14870/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.05.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Justiz

betreffend Verfahrensstand zum Untersuchungsthema Regierungsinserate

BEGRÜNDUNG

 

Am 8. November 2012 beantworteten Sie in einer Sondersitzung des Nationalrates eine Dringliche Anfrage zum Stand der Verfahren in den vom Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen behandelten Themenbereichen. Nach dem nunmehr ein halbes Jahr vergangen ist wird diese Anfrage nach dem Verfahrensstand aktualisiert.

In derselben Sondersitzung vom 8. November 2012 brachten die Grünen ihren Bericht zu den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses als parlamentarischen Entschließungsantrag ein. Als Grundlage für die Beantwortung werden im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Bericht zum Beweisthema 5 – Regierungsinserate nochmals kurz zusammengefasst:

Zusammenfassung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses auf Basis des Berichts der Grünen an den Nationalrat zum Beweisthema 5 – Regierungsinserate

Der Untersuchungsgegenstand Regierungsinserate litt neben dem Beweisthema „Telekom-Ostgeschäfte“ am meisten unter der von den Regierungsparteien erzwungenen raschen Beendigung des Untersuchungsausschusses. Eine ernsthafte Behandlung der Inseratenpraxis in allen Ministerien seit dem Jahr 2006, wie sie vom Nationalrat einstimmig als Auftrag an den Untersuchungsausschuss beschlossen worden war, hätte nicht nur eine eingehende Aufbereitung der übermittelten Akten sondern auch eine Befragung von Auskunftspersonen aus allen Ressorts sowie von Medien und Agenturen erfordert. Tatsächlich wurden zum Beweisthema 5 jedoch nur 2 Auskunftspersonen geladen, alle weitergehenden Ladungsanträge wurden durch SPÖ und ÖVP abgelehnt. 


Es konnte dieser Bereich daher im Wesentlichen nur exemplarisch am Beispiel des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ansatzweise untersucht werden. Dazu übermittelte der Rechnungshof Unterlagen zur Prüfung der Öffentlichkeitsarbeit im Prüfzeitraum 2006 bis 2011, die zuständigen Minister waren daher Josef PRÖLL (BMLFUW von 28. Februar 2003 bis 2. Dezember 2008) und Nikolaus BERLAKOVICH (seit 2. Dezember 2008). Die zahlreichen Kritikpunkte des Rechnungshofes umfassten:

-         Zukauf von Leistungen vom Agrarischen Informationszentrum AIZ (Vereinsmitglieder: österreichischer Bauernbund und diverse Landesorganisationen) um eine Summe von 460.612 Euro.

-         Hohe Ausgaben des BMLFUW für Schaltungen von Inseraten im Prüfzeitraum 2006 bis 2011: rund 13,01 Millionen Euro. Davon gingen bis zu 15 Prozent, also insgesamt 1.258.949 Euro, an landwirtschaftliche Printmedien. Als Beispiel für landwirtschaftliche Printmedien, an die große Auftragssummen flossen, nannte der Rechnungshof auch die „Österreichische Bauernzeitung“. Hier fiel die direkte und indirekte Beteiligung des Bauernbundes (einer Teilorganisation der ÖVP) an der Zeitung auf. BERLAKOVICH wurde am 2.10.2012 im Untersuchungsausschuss zu den Besitzverhältnissen der Österreichischen Bauernzeitung gefragt und wusste nicht einmal, dass sein eigener Name im Impressum der Zeitung steht. Im Prüfzeitraum flossen 607.361,02 Euro an die Österreichische Bauernzeitung.

-         Der Rechnungshof kritisierte jedoch nicht nur die Häufigkeit, sondern auch den Inhalt der Inseratenschaltungen. Oft war kein konkreter Bezug zu den Aufgaben des BMLFUW feststellbar, beispielsweise wenn allgemeine Werbebotschaften für Bauern („Unsere Bauern bringens“) geschalten wurden. 

-         Häufig war laut Rechnungshofbericht BERLAKOVICH selbst abgebildet: „Bei 94% der Schaltungen in Printmedien im Jahr 2010 in der Gesamthöhte von 2,42 Mill. EUR war ein Foto des Bundesministers (allein oder gemeinsam mit anderen Personen) Bestandteil des Advertorials, Inserats oder bezahlten Beitrags.“  Dadurch kam es, so der Rechnungshof, vor allem zu einem Werbeeffekt für den Minister: „Die intensive Verwendung dieser Fotos erweckte für den RH damit teilweise den Eindruck einer Imagekampagne des Bundesministers. Da die Fotos mitunter einen erheblichen Anteil an der gesamten Schaltung ausmachten, trugen sie wesentlich zu den Gesamtkosen bei und reduzierten den Anteil an einer – allenfalls vorhandenen – sachlichen Information.“

-         Die sündteure Homepage des Ministeriums wurde ohne Ausschreibung an LFRZ (Land-, forst- und wasserwirtschaftliches Rechenzentrum) vergeben: 2006 und 2011 wurden 7.306.259 Euro bezahlt,  für die Jahre 2011 bis 2015 fallen zumindest 4.393.927 Euro an.

-         Zukauf externer Leistungen um rund 1,4 Millionen Euro für die Homepage: Zum Beispiel erhielt das „Bauernjournal West“ für drei Zeitungsseiten pro Woche, die bereits anderwärtig publiziert waren, jährlich bis zu 42.600 Euro und im Prüfzeitraum insgesamt 173.084 Euro.


-         In den Jahren 2006 bis 2011 ergingen jährlich bis zu rd. 63.000 EUR an die Agrarmedia GmbH (Unternehmen des ÖVP-Bauernbundes) für frei verfügbare (!) agrarische Marktberichte für die Webseiten des BMLFUW. Die Marktberichte waren auch auf der Homepage der „Österreichischen Bauernzeitung“ gratis abrufbar.

-         108.000 Euro für den Film „Familie Igel sucht ein Heim“, der keinerlei Bezug zum BMLFUW hat und nur PR-Auftritten der Minister diente.

-         960.339 Euro für Broschüren, die bauernbundnahe Verlage druckten und die teilweise wieder von ebenfalls einer bauernbundnahen Firma um 35.000 Euro entsorgt wurden.

-         Honorare von Fotografen, die den Minister auf Auslandsreisen begleitet haben, in der Höhe von 15.000 EUR ohne Reisekosten.

-         Teure Kommunikationsberatungen und Give-aways.

Nikolaus BERLAKOVICH hat nach diesen Ergebnissen mutmaßlich als Minister Gelder seines Ressorts für verdeckte Parteienfinanzierung missbraucht. Dazu benützte er verschiedene Kanäle:

·        direkte Inserate an die Bauernzeitung als Organ des VP-Bauernbundes;

·        Zahlungen an die Bauernzeitung für Gratis-Content für den Webauftritt des BMLFUW;

·        Zahlungen an eine Firma des Bauernbundes für die Herstellung von Broschüren;

·        Zahlungen an eine weitere Firma des Bauernbundes für die Verteilung, Lagerung und Vernichtungeben dieser Broschüren.

Der Gesamtumfang der verdeckten Finanzierung des Bauernbundes durch BERLAKOVICH liegt im Untersuchungszeitraum bei 2,13 Millionen  Euro.

Aber auch das Bundeskanzleramt ging nicht sparsam um: 2010 wurden 5.397.979,27 Euro für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Informationsarbeit ausgegeben. Dazu kamen noch zahlreiche Inserate: In der „Krone“ gab es während FAYMANNs Amtszeit insgesamt vier 16-wöchige Kampagnen zur Bewerbung der BKA-Servicestellen, bei denen auch FAYMANN selbst immer wieder mit Foto abgebildet wurde. Der Informationsgehalt dieser Inserate – insbesondere jener, auf denen nur eine Telefonnummer und eine Homepage-Adresse stand – war äußerst gering. Es stellt sich daher die Frage, ob die hohen Kosten dafür gerechtfertigt waren. 

In den drei Boulevardzeitungen (Krone, Österreich, Heute) zusammen wurden alleine für diese Kampagnen des Bundespressedienstes Inserate im Gegenwert von 2.169.089,80 Euro geschaltet.  Im Vergleich dazu wurden in den Tageszeitungen „Kurier“, „Standard“ und „Presse“ derartige Inserate um insgesamt nur 204.261,25 Euro inseriert.


Aus zahlreichen parlamentarischen Anfragebeantwortungen wird deutlich, dass auch andere Ministerien ihr Inseratenbudget sehr großzügig gestalteten. Um nur einige Beispiele zu nennen: Das Außenministerium unter ÖVP-Obmann Michael SPINDELEGGER gab im Jahr 2010 exakt 973.700,56 Euro für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Information aus. Das Sozialministerium unter Rudolf HUNDSTORFER gab im selben Zeitraum insgesamt 2.665.563,79 Euro aus. Das Innenministerium unter Maria FEKTER übertraf dies deutlich mit Ausgaben von 3.604.694,34 Euro von Jänner bis Oktober 2010, dicht gefolgt vom Verteidigungsressort unter Norbert DARABOS mit Ausgaben von rund 3,5 Millionen Euro.

 

Eine detailliertere Aufarbeitung verhinderten die Regierungsparteien, deshalb kann kein genauerer Überblick erstellt werden.

Inzwischen verhindert das Medientransparenzgesetz den ärgsten Missbrauch von Steuergeldern zur persönlichen Werbung von Ministerinnen und Ministern.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sind derzeit Strafverfahren in Zusammenhang mit den vom Untersuchungsausschuss als Beweisthema 5 untersuchten Fällen der Schaltung von Inseraten durch Bundesministerien anhängig?

2)    Falls ja: wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?

3)    Welche Teilaspekte werden strafgerichtlich verfolgt?

4)    Gegen wie viele Beschuldigte richten sich diese Verfahren?

5)    Wer sind die Beschuldigten?

6)    Welche Bundesministerien sind von den Ermittlungen betroffen?

7)    Wegen welcher Straftatbestände werden Ermittlungen geführt?

8)    Wie ist der Stand der Verfahren und wann ist mit einer Entscheidung über die Anklageerhebung zu rechnen?