14475/J XXIV. GP
Eingelangt am 22.04.2013
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ANFRAGE
der Abgeordneten Hagen, Markowitz
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Vergabeverfahren in Ihrem Ressort
Wie das Beispiel des Projektes „Blaulichtfunk“ zeigt, sollte der Blaulichtfunk ein bundesweites, gruppentaugliches und abhörsicheres Funksystem für Polizei, Rettung und Feuerwehr werden, geblieben sind ein Fass ohne Boden und ein großer Skandal im Bundesministerium für Inneres.
Die Probleme bei der Abwicklung des Projektes führten zu einer erheblichen Zeitverzögerung und in weiterer Folge einer Kostenflut, welche vom BMI bezahlt und letztendlich wieder nur der Bevölkerung aufgebürdet wird.
Laut einem Prüfbericht des Rechnungshofes gibt das Innenministerium mehr Geld für Beschaffung aus als jedes andere Ressort. Im Jahr 2010 betrugen die Beschaffungen 72 Mio. Euro, wovon der überwiegende Teil freihändig vergeben wurde. 2011 stieg der Anteil auf rund 183 Mio. Euro.
Da es sich hierbei um keine geringen Beträge handelt, ist es sehr befremdlich, dass der Rechnungshof in seinem Bericht folgendes klarstellt: „Das BMI hatte keinen vollständigen und verlässlichen Überblick über sein Beschaffungsvolumen.“ und eine „regelmäßige, risikoorientierte Kontrolle ausgewählter Beschaffung“ fehlt.
Weiters bemängelte der Rechnungshof das Fehlen von Vergleichsangeboten bei der Vergabe.
Kein wirtschaftlich denkendes Unternehmen würde einen Auftrag ohne die Einholung von alternativen Angeboten vergeben. Wie kann es sein, dass das Innenministerium - entgegen jeder Logik – bei der Vergabe von Projekten auf Vergleichsangebote verzichtet hat? Wie kann es sein, dass ein Ministerium derartig verantwortungslos mit dem Geld der Steuerzahler wirtschaftet?
Im Jahr 2001, zu Beginn der Ausschreibung betreffend Blaulichtfunk, ging die Bundesregierung noch von 26 Mio. Euro jährlichen Kosten bei laufendem Betrieb des Systems aus. Jetzt soll sich der Vollausbau des Netzes auf 2017 verschieben und die Kosten steigen auf 40 Mio. Euro jährlich an. Ebenso sollte das System bereits 2009 bundesweit in Betrieb gehen. Bis jetzt bestehen zwischen dem BMI und vier Bundesländern (Salzburg, Kärnten, Vorarlberg, Oberösterreich) noch nicht einmal Verträge.
Das Unterfangen Blaulichtfunk ist ein gutes Beispiel dafür auf welche Art und Weise – ohne Ziel und Plan – Projekte auf keinen Fall abgewickelt werden können. Dies kann nicht die Art sein, wie das Innenministerium mit dem Vertrauen und dem Geld der Steuerzahler umgeht!
Bezugnehmend darauf stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage
1. Wie viele Verträge wurden vom BMI in einem formfreien Verfahren unmittelbar an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) vergeben? Listen Sie die betreffenden Verträge, Leistungen, Leistungswerte und beauftragten Firmen.
2. Bei wie vielen dieser Verträge erhöhte sich der Leistungswert während der Vertragsdauer auf über 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer? Listen Sie die betreffenden Verträge, Leistungen, Leistungswerte und beauftragten Firmen.
3. Bei wie vielen dieser Verträge erfolgten Folgeaufträge an die betreffenden Firmen? Listen Sie die betreffenden Verträge, Leistungen, Leistungswerte und beauftragten Firmen.
4. Bei wie vielen dieser Verträge wurde die Laufzeit verlängert? Listen Sie die betreffenden Verträge, Leistungen, Leistungswerte und beauftragten Firmen.
5. Wie viele Verträge mit einem Leistungswert über 100.000 Euro wurden nach einem Verfahren mit mehreren Unternehmern vergeben? Listen Sie die betreffenden Verträge, Leistungen, Leistungswerte und beauftragten Firmen.
6. Aufgrund welcher Kriterien entscheidet das Innenministerium ob in Einzelfällen eine Ausnahme von der öffentlichen Ausschreibung erforderlich und gerechtfertigt ist?
7. Nach Ihrer Aussage bei der Sondersitzung des Nationalrates wurden nach einem vergaberechtlichen Vorgang immer nur Unternehmen mit der Leistungserbringung beauftragt, die dazu auch befugt waren. Aufgrund welcher fachlichen Eignung wurden die jeweiligen externen Beraterfirmen mit den Aufträgen betraut? Bitte listen Sie alle Firmen, welche in der aktuellen Gesetzgebungsperiode Verträge mit dem BMI unterhielten oder aktuell unterhalten, und ihre jeweilige fachliche Qualifikation.
8. Bei der Vergabe externer Berateraufträge, vor allem der Direktvergabe und freihändigen Vergabe, ist die Anzahl der Firmen auffällig, welche unter der Führung von ehemaligen Mitarbeitern des BMI bzw. ÖVP-nahen Personen stehen.
a. Erklären Sie weshalb gerade diese Unternehmen überdurchschnittlich oft mit Verträgen des BMI betraut werden?
b. Welche spezifischen fachlichen Qualifikationen weisen diese Firmen auf, die andere Firmen, welche nicht durch ÖVP-nahe Personen besetzt sind, nicht auch vorweisen könnten?
9. In der Sondersitzung des Nationalrates am 3.4.2013 betonten Sie dass, insbesondere bei komplexen Sachverhalten und sensiblen strategischen Bereichen der öffentlichen Sicherheit besondere Bedingungen bei der Vergabe zu berücksichtigen sind.
a. Um welche besonderen Bedingungen handelt es sich hierbei?
b. Wieso können diese Umstände dazu führen keine öffentlichen Vergabeverfahren durchzuführen?
10. Weiters führten sie in der Sondersitzung aus, dass externe Aufträge nur vergeben wurden und werden, wenn diese notwendig sind, insbesondere dann, wenn spezifische Fachkenntnisse nicht verfügbar sind und der Blick von außen benötigt wird.
a. Da es sich bei einigen der externen Berateraufträge lediglich um Projektbegleitung handelt, denken Sie, dass dies als spezifische Fachkenntnis zu definieren ist?
b. Wie rechtfertigen Sie diese unter Frage 10.a. genannten externen Berateraufträge?
11. Um welche spezifischen Fachkenntnisse handelt es sich im konkreten, die von extern zugekauft werden müssen und angeblich nicht mit den vorhandenen Personalressourcen des BMI abgedeckt werden können? Bitte um detaillierte Auflistung der im BMI nicht vorhandenen spezifischen Fachkenntnisse und der externen Berater, durch die diese Fachkenntnisse zugekauft werden müssen.
12. Nachdem laut Ihren Aussagen vom 3.4.2013 eine risikoorientierte Kontrolle von Beschaffungsvorgängen durch das BMI regelmäßig durchgeführt wird, bitte um detaillierte Darstellung dieser Kontrollergebnisse für die aktuelle Gesetzgebungsperiode.
13. Nachdem das BMI laut Ihren Aussagen vom 3.4.2012 über monatliche und jährliche Aufzeichnungen seiner Beschaffungen verfügt, bitte um detaillierte Darstellung dieser Beschaffungen nach Monaten und Jahren für die aktuelle Gesetzgebungsperiode.