1445/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.03.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend unbegründeter Untersagung von Vortragstätigkeiten eines Mitarbeiters der Bundesanstalt für Bergbauernfragen zu Themen der Agro-Gentechnik

Inhaltlich zur Debatte steht in diesem konkreten Fall die Thematik der Agro- Gentechnik und ihrer Anwendung. Wenn dem umfassenden Bedürfnis sowie der Notwendigkeit einer objektiven Information der Bevölkerung über die Agro- Gentechnik, ihre Folgen und die Risikopotentiale nicht mehr entsprochen wird, dann wird dies längerfristig auch zu schwerwiegenden ökologischen, gesellschaftlichen und letztlich wirtschaftlichen Konsequenzen führen. Ein wichtiger Bestandteil dieses notwendigen Informations- und Wissenssystems ist die Forschungs- und Publikationstätigkeit der Bundesanstalten und Bundesämter.

Die Weitergabe von Kenntnissen, insbesondere im Rahmen von Kursen, Seminaren, sonstigen eigenen und fremden Veranstaltungen zählt zu den grundlegenden Aufgaben aller Bundesanstalten und Bundesämter. Die Forschungs- und Wissenschaftstätigkeit dieser Institutionen sowie die damit verbundene unabhängige Publikations- und Vortragstätigkeit ist eines der wesentlichsten Instrumente, um eine nachhaltige Wohlfahrt unserer Gesellschaft insbesondere auch im Umwelt- und Agrarbereich sicher zu stellen.

Insbesondere sei in diesem Zusammenhang die objektive Information der Bundesanstalt für Bergbauernfragen über die Möglichkeiten von Gentechnikfreiheit und GVO-freien Zonen hervorgehoben. Diese umfassende Information hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich heute der Gentechnikfrei-Status Österreichs auch international durchsetzen kann.

Die erste Publikationen und Vorträge zur gentechnikfreien Zone Österreich" durch die Bundesanstalt für Bergbauernfragen erfolgten bereits 1996 - ein Jahr vor dem Gentechnikvolksbegehren. Auch hier gab es anfänglich Widerstände gegen die Ideen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, doch stellte sich im Lauf der Jahre heraus, dass genau das der erfolgversprechendste und zweckmäßigste Entwicklungspfad für Österreichs kleinstrukturierte Landwirtschaft ist. Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen war wesentlich an der innovativen Entwicklung von Alternativen zur Agro-Gentechnik sowie bei der realen Verwirklichung eines gentechnikfreien Österreich beteiligt.

In den vergangenen Jahren war es die Politik des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, dass diese besonderen Leistungen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen auch anerkannt und gefördert wurden. Es wurde auch von den Oppositionsparteien positiv zur Kenntnis genommen, dass diese

umfassende Information und Wissensgrundlage von Seiten der Bundesanstalt für Bergbauernfragen über das Thema Agro-Gentechnik" aber auch über viele anderen agrar- und umweltpolitischen Themen allen politischen EntscheidungsträgerInnen sowie der Öffentlichkeit bisher ungehindert und ungefiltert" zur Verfügung stand. Wir möchten aber auch darauf hinweisen, dass es sich dabei nicht allein um eine Frage des Wohlwollens" handeln kann, sondern dass die Nutzbarkeit von öffentlichen Informations- und Wissenssystemen durch alle politischen EntscheidungsträgerInnen sowie der ungehinderte Zugang zu diesen Systemen eine demokratiepolitische Notwendigkeit ist. Nur eine informierte Politik und nur eine informierte Öffentlichkeit können selbst bei unterschiedlichen politischen Wertesystemen sachgerechte Entscheidungen befördern. Deshalb sind auch die Gesetze über die Aufgaben und Unabhängigkeit der Bundesanstalten und Bundesämter ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Grundkonsenses.

Der Fraktion der GRÜNEN im Parlament ist nun in diesem Zusammenhang ein konkreter Fall zur Kenntnis gekommen, der eindeutig darauf hinweist, dass der neue Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft diesen demokratiepolitisch notwendigen Weg der Offenhaltung der Informations- und Wissenssysteme in Bezug auf die Bundesanstalt für Bergbauernfragen (aber letztlich auch für alle anderen Bundesanstalten und Bundesämter) anscheinend verlassen möchte: Am 9. März 2009 fand im Rathaus Graz im Gemeinderatssitzungssaal ein internationales Symposion mit dem Titel gentechnikfrei genießen" statt. Einer der geladenen Referenten war ein Mitarbeiter der Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Doch dieser musste seinen viel beachteten Vortrag GVO-Energiepflanzen und Agrotreibstoffe: Risikopotentiale" als Privatperson halten. Es stellte sich heraus, dass dem Vortragenden per Weisung in der Funktion als Mitarbeiter der Bundesanstalt für Bergbauernfragen der Vortrag untersagt wurde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

1.       Stimmt der in dieser Anfrage dargestellte Sachverhalt, dass ein Mitarbeiter der Bundesanstalt für Bergbauernfragen als solcher den Vortrag „GVO- Energiepflanzen und Agrotreibstoffe: Risikopotentiale" per Weisung ihres Ministeriums nicht durchführen sollte und dass diesem somit der Vortrag in seinem beruflichen Wirkungsbereich untersagt wurde?

2.       Haben Sie als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft diese Weisung erteilt oder waren Sie von dieser Weisung unterrichtet?

3.       Wurden dem zuständigen Mitarbeiter der Bundesanstalt für Bergbauernfragen eine Begründung für diese Untersagung mitgeteilt?

4.       Gibt es weitere Vorträge im Jahr 2009 von MitarbeiterInnen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, die diesen per Weisung in ihrem beruflichen Wirkungsbereich untersagt wurden? Wie lauten die Titel dieser Vorträge und wann und wo sollen/sollten diese Vorträge stattfinden?

5.            Falls es weitere Untersagungen von Vorträgen gibt, wurden den MitarbeiterInnen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen die Gründe dafür mitgeteilt?

6.            Falls es weitere Untersagungen von Vorträgen gibt, waren Sie als Bundesminister von diesen Weisungen unterrichtet?

7.  Stimmt es, dass ihr Ministerium neuerdings auch vor mündlichen Vorträgen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen um die Übermittlung von Unterlagen zu den Vorträgen, insbesondere wenn es sich um die Thematik Agro- Gentechnik oder Agro-Treibstoffe handelt, ersucht?

8.  Falls es solche Anweisungen zur Übermittlung von Unterlagen vor mündlichen Vorträgen über Agro-Gentechnik und Agro-Treibstoffe gibt, haben Sie als Minister Weisungen mit dieser Zielrichtung gegeben?

9.            Nachdem diese Vorgangsweisen bisher nicht üblich waren - werden Sie diese Änderung der Politiklinie Ihres Ressorts fortsetzen oder werden Sie wieder zu demokratiepolitisch verträglichen Ansätzen, wie sie unter ihren Vorgängern üblich waren, zurückkehren?

10. Nachdem Sie als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft alle Vorträge, öffentlichen Auftritte, Artikel und Kleinpublikationen der MitarbeiterInnen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen dem BMLFUW melden lassen, von welchen weiteren Bundesanstalten und Bundesämtern müssen alle Vorträge, öffentlichen Auftritte, Artikel und Kleinpublikationen gemeldet werden?


 

11. Falls diese Meldungen nicht von allen Bundesanstalten und Bundesämtern erfolgen, wie begründen Sie diese selektive Vorgangsweise?

12. Warum verlangen Sie, dass das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zudem alle Vorträge, öffentlichen Auftritte, Artikel und Kleinpublikationen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen neuerdings genehmigen müsse? Bei welchen anderen Bundesanstalten und Bundesämtern erfolgt eine solche Genehmigung?

13. Glauben Sie nicht, dass ein Genehmigungsverfahren aller öffentlichen Auftritte, Artikel und Kleinpublikationen von allen Bundesanstalten und Bundesämtern durch ihr Ministerium dem Grundsatz der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung eindeutig widerspricht?

14.    Gedenken Sie als Bundesminister diese, den Grundsatz der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eindeutig widersprechenden, Vorgangsweisen einzustellen und wieder auf eine demokratieverträgliche Politiklinie, wie sie unter ihren Vorgängern üblich war, zurückzukehren?