14795/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.05.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Stefan Markowitz

und Kollegen

 

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend 25 Euro abheben ohne PIN

 

 

Seit März 2013 führen die größten Banken in Österreich durch eine konzertierte Aktion neue Bankomat-Karten ein, welche mit einem s.g. NFC-System ausgestattet sind. Dieses System ermöglicht die PIN-Code-lose Bezahlung indem man die Karte, welche mit einer Antenne ausgestattet ist an einer Supermarkt-Kasse an einem Ablesegerät „vorbeibewegt“. Die Erklärung hierfür ist, dass sich durch die PIN-Eingabe längere Warteschlangen an den Kassen bilden und diese neue Karte die „Abfertigung“ des Kunden beschleunigen soll. Dies soll den Bezahlvorgang von derzeit etwa 30 Sekunden auf fünf Sekunden reduzieren.

 

Die neue NFC-Technologie wurde auf Initiative der EU und der Banken sowie einiger Konzerne in Österreich eingeführt. Eindeutig handelt es sich dabei um die Einführung einer neuen Transaktionsform bzw. eines neuen Zahlungsmittels.

 

Jetzt können bis zu 25 Euro ohne Code kontaktlos bezahlt werden – und das bis zu zehn Mal am Tag! Still und heimlich wurde dieser Wandel am heimischen Zahlungsmarkt vollzogen. Begonnen hat diese Umstellung bereits bei der Erste Bank und den Sparkassen mit der Ausstellung von Bankomatkarten, die über einen sogenannten RFID-Chip verfügen.

 

Höhere Kosten für den Kunden bei der Kartenausgabe durch die Banken sind nicht ausgeschlossen, wie der Geschäftsführer von Payment Services Austria (PSA), Rainer Schamberger in einer Aussendung selbst mitgeteilt hat.
Die PIN-freie Bezahlweise basiert auf der sogenannten "near field communication"-Technologie ("NFC"). Die neue Bezahlform für kleine Beträge werde vor allem für jene attraktiv, die es bisher als umständlich empfanden, für kleine Beträge die Karte ins Lesegerät zu stecken, den PIN einzutippen und deshalb eher bar bezahlten, so argumentiert  Payment Services Austria (PSA).

 

Aus der Sicht des Konsumentenschutzes ist diese Einführung besonders verwerflich und eine Nichtbeachtung der Menschen, die sich so eine Art der Bezahlung nicht leisten können.

 


Auf breiter Basis wurde vor dieser Einführung keine politische Diskussion durchgeführt, insbesondere von Konsumentenschutzminister Hundsdorfer wurde

Ø  weder gewarnt

Ø  weder informiert

Ø  noch wurden von ihm oder der Finanzministerin Fekter irgendwelche Handlungen gesetzt, welche die Menschen auf die Einführung solcher „Innovationen“ vorbereiten und ihnen WAHLMÖGLICHKEITEN eröffnen.

 

Das Ergebnis dieser Politik stellt sich folgendermaßen dar:

Die Hemmschwelle einzukaufen sinkt weiter.

 

Anrufe bei drei Psychologen – unabhängig voneinander – zeigt eine Gemeinsamkeit auf. Diese Möglichkeit der Bezahlung senkt die Hemmschwelle zum Konsum und zum Kauf. Das ist kein Problem für Menschen, die es sich leisten können ABER: Menschen, die grundsätzlich mit kleinen Beträgen zahlen und die hier verleitet werden rascher einkaufen zu können, sind meist eines – arm!

 

Das sind die Zahlen und Daten aus drei aktuellen Jahresberichten der Schuldnerberatung

Ø  Im Jahr 2011 fanden allein in der Schuldnerberatung Wien insgesamt 20.171 Beratungsgespräche statt. Die Medianverschuldung aller Kunden betrug dabei rund 40.000 €!

Ø  Die Schuldnerberatung Niederösterreich verzeichnete 2011 eine Steigerung bei Schuldenregulierungsverfahren um 20 %. So viele Verfahren in einem Jahr wurden seit Bestehen der Einrichtung noch nie betreut!

Ø  Oberösterreich: Fast 47.000 Ratsuchende haben sich seit der Gründung (1991) an die Schuldnerberatung OÖ gewendet. Die Anzahl der wieder aufgenommenen Fälle steigt.

Fast jeder fünfte Ratsuchende ist unter 25. Bei mehr als einem Viertel davon haben die finanziellen Probleme vor dem 18. Lebensjahr begonnen, bei weiteren 59 % zwischen 18 und 20 Jahren (FH-Linz, Jugendstudie). Beratung, Prävention und Gesetzgebung sind gefordert.

 

Das sind die weiteren Folgen:

Diebstahl – insbesondere bei älteren Menschen ein großes Problem!
Geht die Karte verloren oder wird sie gestohlen, wird es künftig also noch wichtiger, die Karte umgehend sperren zu lassen. Schließlich können Beträge bis 25 Euro und das 10 Mal pro Tag prinzipiell von jedermann ohne PIN bezahlt werden. Besonders ältere Menschen merken erst nach einigen Tagen dass die Geldtasche fehlt, zu oft denken sie sie hätten diese einfach nur „verlegt“.

 

Diebstahl – auch in der Familie – die Seite des „Schweigens“

Die Zahl der Familien wo am Ende des Geldes noch sehr viel „Monat“ übrig ist, ist hoch!

Laut Statistik Austria gelten in Österreich 17% der Bevölkerung oder 1,4 Millionen Menschen als ausgrenzungsgefährdet nach Definition der Europa 2020-Strategie. Sie sind entweder armutsgefährdet oder erheblich materiell depriviert oder leben in einem Haushalt mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität. Gerade der Konsumdruck, dem Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind, lässt Wünsche oftmals stärker werden als die Vernunft.

Die Möglichkeit sich die Karte von Eltern oder Großeltern „schnell auszuborgen“ ist ein Problem dass hier einfach bewusst nicht angesprochen wird.

 

Diebstahl – unter Jugendlichen – sozialer Druck

Jugendliche, Schüler, Lehrlinge ab 14 Jahren die eine Bankomatkarte besitzen – wie oft werden diese für Freunde „mitzahlen“?

 


Unsere Kritik

Ø  Hier hat jede Form der Prävention oder präventiven Kommunikation von Seiten der Regierungsverantwortlichen versagt.

Ø  Wir vom Team Stronach werfen der Bundesregierung vor, hier nicht gehandelt und informiert zu haben.

Ø  Die zuständigen Minister waren nicht da und haben offensichtlich kein Interesse an ihrer Arbeit.

 

Wer profitiert?

Die PSA ist Tochter heimischer Banken und für die Abwicklung des Bankomaten- und Bankomatkartengeschäfts zuständig.

Laut ihren Angaben ist die Anzahl der Bankomaten in Österreich im vergangenen Jahr laut PSA um ein Prozent auf 7.765 Stück gestiegen. Die Zahl der ausgegebenen Bankomatkarten erhöhte sich im selben Zeitraum um 3,1 Prozent auf 8,6 Mio. Karten.

 

Damit besitzt jeder Österreicher über 15 Jahre statistisch gesehen 1,2 Karten. Das Volumen der 508 Mio. Transaktionen 2012 (plus 6,8 Prozent zu 2011) kletterte im Vorjahr um 6,1 Prozent auf 36,2 Mrd. Euro. Im Jahr 2012 wurden Transaktionen von rund 508 Mio. durchgeführt, was einem Plus von 6,8 Prozent gegenüber 2011 entsprach. Das ist aber offensichtlich nicht genug.

 

Also was steckt tatsächlich dahinter?

Zusammen mit der 500-Euroschein-Abschaffungsdiskussion, den Barzahlungs-einschränkungen in Italien, dem Bankkontozwang für Jedermann in der EU und der Bargelddiskussion in Schweden sorgt auch die Einführung der neuen Zahlungsform für Unruhe in der Bevölkerung und für eine Befürchtung bezüglich eines bewussten Zurückdrängens von Bargeld. Dieses ist eine letzte Bastion der Bürgerfreiheit und seine Verwendung darf nicht einfach so unter der aktiven Mithilfe des Staates  zurückgedrängt werden. „Die Währung ist auch die Identität eines Landes, eines Wirtschaftsraumes. Wir haben kein Interesse an einem Österreich ohne Bargeld – ob es Euro oder Schilling heißt!“

 

Zu dieser Einführung einer neuen Transaktionsform bzw. eines neuen Zahlungsmittels erwarten wir vom Team Stronach eine transparente Diskussion, wobei auch die Rücknahme dieser „25 Euro abheben ohne PIN“-Variante zu diskutieren ist. Jedenfalls ist klar, niemand darf ohne ausdrückliche Zustimmung so eine Karte automatisch bekommen!

 

Wir haben kein Interesse an einem Österreich ohne Bargeld und einer Entmündigung der Österreicher durch die Bundesregierung, durch die EU oder diverse Abkommen.

 

Der Staat, im Fall Österreichs die Bundesregierung und die EU, haben den Bürgern zu dienen und nicht umgekehrt.

 

Die Österreichische Regierung hat dafür zu sorgen dass die Menschen

Ø  genug zu essen

Ø  ein Dach über dem Kopf

Ø  und Arbeit haben

 

Wir vom Team Stronach haben weder Interesse an einem gläsernen Bürger noch an einer bargeldlosen Zukunft.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Inneres nachstehende

 


ANFRAGE:

 

1.    Haben Sie in Ihrer Ministerverantwortung Maßnahmen getroffen um die Bevölkerung zu informieren? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

 

2.    Die Bankomatkarte wird von den meisten Nutzern neben der Kreditkarte und verschiedenen anderen Karten in der Brieftasche aufbewahrt.

a.    Handelt es sich bei dieser neuen Karte jetzt um eine Karte die noch sicherer aufbewahrt werden muss?

b.    Wenn ja, wie sollen diese Ihrer Meinung nach im täglichen Leben (Haushalt, Schule, Arbeitsplatz) verwahrt werden um diese

·    vor Diebstahl

·    vor dem Zugriff Dritter

zu schützen, oder ist Ihrer Meinung nach KEINE gesonderte Aufbewahrung erforderlich, wenn ja, warum?

 

3.    Auch lässt die Benutzung der Bankomatkarte bei Einkäufen einen leichten Rückschluss auf das individuelle Kaufverhalten des jeweiligen Konsumenten zu.

a.    Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

b.    Wird der Konsument immer stärker zum gläsernen Menschen? Wenn nein, wie begründen Sie diese Meinung?

 

4.    Bedarf es einer parlamentarischen Entscheidungsgrundlage um solch eine neue Zahlungstechnologie einzuführen? Wenn ja, wann wurde diese Entscheidung getroffen? Wenn nein, warum nicht?

 

5.    Im Zusammenhang mit der Abschaffung von € 500-Scheinen und der Forderung nach einem Girokonto für alle stellt diese Karte einen weiteren Schritt zur Errichtung einer bargeldlosen Gesellschaft dar. Welche Position vertreten Sie gegenüber dem Zahlungsmittel „Bargeld“ und ist eine Abschaffung/Zurückdrängung desselben geplant? Wenn ja, warum und in welcher Form?

 

6.    Sollte es aus Europa ein Drängen oder Tendenzen zu einer „bargeldlosen Gesellschaft“ geben, wie wird sich die Republik Österreich verhalten?

 

7.    Die Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern funktionieren mit der gleichen Basistechnologie. Diese sind daher prädestiniert, missbraucht zu werden. Erklären Sie bitte, wie sichergestellt wird, dass solche Barrieren nicht missbräuchlich verwendet werden können.

 

8.    Können Sie generell ausschließen, dass die österreichischen Bankkunden bzw. Kartenhalter mit dieser NFC-Übertragung bestohlen werden. Wenn zum Beispiel durch vorbeigehende Personen, welche Lesegeräte mit sich führen, im Gedränge von Kaufhäusern und öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu 25 € abgebucht werden können?