14686/J XXIV. GP

Eingelangt am 03.05.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend neue Staatsbürgerschaftsprüfung, alte Probleme

BEGRÜNDUNG

 

Gleichzeitig mit den derzeit geplanten geringfügigen Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz soll auch die umstrittene und in den letzten Jahren stark kritisierte Staatsbürgerschaftsprüfung neu geregelt werden.  Auch wenn die am 24.4.2012 der Öffentlichkeit präsentiere Lernunterlage verglichen mit der bisher gültigen und in weiten Teilen fachlich inakzeptablen Unterlage große Änderungen beinhaltet, bleiben massive Probleme wie das des verglichen mit den offiziellen Sprachanforderungen zu hohen Sprachniveaus und der fragwürdigen Grundhaltung, Staatsprinzipien durch Einbürgerungstests vermitteln zu wollen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1. Das Staatsbürgerschaftsgesetz verlangt von EinbürgerungswerberInnen Kenntnisse der deutschen Sprache auf Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. In weiten Teilen der „neuen“ Lernunterlage findet sich allerdings – wie auch in der bisherigen Lernunterlage – ein Sprachniveau , das das für die Einbürgerung verlangte B1 Niveau deutlich überschreitet. Warum?

 

2. Wie sollen EinbügerungswerberInnen die Lernunterlage verstehen und benützen können, wenn diese sprachlich das von ihnen verlangte Sprachniveau überschreitet?

 

3. Was waren die Überlegungen, ein so hohes Sprachniveau für die Unterlage zu verwenden?


4. Welche Sprach- und Deutsch als Fremdsprache-ExpertInnen konkret wurden bei der Erstellung der Lernunterlage zu Rate gezogen?

 

5. Hat sich das Innenministerium bzw das Staatssekretariat bei der Erstellung der Unterlage die Ratschläge und Formulierungsvorschläge dieser ExpertInnen berücksichtigt. Wenn ja, was waren diese bezüglich des verwendeten Sprachniveaus angesichts der klaren B1-Erfordernisse des Gesetzes? Wenn nein, warum nicht?

 

6. Wurde die bisherige Lernunterlage bzw die Staatsbürgerschaftsprüfung jemals von externen ExpertInnen einer Evaluierung unterzogen, was ihre Effektivität und allfällige Resultate in Hinblick auf Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben betrifft? Wenn ja, wann, von wem und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht?

 

7. Über die österreichische Identität heißt es in der Lernunterlage: "Weil es den Menschen wirtschaftlich immer besser ging, glaubten nun auch viele an die Zukunft Österreichs. Das trug dazu bei, dass eine österreichische Identität entstand, die heute selbstverständlich ist". Von wem stammt dieser recht laienhaft wirkende Erklärungsversuch der österreichischen Identität?

 

8. Im Kapitel 8 der Unterlage - "Das moderne Österreich" - heißt es über die Zeitspanne zwischen 1950 und 1970: "Viele Menschen zogen vom Land in die Städte. Und viele Arbeitskräfte kamen aus dem Ausland nach Österreich". Warum wird die von der Bundesregierung bzw. den Sozialpartnern initiierte und organisierte Arbeitskräfteanwerbung - auch "Gastarbeiterabkommen und -anwerbung" genannt - mit keinem Wort erwähnt, sondern so getan, als hätten sich die ArbeitsmigrantInnen wie von selbst und ohne bewusste Mobilisierung durch die österreichische Bundesregierung bzw. die Sozialpartner auf den Weg nach Österreich gemacht?

 

9. Im Kapitel "Österreich als Rechtsstaat" wird u.a. mit Tabellen erläutert, dass es z.B. im Zivilverfahren drei Instanzen gibt: "Bezirksgericht > Landesgericht > Oberster Gerichtshof oder Landesgericht > Oberlandesgericht > Oberster Gerichtshof". Wie viel Prozent der österreichischen Bevölkerung wissen Ihren Informationen nach um diese Details des Instanzenzuges?

 

10. Wurde die Lernunterlage vor ihrer Publikation in Hinblick auf das in ihr verwendete Sprachniveau evaluiert, da sie noch immer Fachvokabular enthält, das über dem für die Einbürgerung geforderten B1-Niveau liegt?

 

11. In der Unterlage wird von tragenden Verfassungsprinzipien wie z.B. Rechtsstaat berichtet. Gleichzeitig wird das mit den gelebten Werten gleichgesetzt. Ist es gewollt, dass dadurch bei den LeserInnen der Unterlage der Eindruck eines idealisierten Österreichs entsteht?