14387/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.04.2013
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Mitwirkung am europäischen Meldewesen

 

 

Das Europäische Parlament wird gemeinsam mit der Europäischen Kommission vermutlich heuer nachfolgend der Richtlinie Nr.(EU)2003//42/EC und den zugehörigen Bestimmungen der Kommission 1321/2007 und 1330/2007 eine gesetzliche Verpflichtung zur Meldung und Weiterleitung von Störungsmeldungen der zivilen Luftfahrt verabschieden. Begründet wird diese Vorgangsweise mit dem teilweisen Boykott der Richtlinie durch mehrere Mitgliedstaaten, die ihrer Verpflichtung zur Weiterleitung von Vorfallsmeldungen nicht oder nur sehr unvollständig nachgekommen sind. Wie man von der Kommission in Erfahrung bringen kann, zählt Österreich zu diesen Staaten. Bestätigungen dafür können über die ständige Vertretung in Brüssel eingeholt werden.

Als eine weitere Bestätigung kann die künftige Novelle zum Luftfahrtgesetz angesehen werden, mit der die Verpflichtung zur Weiterleitung von Vorfallsdaten von der Flugunfalluntersuchungsstelle des Bundes abgezogen und der Austro Control GmbH zugeordnet werden soll. Diese Absicht stellt mit prognostizierten jährlichen Kosten von € 500.000,- nicht nur die teuerste aller Lösungsmöglichkeiten dar, sondern sie ist darüber hinaus auf Grund der gegebenen Unvereinbarkeit hochgradig rechtswidrig. Die Austro Control GmbH als Flugsicherungsorganisation bekommt den Auftrag, sich selbst als Behörde zu überwachen, dass die eigenen Meldeverpflichtungen exekutiert werden.

Wie wenig ernst die zitierte Richtlinie durch die zuständige legislative Abteilung der OZB im BMVIT einst genommen wurde zeigt der zeitliche Verlauf. Die Richtlinie wurde mit 13.6.2003 publiziert, aber erst mit 4. Juli 2005 rechtswirksam. Diese Zeitspanne sollte dazu genützt werden, einzelstaatlich die Richtlinie bis zum Datum der Rechtswirksamkeit umzusetzen. Nicht so das BMVIT. Nach einer Novelle des LFG im Jahr 2006 benötigte es noch bis Ende 2007 bis die Zivilluftfahrtmeldeverordnung vom damaligen Verkehrsminister Faymann erlassen worden war. (Allfällige Hinweise auf die 2007 ergangenen "Durchführungsbestimmungen" gingen ins Leere, da diese keine Voraussetzungen darstellten die Richtlinie umzusetzen und anzuwenden).


Die de facto Nichtanwendung der Melderichtlinie durch die sehr laxe Wahrnehmung der Weiterleitungsverpflichtung macht auch deutlich, dass das BMVIT die gültigen Grundprinzipien des von der ICAO entworfenen und weltweit zur Anwendung kommenden „safety management“ nicht verstanden hat. Dieses „safety management“ beruht auf der Erstellung, Weiterleitung und Auswertung von Vorfallsberichten, um sich abzeichnende Sicherheitsrisken erkennen und gegensteuern zu können, noch ehe es etwa zu einem fatalen Unglücksereignis kommt. Überfällig ist - wen würde das noch überraschen - auch die Ausarbeitung, Verabschiedung und Vorlage des staatlichen "State Safety Programm" durch die OZB im BMVIT das an sich die Grundlage für die Sicherheitsmanagementmaßnahmen in den Luftfahrtunternehmungen darstellen sollte.

Unterm Strich betrachtet: Der Mitwirkung am Europäischen Meldungswesen für Vorfälle in der Zivilluftfahrt wurde vom BMVIT mit größer Nachlässigkeit wenn nicht sogar Fahrlässigkeit betrieben; die nunmehr mit jahrelanger Verzögerung eingeleitete Korrekturmaßnahme u.a. zur Beruhigung der EU-Kommission, ist die teuerste aller möglichen Formen und noch dazu rechtswidrig. Vom staatlichen "State Safety Programm" fehlt weiterhin jede Spur.

 

Dazu richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Störungsmeldungen wurden seit der Rechtswirksamkeit der ZMV in die Europäische Datenbank ECR (European Central Repository) von der bisher zuständigen Dienststelle eingespeichert?

2.    Wie viele Meldungen wurden, etwa zur Ausarbeitung von Flugunfalluntersuchungsberichten oder dgl. von der ECR seit ihrem Bestand abgerufen?

3.    Sind Sie in Gesprächen mit der Bundesministerin für Justiz, um im Österreichischen Verwaltungsstrafrecht und Strafrecht Raum für das sogenannte "Just Culture" zu schaffen?

4.    In welcher Form wird das BMVIT die Kommission bei der Ausarbeitung eines EU einheitlichen Risiko-Klassifizierungsschemas unterstützen?

5.    Wann wird das ICOA entsprechende nationale "State Safety Programm" der Öffentlichkeit vorgestellt?

6.    Wie lautet das Risiko-Klassifizierungsschemas gem. dem bisherigen Entwurf des Österreichischen "State Safety Programm"?

7.    Warum wurden für die zukünftige Verarbeitung der Störungsmeldedaten keine wirtschaftlich günstigeren Alternativen, sogenannte "Qualified Entities" nach Europäischem Recht in Betracht gezogen, um diese Tätigkeit nach einer Ausschreibung befristet vergeben zu können?