14781/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.05.2013
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner und Dr. Walter Rosenkranz

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend       Gedenktafel für den kommunistischen Diktator Josef Wissarionowitsch Stalin in 1120 Wien, Schönbrunner Schloßstraße 30

 

Auf der Außenfassade der Liegenschaft 1120 Wien, Schönbrunner Strasse 30 befindet sich eine Ehrentafel für den kommunistischen Diktator Josef Wissarionowitsch Stalin (eigentlich Dschugaschwili); geboren 1878, verstorben 1953. Unter dem Porträt des Diktators befindet sich die Inschrift: "In diesem Haus wohnte im Jänner 1913 J. W. Stalin. Hier schrieb er das bedeutende Werk 'Marxismus und nationale Frage'." Anfragegegenständliche Person war von 1922 bis 1952 Generalsekretär des Zentralkomitees der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU), ab 1941 Vorsitzender des "Rates der Volkskommissare" sowie ab 1946 Vorsitzender des "Ministerrates der UdSSR".

Das Regime des Josef W. Stalins ist ob seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit und millionenfachen Mordes aus politischen, sozialen und religiösen Gründen in der Weltgeschichte einzigartig. Stalins Biograf Dimitrij Wolkogonow, Generaloberst der "Roten Armee" sowie Professor für Philosophie und Historiker, 1985 – 1991 war er Direktor des "Instituts für Militärgeschichte des Verteidigungsministeriums der UdSSR", schätzt, dass 1929 bis 1953 19,5 bis 22 Millionen Menschen durch die stalinistischen Säuberungen zu Tode kamen. Diese Zahlen werden von allen international anerkannten Historikern bestätigt. Neben politischen "Säuberungen" (etwa "Großer Terror" 1937-1938) kam es zu ethnischen "Säuberungen" unvorstellbaren Ausmaßes u.a. an Deutschen, Esten, Letten, Polen, Bulgaren, Rumänen, Griechen, Mazedoniern, Chinesen und Persern.


Für überlebende Opfer des Stalinismus und deren Nachkommen stellt die von der "Kommunistischen Partei Österreichs" (KPÖ) gewidmete Gedenktafel in Wien-Meidling – sie wurde zu Stalins 70. Geburtstag (1948) feierlich enthüllt – seit Jahrzehnten eine weitere Demütigung und Verharmlosung der einzigartigen Verbrechen dar. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass auch die Nachkommen der Opfer häufig an einer durch ihre familiär bedingte Sozialisation weitergegebenen Traumatisierung leiden. Im Jahr 2012 wurde lediglich eine Zusatztafel angebracht, die ganz allgemein auf die "Verbrechen des Stalinismus" hinweist. Für die Opfer des Stalinismus ist dies eine Verhöhnung, für Österreich und seine "international gerühmte Gedenkkultur" ein Schandfleck.

Bisherige politische Bemühungen, sich für eine Demontage der Ehrentafel einzusetzen, scheiterten. Von der SPÖ-Wien wurde dabei auf den "Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich" (BGBl 1955/152), Artikel 19 (Kriegsgräber und Denkmäler) – und damit auf eine völkerrechtliche Erhaltungspflicht –, verwiesen. Darin heißt es:

1. Österreich verpflichtet sich, die auf österreichischem Gebiet befindlichen Gräber von Soldaten, Kriegsgefangenen und zwangsweise nach Österreich gebrachten Staatsangehörigen der Alliierten Mächte und jener der anderen Vereinten Nationen, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden, zu achten, zu schützen und zu erhalten; desgleichen die Gedenksteine und Embleme dieser Gräber sowie Denkmäler, die dem militärischen Ruhm der Armeen gewidmet sind, die auf österreichischem Staatsgebiet gegen Hitler-Deutschland gekämpft haben.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

Anfrage:

 

1.       Sind sie – insbesondere unter Berücksichtigung des Wortlautes der Tafel – der Meinung, dass es sich bei anfragegegenständlicher Ehrentafel um ein "Denkmal" im Sinne des Staatsvertrages von 1955 handelt, das dem "militärischen Ruhm der Armeen gewidmet" ist, "die auf österreichischem Staatsgebiet gegen Hitler-Deutschland gekämpft haben"?

 

2.       Falls nein, sind Ihnen andere internationale, völkerrechtliche oder staatsvertragliche Bestimmungen bekannt, die gegen eine Entfernung der anfragegegenständlichen Ehrentafel sprechen?

 

3.       Sind Sie bereit, bereit bei der Russischen Föderation als Rechtsnachfolgerin des Signatarstaates UdSSR um die Genehmigung zur Entfernung der Ehrentafel anzusuchen?

 

4.       Wenn nein, warum nicht?