14869/J XXIV. GP
Eingelangt am 22.05.2013
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Anfrage
der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Justiz
betreffend Verfahrensstand zum Untersuchungsgegenstand Inserate staatsnaher Unternehmen
Am 8. November 2012 beantworteten Sie in einer Sondersitzung des Nationalrates eine Dringliche Anfrage zum Stand der Verfahren in den vom Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen behandelten Themenbereichen. Nach dem nunmehr ein halbes Jahr vergangen ist wird diese Anfrage nach dem Verfahrensstand aktualisiert.
In derselben Sondersitzung vom 8. November 2012 brachten die Grünen ihren Bericht zu den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses als parlamentarischen Entschließungsantrag ein. Als Grundlage für die Beantwortung werden im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Bericht zum Beweisthema 4 – Inserate staatsnaher Unternehmen nochmals kurz zusammengefasst:
Zusammenfassung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses auf Basis des Berichts der Grünen an den Nationalrat zum Beweisthema 4 – Inserate staatsnaher Unternehmen
Im Herbst 2012 beschäftigte sich der Untersuchungsausschuss mit den Fragen: Hat Werner FAYMANN in seiner Zeit als Verkehrsminister beziehungsweise haben seine Mitarbeiter im Kabinett direkt Inserate in Tageszeitungen beauftragt, für welche staatsnahe und vom BMVIT abhängige Betriebe wie ÖBB oder ASFINAG in der Folge die Kosten übernehmen mussten? Handelte es sich dabei um Einzelfälle oder um eine systematische Vorgehensweise? Und sollte so das Wohlwollen der Medien für den Minister gekauft werden?
Mit Faymann als Verkehrsminister bekamen Werbeeinschaltungen und Medienkooperationen von ÖBB und Asfinag neue Dimensionen: „Das BMVIT wünsche nunmehr, dass die Werbung stärker in Erscheinung treten solle und wir unsere Leistungen besser in die Öffentlichkeit transportieren sollen,“ meinte ein Verantwortlicher in der Asfinag. Medienvertreter, insbesondere Anzeigenverkäufer traten direkt an das Kabinett FAYMANN heran und legten dort Angebote bezüglich diverser Werbeeinschaltungen. So kontaktierten die Anzeigenleiter der diversen Printmedien meist nicht direkt Asfinag und ÖBB, sondern wurden vom Kabinett weitergeschickt.
1. ÖBB
Bereits zu FAYMANNs Zeit als Wohnbaustadtrat erschienen in der Kronen Zeitung Artikelserien unter dem Titel „Der direkte Draht zum Stadtrat“. Darin kommentierte FAYMANN aktuelle Bauprojekte der Stadt Wien und versuchte als „Mieter-Ombudsmann“, Wohnungsprobleme zu lösen. Zum Zeitpunkt seines Antritts als Verkehrsminister, so behauptet FAYMANN, befand sich das Image der ÖBB auf einem Tiefstand. Um diese Situation zu verbessern führte FAYMANN Gespräche mit diversen Medienfachleuten, darunter auch mit Hans Dichand, dem Herausgeber der „Kronen Zeitung“. Bei diesem Gespräch wurde über die grundlegende Struktur der Artikelserien geredet: Es sollten 14-tägig Doppelseiten erscheinen, in denen grundsätzliche Informationen zu verkehrspolitischen Themen vermittelt wurden, ergänzt mit einem Kästchen, in dem FAYMANN Antworten auf Beschwerden gab. Laut FAYMANN wurde nicht über geplante Kosten oder Finanzierung geredet.
FAYMANN informierte bei einer Werksbesichtigung in Simmering kurz nach seinem Amtsantritt den ÖBB-Generaldirektor Martin HUBER darüber. Dieser zeigte sich ebenfalls interessiert und zuversichtlich, dass damit das Image der ÖBB verbessert werden könnte. HUBERs prinzipielles Einverständnis reichte in weiterer Folge offenbar aus, um noch im Jänner 2007 die Kampagne in der „Kronen Zeitung“ zu starten. Vom Erscheinen und dem für die ÖBB negativen Grundtenor der ersten Reportage am 26. Jänner 2007 in der „Kronen Zeitung“ wussten die ÖBB-Verantwortlichen vorher nichts. Sie wurden quasi mit der Schlagzeile „Die vielen Sorgen der Bahnfahrer!“ und dem Hinweis auf das „‚Krone’-Leser-Forum mit Minister Faymann“ überrumpelt. Im Ministerium wurden die Vertreter der ÖBB drei Tage später darüber informiert, dass nun vierzehntägig eine Doppelseite mit Kundenbeschwerden erscheinen werde. Über die Bezahlung wurde nicht gesprochen.
Ab Juli 2007 trafen Rechnungen und Kostenvorschläge für die Medienkooperationen mit der „Krone“ bei den ÖBB ein, in Summe 500.000 Euro netto; der Antrag im ÖBB-Vorstand, mit dem die Finanzierung der Kampagne in dieser Höhe beschlossen wurde, erfolgte dagegen erst im September 2007, also ein halbes Jahr später.
Die umfangreiche inhaltliche Gestaltung der Inserate erfolgte nicht alleine durch „Krone“-Journalistinnen und Journalisten oder BMVIT-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern wurde zu einem Großteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB erledigt, die aber nur drei Leasingkräfte vom Ministerium bezahlt erhielten.
Einer der zentralen Punkte der Diskussion um die „Krone“-Kampagne und insbesondere auch im Strafverfahren war, wem die Inserate primär nutzten. Stellte das „Negative Campaigning“, bei dem zuerst Probleme aufgezeigt wurden und erst nach einem halben Jahr zunehmend positive Artikel erschineen, eine adäquate Werbestrategie für die ÖBB dar? Oder halfen die Inserate in erster Linie FAYMANN, der sich als „Retter der ÖBB“ positionieren konnte? Falls die zweite Frage mit „Ja“ beantwortet werden kann, stellt sich die Frage nach einer Beteiligung des BMVIT an den Inseratenkosten. Über weite Strecken dominierte das „Negative Campaigning“! Ein Gutachten verwies auf die fehlende Wirkungsanalyse.
Ein weiteres Beispiel für vom Ministerium veranlassten Werbungen auf Kosten der ÖBB war das Heft zum Wiener Südbahnhof, das am 21. Juni 2007 als Beilage zum „News“ erschien. Dafür wurde seitens des Ministeriums ein Betrag von 58.000 Euro zugesagt, der allerdings vom BMVIT nicht bezahlt und letztendlich ein Jahr später den ÖBB verrechnet wurde. Weitere derartige Beispiele fanden sich im „VOR-Magazin“ und „Österreich“.
2. ASFINAG
Erscheint es in mancher Hinsicht durchaus sinnvoll, dass die ÖBB um Kundinnen und Kunden werben, schließlich zahlt jeder Fahrgast Geld für seine Fahrkarte, so gibt es keinen plausiblen PR-Grund, dass eine Autobahn-Gesellschaft wie die Asfinag Anzeigen in größerem Umfang schaltet. Die Nutzung von Schnellstraßen und Autobahnen hängt von anderen Umständen ab. Nichts desto trotz wurde die Asfinag vom Kabinett Faymann zu einem erheblichen Anzeigevolumen verpflichtet, Die oben bereits behandelte Kooperation des BMVIT beziehungsweise der ÖBB mit der „Kronen Zeitung“ brachte offenbar auch andere Zeitungsherausgeber auf den Gedanken, dass hier lukrative Schaltungen gewonnen werden könnten. Ein Ergebnis dieser Bemühungen sind mehrere Beilagen zur Tageszeitung „Österreich“ unter dem Titel „Innovativ“. Diese wurden ebenfalls im BMVIT vereinbart, und wurden jeweils von einem der im Einflussbereich des BMVIT stehenden Unternehmen bezahlt. Diese zahlten dabei doppelt: Neben den Advertorials waren auch noch Inserate zu schalten, die gesondert verrechnet wurden.
Die Rechnung für die erste „Innovativ“-Beilage über 164.160 Euro wurde am 16. Oktober 2007 an die ASFINAG gestellt. Bemerkenswert an dem Vorgang ist, dass das Angebot für eine 16-seitige Beilage erst am Tag vor dem Erscheinen der Beilage an die ASFINAG übermittelt wurde. Zu diesem Zeitpunkt musste die Herstellung der Beilage de facto schon abgeschlossen sein. Es ist also zu vermuten, dass dieses Angebot und eine allenfalls darauf beruhende Bestellung nicht der Auslöser für die Herstellung der Beilage gewesen sein kann. Ein Aktenvermerk wies auf Abschluss und Vereinbarung durch das Kabinett FAYMANNhin. Die Beauftragung von Inseratenschaltungen durch FAYMANN und sein Kabinett wurde auch in der ASFINAG-Vorstandssitzung vom 21. August 2007 thematisiert und es wurde die interne Revision eingeschaltet.
Die zweite „Innovativ“-Beilage erschien unter dem Titel „Datenhighway Österreich“ und beschäftigte sich mit E-Government und Informationstechnologie. Erscheinungstermin war der 11. Oktober 2007, Kostenpunkt für die ASFINAG waren 88.200 Euro. Dabei musste die ASFINAG quasi darum „bitten“, vom BMVIT rechtzeitig über Medienkooperationen informiert zu werden.
Auch bei weiteren Kooperationen zwischen „Österreich“ und dem BMVIT ist bemerkenswert, dass der Kabinettschef des BMVIT der ASFINAG mitteilte, ob bestimmte Veranlassungen im Inseratenbereich zu treffen sind, oder eben nicht.
Diverse Kooperationen mit anderen Medien liefen nach ähnlichen Mustern ab. Sei es zum Thema Tunnelsicherheit, „Neue Wege“, „Zukunft Straße“ oder diverse Schaltungen in Medien wie „News“ und „Kronen Zeitung“.
In Summe leistete sich die Asfinag mit den Autofahrergeldern auf Kommando des Faymann Kabinetts einen zweistelligen Millionenbetrag für diverse Anzeigen und Werbeeinschaltungen.
3. Klima- und Energiefonds
Der Klima- und Energiefonds wurde im Juli 2007 errichtet und versteht sich laut eigener Homepage „als Impulsgeber und Innovationskraft für klimarelevante und nachhaltige Energietechnologie.“ Er unterstützt „Ideen, Konzepte und Projekte in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Mobilität, Marktdurchdringung und Bewusstseinsbildung“.
Das Präsidium besteht aus dem Bundesminister für Forst- und Landwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie beziehungsweise jeweils einem von diesen entsandten Vertreter, es entscheidet über die Förderung von Projekten ebenso wie über die Verwendung des Fondsvermögens und das Jahresprogramm. Inseratenschaltungen gehören nicht zu seinem Aufgabenbereich. Dafür wurde er jedoch von den zuständigen Ministerien missbraucht.
Der Rechnungshof überprüfte den Klima- und Energiefonds in seinem Bericht Bund 2011/4 und machte dabei auf Inseratenvergaben aufmerksam:
„Für drei Inseratenkampagnen, die von den im Fondspräsidium vertretenen Bundesministerien ausgingen, übernahm der Fonds nachträglich die Kosten von insgesamt 564.000 EUR. Die Bewerbung der Photovoltaikförderung war wegen der ohnedies großen Nachfrage nicht zweckmäßig.“
Nikolaus BERLAKOVICH, der Bundesminister für Forst- und Landwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, war in den von diesem Ressort beauftragten Inseraten mit Foto abgebildet. Außerdem kritisierte der Rechnungshof, dass die Einschaltungen auf Grund der hohen Nachfrage nach den beworbenen Förderungen nicht nötig gewesen wären.
In den Unterlagen des Untersuchungsausschuss finden sich auch die Rechnungen zu den Kampagnen, die der Rechnungshof kritisierte. Handschriftliche Vermerke darauf sind besonders interessant. Auf den Rechnungen vom 30. und 31. Juli 2009 finden sich für die erste der oben genannten Kampagnen die Vermerke „gem. Weisung Präsidium“, „Dieser Auftrag wurde nicht vom Klimafonds durchgeführt“ und „Mit der Agentur Vorauer, friends bestehen keine Geschäftsbeziehungen. Bitte das Nötige abklären!“ Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auch in diesem Fall der Auftrag vom Ministerium erteilt wurde und der Klima- und Energiefonds nicht darüber informiert war, dass er die Kosten dieser Kampagne zu tragen hatte.
Auch das BMVIT, zu diesem Zeitpunkt unter der Leitung von Doris BURES, schaltete im Jahr 2009 eine Inseratenkampagne, deren Kosten in der Höhe von 297.000 Euro der Klima- und Energiefonds übernahm.
Der Rechnungshof kam bei allen Kampagnen zu einem klaren Fazit: „Der RH wies darauf hin, dass sich die Rolle des Fonds, insbesondere im Falle der Inseratenkampagne des BMLFUW, auf die nachträgliche Übernahme der Kosten beschränkt hatte.“ Und so stieg das Inseratenvolumen des Klima-Fonds 2011 auf mehr als eine Million Euro, völlig konträr zur gesetzlichen Aufgabenstellung.
Die Aufarbeitung dieses Themas im Untersuchungsausschuss wurde durch die geringe Anzahl an geladenen Zeugen deutlich erschwert. Zudem ist anzumerken, dass seitens der Regierungsparteien in erster Linie der Ladung von Entlastungszeugen zugestimmt wurde, nicht aber jener Personen, die vor der Staatsanwaltschaft teils schwere Vorwürfe gegen FAYMANN, OSTERMAYER und andere erhoben. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch die unterbliebene Ladung von Werner FAYMANN zu erwähnen, der selbst öffentlich erklärt hatte, für Auskünfte dem Untersuchungsausschuss gerne zur Verfügung zu stehen, dessen Ladung jedoch durch die SPÖ Fraktion blockiert wurde.
Inhaltlich konnten die Untersuchungen die bestehenden Verdachtslagen hinsichtlich der Weisung zu Inseratenschaltungen an staatsnahe Unternehmen deutlich verstärken. Es zeigte sich, dass Werner FAYMANN jenes System des versuchten Kaufs der veröffentlichten Meinung durch breite Inseratenkampagnen, das er bereits in Wien als Wohnbaustadtrat entwickelt haben dürfte, seit seiner Tätigkeit in der Bundesregierung auch dort eingeführt hat. Das FAYMANN-Prinzip „Der Minister kauft, das Unternehmen zahlt“ hat Nachahmer gefunden. Andere Minister, wie insbesondere Nikolaus BERLAKOVICH, sind seinem Beispiel gefolgt und haben mittlerweile FAYMANNs Praktiken übernommen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Sind derzeit Strafverfahren in Zusammenhang mit den vom Untersuchungsausschuss als Beweisthema 4 untersuchten Fällen der Schaltung von Inseraten durch staatsnahe Unternehmen anhängig?
2) Falls ja: wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?
3) Welche Teilaspekte werden strafgerichtlich verfolgt?
4) Gegen wie viele Beschuldigte richten sich diese Verfahren?
5) Wer sind die Beschuldigten?
6) Wegen welcher Straftatbestände werden Ermittlungen geführt?
7) Wie ist der Stand der Verfahren und wann ist mit einer Entscheidung über die Anklageerhebung zu rechnen?