14461/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.04.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Henry am Zug - Lohndumping bei der ÖBB ?

BEGRÜNDUNG

 

Seit April 2012 betreibt die Do&Co-Tochterfirma „Henry am Zug“ das Catering für die ÖBB-Züge. Der ÖBB-Vorstand begründete damals seine Vergabeentscheidung mit mehr Qualität und niedrigerem Preis. Die Beschäftigungsbedingungen hingegen schienen bei der Vergabe kein Kriterium gewesen zu sein. Denn von der Gewerkschaft vida kam schon bald massive Kritik an den Arbeitsbedingungen der „Henry am Zug“- Beschäftigten. Laut Auskunft der Gewerkschaft und des ÖBB-Betriebsrates werden mehr als die Hälfte der Beschäftigten des Bahncateringunternehmens „Henry am Zug“ nach ungarischem Kollektivvertrag bezahlt und verdienen zwischen „450 und 600 Euro“ im Monat. Auch die Geschäftsführung von „Henry am Zug“ gibt zu, dass die Beschäftigten weit unter dem österreichischen Mindestlohniveau verdienen. Mit „rund 800 Euro plus Diäten und Trinkgeld monatlich“ heißt es, ist "kein einziger unzufrieden“, so Do&Co-Chef Attila Dogudan (Der Standard online, 2.1.2013). Laut Gewerkschaft sind Arbeitszeiten bis zu zehn Stunden durchgehend ohne Pause üblich. Es gibt es keine Aufenthaltsräume und auch während der Wendezeiten müssen sich die Beschäftigten auf den Bahnsteigen oder in Restaurants aufhalten. Seit kurzem wurde allerdings auch auf Druck der Gewerkschaft vida ein Betriebsrat bei „Henry am Zug“ endlich zugelassen.

Grund für die schlechten Beschäftigungsstandards vieler bei „Henry am Zug“ eingesetzter Beschäftigter ist ein formell ungarischer Arbeitgeber. Gegenwärtig sind also zwei Gruppen von Beschäftigten mit unterschiedlicher Entlohnung und unterschiedlichem Arbeitsrecht im Zugcatering der ÖBB auf den Strecken Budapest-München und Budapest-Zürich, also überwiegend in Österreich, tätig. In so einem Fall muss aber, gemäß europäischer Entsenderichtlinie und gemäß des österreichischen Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes die Gleichbehandlung aller Beschäftigten nach österreichischem Niveau gewährleistet sein. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber eines Teils der Beschäftigten eine Niederlassung im Ausland hat. Das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz trat mit 1. Mai 2011 nach Auslaufen der Übergangsfrist für Staatsangehörige der neuen EU Mitgliedsstaaten in Kraft, um neben gleichen Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen auch den fairen wirtschaftlichen Wettbewerb und die Abfuhr von Abgaben und Sozialbeiträgen zu regeln.

Bisher haben weder der ÖBB-Vorstand noch Sie als verantwortliche Ministerin zu dieser widerrechtlichen Situation Stellung genommen. Es sollte vor allem im Interesse der ÖBB – einem Unternehmen der öffentlichen Hand mit Vorbildcharakter – sein, diese Umstände dringend zu klären und für rechtlich einwandfreie sowie vorbildhafte Arbeitsbedingungen zu sorgen. Von besonderem Interesse sollte die Klärung dieser Situation auch und gerade für ein sozialdemokratisch geführtes Ressort sein. Es sind dringend notwendige Schritte zu unternehmen, damit es nicht zu Lohn- und Sozialdumping und einer weiteren Ungleichbehandlung der Beschäftigten im Verantwortungsbereich der ÖBB kommt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

 

1)    War Ihnen bei der letzten Ausschreibung des Bahncaterings und dessen Vergabe an „Henry am Zug“ bewusst, dass das Unternehmen einen Teil seines Teams über einen ungarischen Arbeitgeber zu ungarischen Bedingungen beschäftigen wird? Was berichten Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen?

 

 

2)    Haben Sie die Vorwürfe des Lohn- und Sozialdumpings im ÖBB-Bahncatering durch das von Ihnen beauftragte Unternehmen „Henry am Zug“ überprüft? Wenn ja, zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen? Was haben Sie in Folge unternommen? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Was berichten Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen?


3)    Wenn Sie den in Frage 2 angesprochenen Vorwürfen nicht nachgegangen sind begründen Sie bitte, warum nicht? Welche Rechtslage rechtfertigt Ihrer Meinung nach die Ungleichbehandlung der Beschäftigten des ÖBB-Caterings in den Zügen der ÖBB? Wie beurteilen Sie auch aus sozialdemokratischer Sicht die Lage? Was berichten Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen?

 

4)    Waren die Einhaltung der EU-Entsenderichtlinie und die des österreichischen Arbeitsrechtes (Bezahlung nach Kollektivvertrag, Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz, Arbeitsverfassungsgesetz, etc.)  Kriterien der Vergabe bei der letzten Ausschreibung des Bahncaterings? Wenn ja, wie haben Sie das überprüft? Wenn nein, warum nicht? Was haben Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen berichtet?

 

5)    Sind in Ihrem Ressort generell bei Ausschreibungen und Vergabeverfahren die Einhaltung des österreichischen sowie europäischen Arbeits- und Sozialrechts Kriterien für die Vergabe? Prüfen Sie beispielsweise Anbieter, die Zuschläge erhalten, ob sie gemäß des österreichischen Arbeits- und Sozialrechtes bzw. bei ausländischen AnbieterInnen gemäß europäischer Bestimmungen wie der EU-Entsenderichtlinie beschäftigen? Wenn nein, warum nicht? Was berichten Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen?

 

6)    Zu „Henry am Zug“: Um wie viele (ungarische) Angestellte mit Bezahlung auf ungarischem Lohnniveau zum Stichtag 31.3.2013  handelt es sich tatsächlich? Welchem Prozentanteil aller Beschäftigten von „Henry am Zug“ im ÖBB-Catering entspricht das? Was berichten Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen?

 

 

7)    Zu „Henry am Zug“: Wo werden diese ArbeitnehmerInnen des ungarischen Partnerunternehmens von „Henry am Zug“ genau eingesetzt? Was berichten Ihnen dazu die von Ihnen in verschiedener Funktion in die ÖBB-Holding und ihre Teilgesellschaften entsandten VertreterInnen?