14534/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.04.2013
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Gerhard Huber

Kollegin und Kollegen

an die Frau Bundesminister für Finanzen

betreffend Lyoness AG Aufstieg zur größten und erfolgreichsten Einkaufsgemeinschaft weltweit

 

Die Lyoness AG als auch deren Tochterfirmen weltweit kommen nicht aus den Schlagzeilen, so berichtete am 19.04.2013 die Kleine Zeitung:

Bei Lyoness tobt der Krieg der Gutachter

Pyramidenspiel und Betrug oder Verleumdung und Sippenhaft? Die Einkaufsgemeinschaft Lyoness gerät massiv ins Visier. Doch die Firma sieht sich unbeirrt als Weltkonzern und will alte Sünden loswerden.

Die vom Grazer Hubert Freidl gegründete Einkaufsgemeinschaft Lyoness sieht sich geschäftlich auf dem Durchmarsch: Man sei auf dem Weg zum Weltkonzern und werde in den nächsten drei Monaten die Schallmauer von drei Millionen Mitgliedern durchbrechen, sagt Kommunikationschef Mathias Vorbach. Doch der Konzern, der mit fast 1000 Beschäftigten einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet, bekommt juristisch immer härteren Gegenwind. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt "gegen Freidl und andere" wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Kapitalmarktgesetz. Der Wiener Anleger-Anwalt Eric Breiteneder vertritt Dutzende enttäuschte Lyoness-Mitglieder, die - ganz im Sinne der "cashback"-Philosophie - ihr Geld zurückwollen. Und jetzt tritt auch der Verein für Konsumentenschutz (VKI) auf den Plan. Der Leiter der VKI-Rechtsabteilung, Peter Kolba, will kommende Woche zivilrechtliche Schritte gegen das Netzwerk setzen.

Die Vorwürfe sind breit gestreut: Undurchsichtige Vertriebsstrukturen und dubiose Geschäftspraktiken haben Lyoness ins Zwielicht gebracht. Denn neben der Einkaufsgemeinschaft existiert parallel ein Vertriebssystem, dessen Akteure über Provisionen von Einkäufen und Anzahlungen geworbener Neumitglieder profitieren. Von angeblicher Geldwäsche über verbotene Pyramidenspiele bis hin zur Anleger-Täuschung reichen die Verdächtigungen. Manches davon ist wenig konkret, in einigen Punkten aber könnte es für den Konzern ziemlich eng werden.


Strafrechtlich brisant ist etwa ein Gutachten, das der Wiener Sachverständige Karl Hengstberger Ende März für die Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet hat. Er untersuchte drei Lyoness-Werbekampagnen in Österreich, Ungarn und der Slowakei, an deren Kosten sich Mitglieder mit Zeichnungsscheinen zu je 200, 300 und 900 Euro beteiligen konnten. Damit seien "Veranlagungen" angeboten worden, für die Lyoness laut Kapitalmarktgesetz einen genehmigten Prospekt hätte auflegen müssen, was aber nicht geschah. Dieses Vergehen ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht.

Der Sachverständige listet auch andere dubiose Umstände auf. Das Vergütungssystem sei "intransparent" und "für den gewöhnlichen Durchschnittsmenschen kaum verständlich". Vor allem aber seien für die Mitglieder aus der finanziellen Beteiligung an den Lyoness-Werbekampagnen "nachhaltige Provisionseinnahmen in signifikanter Höhe nicht erzielbar" gewesen. Sprich: Wer einzahlte, zahlte fast zwangsläufig drauf.

Besonders fragwürdig scheint dem Experten eine Bestimmung, wonach Einkaufsgutscheine, die die Mitglieder selbst bezahlt haben, nach einem Jahr verfallen. Diese Bestimmung hat Lyoness mittlerweile aus den Geschäftsbedingungen gestrichen. "Juristisch hätte das sowieso nicht gehalten", sagt Lyoness-Anwalt Hubert Reif. Er hält die meisten Vorwürfe für aus der Luft gegriffen und schießt scharf gegen seinen Anwaltskollegen Breiteneder. "Er vermischt sehr suggestiv die Fakten. Von all den Prozessen hat er bisher nur drei gewonnen, bei denen es um die Werbekampagnen aus 2008 ging."

Konfrontiert man die Lyoness-Leute mit den Vorwürfen, dann erzählen sie die Geschichte einer Häutung: Ja, Lyoness habe als Vertriebssystem angefangen, damals seien vielleicht auch Fehler passiert. "Aber der Konzern ist inzwischen ein ganz anderer geworden", versichert Lyoness-Sprecher Vorbach. Bei den Streitereien gehe es nur um "Fälle aus einer Zeit, als unser Qualitätsmanagement noch nicht so gut aufgestellt war". Inzwischen sei alles besser, es gebe keine Massenwerbeveranstaltungen mehr, man wolle dieser Tage eine Firmenakademie eröffnen, um alle Mitarbeiter zu schulen. "Wir befinden uns in einer Sippenhaft-Situation, die wir zum Teil selbst mitzuverantworten haben", so Vorbach. Doch 95 Prozent der Kunden seien "gewöhnliche Shopper", die mit der Lyoness-Karte nur ganz harmlos Einkaufs-Bonuspunkte sammeln wollen.

Juristisch hat sich der Konzern für die Prozessschlachten gewappnet: Ein Rechtsgutachten der Wiener Wirtschaftsprofessorin Susanne Kalss sieht keinen Verstoß gegen die Kapitalmarkt-Prospektpflicht. Bei Lyoness sei es nämlich nicht um die Erwirtschaftung von Kapitalerträgen mit gemeinsamem wirtschaftlichem Risiko gegangen.

Im Hintergrund geht es bei dem Streit um interessante Fragen - etwa, ob Unternehmer Konsumenten sind, wenn sie privat einkaufen. Ein anhängiges Verfahren in Deutschlandsberg etwa betrifft eine Tankstellenpächterin, die als Privatperson Konsumentenrechte gegen Lyoness geltend machen will.

Das Lyoness-Argument, man sei weltweit präsent und trotzdem gebe es nur in Österreich Probleme, stimmt indes nicht ganz: Auch aus Frankreich und der Schweiz werden erhebliche juristische Turbulenzen gemeldet. Freidl jedenfalls will die Konzernzentrale jetzt aus dem schweizerischen Buchs absiedeln und nach Graz verlegen, was aber noch Gegenstand komplexer Behördenverhandlungen ist. Für die Sitzverlegung nennt Vorbach einen denkbar harmlosen Grund: "Freidl ist nun einmal ein begeisterter Steirer."


Aufgrund solcher und anderer Berichte richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesminister für Finanzen nachstehende

ANFRAGE:

 

1.  Es halten sich hartnäckig Gerüchte wonach die Fa. Lyoness von der Umsatzsteuer befreit sein soll.

a.    Falls ja, seit wann und mit welcher Begründung wurde diese Befreiung gewährt?

 

2.  Gibt es laufende Finanzstrafverfahren gegen die Firma Lyoness AG oder eines ihrer Tochterunternehmen?

 

3.  Versteuert die Firmengruppe Lyoness den gesamten erwirtschafteten Gewinn in Österreich?

 

4.  Ist Ihnen der Sachverhalt bekannt, dass die Firmengruppe Lyoness jährlich über eine Milliarde Euro Umsatz macht, wovon jedoch –  laut Bericht des ORF Report vom 23.04.2013 – nur ein bis zwei Prozent durch die Einkaufsgemeinschaft erwirtschaftet werden, während rund 98 Prozent durch das sogenannten Vertriebssystem zustande kommen?

 

5.  Zentraler Bestandteil dieses Vertriebssystems sind einbezahlte Anteile an zukünftigen Gewinnen. Wie sind diese einbezahlten Gewinnbeteiligungen zu verbuchen bzw. zu versteuern?

 

6.  Versteuert die Firmengruppe Lyoness diese einbezahlten Gewinnansprüche, zeitgerecht in Österreich?

a.    Wenn nein, werden diese einbezahlten Gewinnansprüche in der Schweiz ordnungsgemäß versteuert?

b.    Arbeitet Ihr Ministerium mit den Schweizer Finanzbehörden in dieser Causa zusammen?

c.    Wenn nein, haben Sie Kenntnis, ob diese einbezahlten Gewinnansprüche nicht in der Schweiz versteuert werden?

 

7.  Seit dem Jahr 2011 ermitteln diverse Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden in Bezug auf Verdacht eines verbotenen Pyramidenspiels gegen Lyoness, arbeiten Ihre Behörden mit diesen Staatsanwaltschaften zusammen?