Entscheidungsträger beziehungsweise Beamte weitergeleitet worden, wobei es sich um Schmiergeldzahlungen handeln dürfte.

Ich komme nun zum zweiten Teilaspekt, nämlich „Projekt Lakeside und Spielberg“.

Zuerst Lakeside.

Der Lakeside Science & Technology Park ist ein Forschungs- und Technologiezentrum am Wörthersee nahe der Universität Klagenfurt. Eigentümer ist die Lakeside Tech­nologie Privatstiftung, deren Stifter die Scientific Research & Development Ltd. ist. EADS-D hat zur Finanzierung dieses Projekts Gelder beigesteuert. Aus einem mehrfach revidierten aktenkundigen Vertrag zwischen EADS-D und Vector vom 1. Dezember 2004 ergibt sich, dass EADS-D einen monatlichen Fixbetrag von 30 000 € für dieses Projekt bezahlte. Der Hintergrund dieser Zahlungsverpflichtung ist nicht bekannt. Das Projekt wurde jedenfalls nicht beim BMWA als Gegengeschäft eingereicht, wiewohl es im Vertrag als „Special Offset Project“ bezeichnet wird.

Aus bei Gianfranco Lande sichergestellten Unterlagen betreffend angeblich vermittelte Gegengeschäfte ist das Lakeside-Projekt ebenfalls erwähnt, dort sind als „betroffene Subjekte“ Vector und die EBD erwähnt. Inwieweit die EBD in dieses Projekt involviert war, ist ebenfalls derzeit unklar. Laut den vorliegenden Unterlagen erhielt Vector überdies einen Betrag von 4 Millionen € als „Kredit für Lakeside Technologies“.

Zweiter Aspekt: Spielberg. Ferner kam es zwischen EADS-D und Vector für ein Projekt „Spielberg“ zu einer Zahlung eines „nicht rückzahlbaren Pauschalbetrages“ von 10 Millionen €. Laut der zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarung war EADS-D gegenüber Dritten verpflichtet, sich mit 20 Millionen € an diesem Projekt zu beteiligen, das offenbar erfolglos als Gegengeschäft eingereicht hätte werden sollen. Vector übernahm als Gegenleistung die Verpflichtung, Strategien zu entwickeln, um EADS-D von dieser Beteiligungsverpflichtung zu befreien. Der tatsächliche wirtschaftliche Hintergrund für diese Konstruktion ist nicht bekannt.

Das Verfahren wird gegen sieben Beschuldigte, nämlich Alfred Plattner, Dr. Walter Schön, Dipl.-Ing. Dr. Klaus-Dieter Bergner, Dr. Rudolf Lohberger, Frank Walter Petmecky, Klaus Peter Kaindleinsberger und Mag. Dr. Thomas Eidensberger wegen §§ 146, 147 Abs. 3, 165 Abs. 1, 2 und 4, 153 Abs. 1 und 2, 307 Abs. 2 StGB und § 33 Finanzstrafgesetz geführt.

Es wurden zuletzt Durchsuchungen am 6. November 2012 vollzogen. Als nächster Verfahrensschritt ist die Auswertung der sichergestellten Unterlagen beabsichtigt.

 

Angesichts Ihrer Anfragebeantwortung im Rahmen der Sondersitzung war die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zum Ermittlungsstand in der Causa Multiversum Schwechat umso enttäuschender.

Sämtliche Fragen wurden de facto nicht beantwortet, obwohl keinerlei Verfahrensdetails abgefragt wurden, sondern die Frage im Mittelpunkt stand, ob und wann mit einem Auslieferungsantrag gegen den Bürgermeister von Schwechat, Nationalratsabgeordneten Hannes Fazekas zu rechnen ist.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Entspricht es den Tatsachen, dass Sie im Rahmen der Anfragebeantwortung zum Multiversum in Schwechat Fragen mit dem Hinweis auf den Verfahrensstand nicht beantwortet haben, und sie bei vergleichbaren Fragen im Rahmen der Beantwortung der Dringlichen Anfrage am 8. 11. 2012 sehr wohl Stellung genommen haben?

2.    Wenn ja, wie begründen Sie diesen unterschiedlichen Umgang mit dem parlamentarischen Anfragegerecht?

Die nichtbeantworteten Fragen der Anfrage werden nochmals gestellt:

3.    Wann wurde in der Causa Multiversum / Fazekas / Kucharowits ein Vorhabensbericht der zuständigen Staatsanwaltschaft übermittelt?

4.     Wann wurde über diesen Vorhabensbericht entschieden?

5.    Sollte noch nicht darüber entschieden worden sein, wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?

6.    Wurden durch die Nichtentscheidung auch die Ermittlungen gegen Franz Kucharowits beeinträchtigt, der keinerlei Immunitätsbestimmungen unterliegt?

7.    Wenn ja, wie begründen Sie die Verzögerung dieser Ermittlungen?

8.    Sind Sie der Auffassung, dass in dieser Causa Ermittlungen gegen den Abg. zum Nationalrat Hannes Fazekas nur nach der Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität möglich sind?

9.    Wenn ja, worin sehen Sie den Zusammenhang der Vorwürfe mit der Tätigkeit Fazekas‘ als Abgeordneter zum Nationalrat begründet?

10.  Welche Schritte werden Sie setzen, damit es in ähnlich gelagerten Fällen zu keiner Verzögerung der Ermittlungen mehr unter dem unzutreffenden Hinweis auf die Immunität von Abgeordneten kommt?