14605/J XXIV. GP
Eingelangt am 26.04.2013
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Anfrage
der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufenthalt Familie Kaimov.
Herr Denilbek K. stammt aus dem Dorf Machkety, Vedenskij Rayon, Tschetschenische Republik, Russland. Das Elternhaus, in dem heute noch seine kranke Mutter lebt, diente als Lazarett für verletzte Widerstandskämpfer, wodurch sich die Familie besonders exponierte.
Viele seiner Verwandten hatten sich politisch betätigt und sind im Krieg und danach umgekommen.
Herr K. unterstützte im ersten und zweiten Tschetschenienkrieg die Widerstandskämpfer mit Lebensmitteln, Medikamenten und Geld. Er brachte Waffen zu ihnen und pflegte verletzte Rebellen. 2008 wurde er deshalb zwei Mal verhaftet und misshandelt. Er fürchtet um sein Leben.
Ein weiterer Grund, warum für die Familie ein Leben in Tschetschenien oder im restlichen Russland unmöglich ist, ist die Tatsache, dass Frau K. Russin ist. Das Leben von Frau K., die dem christlichen Glauben angehört, ist in Tschetschenien völlig unmöglich geworden. Wilde Beschimpfungen und Mordandeutungen haben das Leben in Machkety unmöglich gemacht. Frau K. konnte in Tschetschenien nicht mehr auf die Straße gehen.
Die Familie zog 2006 in das Dorf Manoylin im Wolgograder Gebiet. Dort kehrte sich die Situation allerdings um: Herr K. wurde ständig als Terrorist beschimpft und diverser Vergehen beschuldigt. Die Familie flüchtete schließlich 2008 nach Österreich, nach Scharnitz in Tirol. Aus dieser Zeit gibt es etliche positive „Charakteristika“ über die Familie und Arbeitsbestätigungen. Die Integration ist dort gut gelungen. Herr K. und seine Frau arbeiteten ständig. (http://www.youtube.com/watch?v=2-elFW90b1s)
Nach der negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes am 19. Jänner 2011 flüchtete die Familie in panischer Angst vor der Abschiebung am 11. Februar 2011 nach Wien. Der Antrag auf humanitäres Bleiberecht wurde am 23.05.2011 gestellt.
Trotz des laufenden Verfahrens und der drohenden Gefahren in Russland für die Familie wurde die Familie am 20.2.2013 verhaftet und am nächsten Tag nach Moskau abgeschoben.
Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage:
1. Wie viele Asylwerberlnnen haben 2012 und 2013 einen Antrag auf humanitäres Bleiberecht gestellt?
a. Wie viele davon wurden positiv entschieden und mit welcher Begründung?
b. Wie viele davon wurden negativ entschieden und mit welcher Begründung?
2. Wie viele der AntragstellerInnen auf humanitäres Bleiberecht waren aufgeschlüsselt jeweils für 2012 und 2013 Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit?
a. Wie viele davon wurden positiv entschieden und mit welcher Begründung?
b. Wie viele davon wurden negativ entschieden und mit welcher Begründung?
3. Am 21. Februar 2013 wurde die tschetschenische Familie K. nach Moskau abgeschoben, obwohl bekannt war, dass Herrn K.s Leben bedroht ist, da er im ersten und zweiten Tschetschenienkrieg die Widerstandskämpfer unterstützte. Warum wurde die Familie dennoch während des laufenden Verfahrens auf humanitäres Bleiberecht abgeschoben?
4. Warum wurde die gute Integration der Familie, ihre guten Deutschkenntnisse und das Vorliegen einer Einstellungszusage eines Arbeitgebers für Herrn K. und Frau K. im Verfahren nicht berücksichtigt?
5. Eine minderjährige Tochter der Familie wurde nicht abgeschoben, somit die Familie auseinandergerissen und ein minderjähriges Mädchen allein in Österreich zurückgelassen. Ist diese Vorgehensweise im Einklang mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens?
a. Wenn nein, warum wurde dennoch so vorgegangen? Wie wird wieder ein rechtskonformer Zustand hergestellt?
6. Der Europäische Menschengerichtshof hat Österreich bereits wegen der Abschiebung eines tschetschenischen Asylwerbers gerügt (CASE OF I.K. v. AUSTRIA, Application no. 2964/12), da im Falle der Abschiebung gegen das in der Menschenrechtskonvention verankerte Folterverbot verstoßen wird, da der Betroffene einem realen und persönlichem Risiko in Russland ausgesetzt wäre. Die Familie K. ist ebenfalls einem realen und persönlichen Risiko in Russland ausgesetzt. Warum wurde sie trotz Urteils des Europäischen Menschengerichtshofes abgeschoben?
7. Wird das zitierte Urteil des Europäischen Menschengerichtshofes Auswirkungen auf Verfahren betreffend aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige haben?
a. Wenn nein, warum nicht?
8. Wird das zitierte Urteil des Europäischen Menschengerichtshofes Auswirkungen auf Verfahren betreffend Schutz des Privat- und Familienlebens haben?
a. Wenn nein, warum nicht?