14345/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.04.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Disziplinarverfahren gegen Christian Lausch wegen sexueller Belästigung

BEGRÜNDUNG

 

Nach einem Falter-Bericht vom 20.3.2013 wurde bekannt, dass im Jahr 2005 ein Disziplinarverfahren wegen sexueller Belästigung von KollegInnen gegen den damaligen Justizwachebeamten und nunmehrigen FPÖ-Abgeordneten Christian Lausch eingeleitet wurde.

Die Vorwürfe gegen Lausch beinhalten massive Übergriffe. So haben Betroffene unter anderem folgendes angegeben: „Lausch hat mir nach einer Hauptverhandlung massiv an den Hintern gefasst und nur geantwortet, das hätte er jetzt gebraucht“, „Im Wachzimmer sagte er guten Tag Puppi und langte mir an den Hintern“ oder im Wachzimmer hat Lausch gesagt „Was hab i ghört – du fickst jetzt einen Burgenländer?“.Auch liegen E-Mails vor, wonach Lausch mittels der E-Mail Adresse „redbull69@gmx.at“an ArbeitskollegInnenE-Mails mit pornografischem Material geschickt und zu sexuellen Handlungen, wie gemeinsam in einen Swingerclub zu gehen, aufgefordert hat.

Die FPÖ und Lausch haben sich damit verteidigt, dass die Vorwürfe falsch seien und deshalb das Disziplinarverfahren eingestellt und die Vorwürfe widerlegt seien:

·        In einer OTS der FPÖ vom 19.3.2013 durch deren Generalsekretär Kickl wird behauptet: Sämtliche Vorwürfe gegen Lausch seien hinlänglich widerlegt, das diesbezügliche Disziplinarverfahren wurde am 23. Mai 2006 eingestellt.

·        In einer OTS der FPÖ vom 20.3.2013 heißt es: Die in den Medien publizierten, über 10 Jahre alten Vorwürfe, weist der freiheitliche Nationalrat Christian Lausch entschieden zurück: "Die Anschuldigungen sind falsch. Der Fall wurde vor 7 Jahren von der Disziplinaroberkommission im Bundeskanzleramt ordentlich geprüft und die Erhebungen eingestellt."

·        In einer OTS der FPÖ vom 22.3.2013 wird durch deren Generalsekretär Vilimsky argumentiert: "Der mit Hilfe der Grünen vom Stadtmagazin Falter 'aufgedeckte' Fall ist 2006 nicht nur wegen Verjährung, sondern auch wegen offensichtlicher Unglaubwürdigkeit der Vorwürfe rechtswirksam eingestellt worden", so Vilimsky.

 

Tatsächlich stellt sich die Chronologie im Fall Lausch anders da und wirft die Frage auf, warum die Vorwürfe im Disziplinarverfahren nie zu Ende geprüft werden konnten:

12.4.2005      1. Beschwerdeschreiben an Anstaltsleitung: Die Beamtin packt aus und belastet Lausch schwer.

18.4.2005      2. Beschwerdeschreiben an Anstaltsleitung: weitere Fakten.

20.5.2005      Mit der Beamtin wird eine Niederschrift aufgenommen.

24.5.2005      Niederschrift mit Lausch, der die Vorwürfe nicht entkräften kann.

14.6.2005      Beginn der Verjährungsfrist laut Berufungskommission

13.9.2005      Ersuchen an Dienststellenausschuss um Zustimmung zur Verfolgung

17.10.2005    Erteilung der Zustimmung des Dienststellenausschusses

19.10.2005    Das Kabinett von Justizministerin Gastinger schaltet sich ein. Kerstin Scheuchl vom KBM ersucht die Personalabteilung (III-2) Unterlagen betreffend der Anzeigen gegen Lausch vorzulegen. Ein Grund, warum sich das Kabinett in das Verfahren einmischt, wird nicht angegeben.

                        Dazu verlangt Scheuchl auch den Personalakt der Anzeigerin. Dem Ministersekretariat (=KBM) stehen die Unterlagen zur Einsicht zur Verfügung. (lt. elektronischem Verzeichnis ist dann der Akt von 21.10. bis 25.10. bei Scheuchl)

21.10. 2005   Dr. Peter Doblinger/BMJ stellt fest: „Aus Sicht der Abteilung III/2 sind die Behauptungen von RInsp. XX jedenfalls soweit objektiviert, als die gegenständlichen E-Mails vorliegen und dem Anschein nach von GInsp. Lausch stammen, sodass die in Aussicht genommen Vorgangsweise des PräsOLG Wien nicht zu beanstanden ist“.

                        Doblinger hält auch fest, was Lausch über die E-Mail-Adresse, von der die 12 Porno-Mails abgeschickt worden sind, verantwortet: „GInsp. Lausch hat angegeben, sich nicht mehr erinnern zu können, ob er eine E-Mail-Adresse redbull69@gmx.at jemals benutzt habe er habe mehrere E-Mail-Adressen besessen.“

17.11.2005    Die Disziplinarkommission beim BMJ leitet mit Bescheid das Disziplinarverfahren gegen Lausch ein und beschließt die Anberaumung einer Verhandlung.


6.12.2005      Der Präsident des OLG Wien legt dem BMJ die gegen Lausch erstattete Disziplinaranzeige vor.

Scheuchl ersucht die Möglichkeit einer Versetzung der Anzeigerin zu prüfen; eine Versetzung ist laut Personalabteilung dzt. nicht möglich. Dieser Akt liegt in der Folge von 9.12. bis 14.12. bei Scheuchl.

19.1.2006      tatsächlicher Eintritt der Verjährung. Spätestens bis zu diesem Tag hätte der Einleitungs- und  Verhandlungsbescheid Lausch zugestellt werden müssen, um das Eintreten der Verjährung zu verhindern.

27.3.2006      Zustellung des Einleitungs- und Verhandlungsbescheides an Lausch bzw. dessen Rechtsvertreter. Damit ist der Zeitpunkt der Verjährung um mehr als zwei Monate überschritten worden. Von der Kommission bis zum KBM musste das allen Beteiligten klar sein.

8.5.2006        Die Berufungskommission beim BKA stellt das Disziplinarverfahren gem. § 118 Abs 1 Z 3 BDG wegen Verjährung ein.

24.5.2006      Dr. Peter Doblinger/BMJ hält im Akt fest: „Die Zustellung des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses der Ds-Kommission an den Disziplinarbeschuldigten bzw. dessen Rechtsvertreter erfolgte am 27. März 2006, somit war Verfolgungsverjährung bereits eingetreten. Da es sich dabei um einen Strafaufhebungsgrund handelt, was das Disziplinarverfahren gemäß § 118 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 einzustellen.“

 

Es wird ersucht sämtliche Fragen zur besseren Nachvollziehbarkeit einzeln zu beantworten.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Stimmt es, dass wie in einer OTS der FPÖ vom 19.3.2013 durch deren Generalsekretär Kickl behauptet, sämtliche Vorwürfe gegen Lausch hinlänglich widerlegt seien?

2.    Stimmt es, dass wie in einer OTS der FPÖ vom 20.3.2013 durch Lausch behauptet, die Anschuldigungen falsch sind und der Fall vor 7 Jahren von der Disziplinaroberkommission im Bundeskanzleramt ordentlich geprüft wurde?

3.    Stimmt es, dass wie in einer OTS der FPÖ vom 22.3.2013 durch deren Generalsekretär Vilimsky behauptet, der mit Hilfe der Grünen vom Stadtmagazin Falter 'aufgedeckte' Fall 2006 nicht nur wegen Verjährung, sondern auch wegen offensichtlicher Unglaubwürdigkeit der Vorwürfe rechtswirksam eingestellt worden ist?


4.    Wenn ja, was stützt diese Behauptungen?

5.    Wenn nein, ist es richtig, dass das Verfahren ohne inhaltliche Beurteilung ausschließlich wegen Verjährung eingestellt werden musste?

6.    Welche Vorwürfe wurden gegen Christian Lausch im Disziplinarverfahren erhoben?

7.    Wie viele ArbeitskollegInnen von Christian Lausch haben ausgesagt, dass sie in irgendeiner Form (körperlich, verbal oder schriftlich) von Christian Lausch sexuell belästigt wurden?

8.    Ist es richtig, dass es im April 2005 zwei Beschwerdeschreiben von ArbeitskollegInnen wegen sexueller Belästigung durch Lausch an die Anstaltsleitung der JA Josefstadt gegeben hat und in Folge am 20.5.2005 mit der betroffen Beamtin und am 24.5.2005 mit Christian Lausch eine schriftliche Niederschrift zu den Vorwürfen gegeben hat?

9.    Ist es richtig, dass Lausch im Disziplinarverfahren nicht davon gesprochen hat, dass die betreffenden E-Mails gefälscht seien, sondern vielmehr, dass er sich nicht erinnern könne, ob er eine E-Mail-Adresse mit redbull69@gmx.at verwendet hätte?

10. Am 14.6.2005 soll laut der Berufungskommission die Verjährung der Vorwürfe gegen Lausch begonnen haben. Woraus ergibt sich der Verjährungstermin?

11. Am 13.9.2005 ergeht an den Dienststellenausschuss das Ersuchen um Zustimmung zur Verfolgung - am 17.10.2005 erfolgt die Erteilung der Zustimmung des Dienststellenausschusses. Damit ist fast ein Monat vergangen. Ist ein derartig langer Zeitraum üblich?

12. Wodurch rechtfertigt sich das Verstreichen dieses langen Zeitraums im konkreten Fall?

13. Ist es richtig, dass sich am 19.10.2005 die Kabinettsmitarbeiterin Scheuchl in das Disziplinarverfahren einschaltet hat?

14. Wenn ja, aus welchem Grund?

15. Ist es üblich, dass sich die Ministerin bzw. KabinettsmitarbeiterInnen in Disziplinarverfahren gegen Beamte im Rang eines Gruppenführers bei der Justizwache einschalten?

16. Gibt es einen Hinweis, dass die Vorgangsweise der Kabinettsmitarbeiterin Scheuchl durch die Justizministerin beauftragt und gedeckt war?

17. Ist es richtig, dass Kabinettsmitarbeiterin Scheuchl auch den Personalakt der Anzeigerin angefordert hat?

18. Wenn ja zu welchem Zweck?

19. Welche Unterlagen wurden an die Kabinettssmitarbeiterin Scheuchl durch die zuständige Personalabteilung übermittelt?

20. Ist es üblich, dass von der Justizministerin bei Disziplinarverfahren die Personalakten von AnzeigerInnen angefordert werden?

21. Ist es richtig, dass Dr. Peter Doblinger vom BMJ mitteilt: „Aus Sicht der Abteilung III/2 sind die Behauptungen von RInsp. XX jedenfalls soweit objektiviert, als die gegenständlichen E-Mails vorliegen und dem Anschein nach von GInsp. Lausch stammen, sodass die in Aussicht genommen Vorgangsweise des PräsOLG Wien nicht zu beanstanden ist“ bzw. „GInsp. Lausch hat angegeben, sich nicht mehr erinnern zu können, ob er eine E-Mail-


Adresse redbull69@gmx.at jemals benutzt habe er habe mehrere E-Mail-Adressen besessen“?

22. Ist es richtig, dass die Disziplinarkommission beim BMJ am 17.11.2005 mit Bescheid das Disziplinarverfahren gegen Lausch eingeleitet und die Anberaumung einer Verhandlung beschlossen hat?

23. Wie lauten die Namen der Mitglieder der Disziplinarkommission?

24. Wer war der Vorsitzende der Disziplinarkommission?

25. Ist es richtig, dass KabinettsmitarbeiterIn Scheuchl die Möglichkeit einer Versetzung der Anzeigerin prüfen hat lassen?

26. Wurde diese Prüfung ausschließlich von Scheuchl oder auf Ersuchen einer anderen Person veranlasst?

27. Ist es richtig, dass am 19.1.2006 die Verjährung im Disziplinarverfahren Lausch eingetreten ist?

28. Ist es richtig, dass am 27.3.2006 die Zustellung des Einleitungs- und Verhandlungsbescheides an Lausch bzw. dessen Rechtsvertreter erfolgt ist?

29. Ist es richtig, dass durch die verzögerte Zustellung des Einleitungs- und Verhandlungsbescheides an Lausch die Verjährung eingetreten ist?

30. Warum wurde der Einleitungs- und Verhandlungsbescheid an Lausch verspätet zugestellt?

31. Wer trägt für die verspätete Zustellung des Einleitungs- und Verhandlungsbescheides an Lausch und damit für die Verjährung die Verantwortung?

32. Zu welchem Zeitpunkt (genauer Tag) hätte der Einleitungs- und Verhandlungsbescheid frühestens an Lausch abgefertigt bzw. zugestellt werden können?

33. Gibt es Gründe, die den späten Zustellungstermin dieses Bescheids rechtfertigen können?

34. Wie war der weitere Verfahrensgang nach Zustellung des Einleitungs- und Verhandlungsbescheides an Lausch?

35. Hat es ein Disziplinarverfahren gegen die Anzeigerin des Belästigungsfall Lausch wegen möglicher Weise unberechtigt erhobener Vorwürfe der sexuellen Belästigung an ihrer Person gegeben?

36. Wenn ja, wer hat das Disziplinarverfahren eingeleitet?

37. Wie war der genaue Verlauf dieses Verfahrens?

38. Wie hat das Disziplinarverfahren geendet?

39. Wenn nein: Wäre ein – wie von Lausch behauptet – unberechtigter Vorwurf einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz ein möglicher Grund für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gewesen?

40. Ist es richtig, dass zwei Mitarbeiterinnen der Justizwache, die Lausch sexuelle Belästigung vorgeworfen haben in Folge versetzt wurden und zwei andere aus dem Dienst der Justizwache ausgeschieden sind?