15225/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.06.2013
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ANFRAGE

  

der Abgeordneten Stefan, Herbert

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Anlassfall internationale Datenüberwachung der US-Geheimdienste
 

 

Während die EU sich gerade jetzt mit neuen Richtlinien für den Datenschutz beschäftigt, werden die Daten der europäischen Bürger praktisch durch die Hintertür an die US-Geheimdienste ausgeliefert.
 
Nach dem Nachgeben der europäischen Politiker gegenüber der USA beim Swift-Abkommen, bei der Fluggastdatenspeicherung, usw. und dem damit verbundenen hemmungslosen Datentransfer an die US-Geheimdienste und an die NSA, ist dies jetzt ein weiterer Schritt zur totalen Unterwerfung der europäischen Politik gegenüber dem Willen der US-Regierung. 
 
Die EU hat durch das Swift-Abkommen und durch die Fluggastdatenspeicherung dem NSA eine legale Grundlage für diese in der Bush-Ära begonnene Bespitzelung der Österreicher gegeben. 
 
Durch die aktuellen Berichte sind Einzelheiten über das US-Geheimdienst-Projekt PRISM zu Tage gekommen. Dieses Überwachungsprojekt ermöglicht der NSA und dem FBI unter dem Deckmantel der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung einen Direktzugriff auf die Server verschiedener Internetanbieter. Dadurch haben diese US-Geheimdienstorganisationen weltweit Zugriff und wahrscheinlich auch Kontrolle auf die Daten von Millionen Internetnutzern.
 

Edward Snowden ist ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter, der zuletzt für den Militärgeheimdienst NSA im Einsatz war. Er wolle mit dem Geheimnisverrat die ausufernde Überwachung öffentlich machen, gab er gegenüber dem britischen „Guardian“ an.

 
Mit gutem Gewissen könne er der US-Regierung nicht erlauben, mit einer riesigen Überwachungsmaschine, die geheim aufgebaut werde, die Privatsphäre, die Freiheit im Internet und die einfachen Freiheiten der Menschen auf der ganzen Welt zu zerstören, so Snowden. Das sei eine existenzielle Bedrohung für die Demokratie.

Während sich in anderen Staaten, insbesondere in Deutschland, wo sich schon der Innenausschuss damit befasst, die nationalen Parlamente mit dieser grundrechtlichen Bedrohung ihrer Bürger bereits beschäftigen, schweigt die österreichische Bundesregierung noch eisern. Dabei wäre jetzt ihr Eintreten für die verfassungsmäßigen Rechte ihrer Bürger von Nöten.
 
Besonders bedenklich ist dabei der Umstand, dass sich laut Aussage von Fachleuten die US-Geheimdienste trotz Swift und Fluggastdatenspeicherung nicht einmal eines Vertrages oder Abkommens bedienen müssten, um Zugriff auf Daten von Bürgern, Unternehmen und Regierungen anderer Staaten zu haben, da sich die wichtigsten Datenknoten in der USA befinden, worauf die betreffenden Geheimdienste sowieso jederzeit Zugriff haben. Die freiwillige Ausfolgerung von Kundendaten, wie z.B Google, Facebook usw. ist dabei nur das Tüpfelchen auf dem „i“.
 
Dieser Umstand gilt auch seit einer Untersuchung des europäischen Parlaments von 2001 als gesichert, als die Existenz des Spionagesystems Echelon nachgewiesen wurde.
 
Laut Wikipedia ist Echelon der Name eines weltweiten Spionagenetzes, das von Nachrichtendiensten der USA, Großbritanniens, Australiens, Neuseelands und Kanadas betrieben wird. Das System dient zum Abhören bzw. zur Überwachung von über Satellit geleiteten privaten und geschäftlichen Telefongesprächen, Faxverbindungen und Internet-Daten. Die Auswertung der gewonnenen Daten wird vollautomatisch durch Rechenzentren vorgenommen.
 
Über den genauen Umfang und die Art der Abhörmaßnahmen gibt es wegen der Geheimhaltung seitens der Betreiber keine zuverlässigen Angaben. Wegen des Einsatzes zur Wirtschaftsspionage gegen europäische Unternehmen wurde eine bedeutende Anlage der amerikanischen NSA im bayerischen Bad Aibling auf Empfehlung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Jahr 2004 geschlossen.
 
Den europäischen Regierungen im Verband der EU wäre deswegen angeraten, im Interesse des Datenschutzes, der Grund- und Freiheitsrechte ihrer Bürger, solche Unternehmen zu zertifizieren und zu fördern, die Daten und Rechtssicherheit der europäischen Bürger garantieren können. Auch deshalb, weil anscheinend auch europäische Geheimdienste in Zusammenarbeit mit der NSA Daten über Prism bezogen haben dürften. Hier seien besonders der niederländische, der belgische und der britische Geheimdienst erwähnt.
 
Weiters sollte sich die österreichische Regierung dafür einsetzen, dass die Verhandlungen der EU mit der USA über eine Freihandelszone so lange auf Eis gelegt werden, bis durch die USA Daten- und Rechtsicherheit für europäische Bürger vertraglich garantiert wird. 
 
Hierbei sollte man sich auf EU-Ebene überlegen, in europäischer Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik, einen eigenen europäischen Datenknotenpunkt zu schaffen, um die Daten der Bürger, Firmen und Regierungen vor fremden Geheimdiensten nach Möglichkeit zu schützen.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz

 

Anfrage:

 

1.        Wie weit wurde die Österreichische Bundesregierung von den USA von einer Überwachung der Daten österreichischer Bürger informiert?

2.        Wenn ja, welche Daten der Bürger sind betroffen?

3.        Wie weit wurde die Österreichische Bundesregierung von den USA von einer Überwachung der Daten österreichischer Unternehmen informiert?

4.        Wenn ja, welche Daten der Unternehmen sind betroffen?

5.        Wie weit wurde die Österreichische Bundesregierung von den USA von einer Überwachung der Daten österreichischer Ministerien oder untergeordneter Behörden informiert?

6.        Wenn ja, welche Daten sind hier betroffen?

7.        Wie hoch schätzt die österreichische Bundesregierung die Sicherheit der Daten österreichischer Bürger vor dem Zugriff ausländischer Geheimdienste ein?

8.        Wie hoch schätzt die österreichische Bundesregierung die Sicherheit der Daten österreichischer Unternehmen vor dem Zugriff ausländischer Geheimdienste ein?

9.        Wie hoch schätzt die österreichische Bundesregierung die Sicherheit der Daten österreichischer Behörden vor dem Zugriff ausländischer Geheimdienste ein?

10.     Wie hoch schätzt die österreichische Bundesregierung die Sicherheit der Daten österreichischer Ministerien und obersten Organen vor dem Zugriff ausländischer Geheimdienste ein?

11.     Was beabsichtigt die österreichische Bundesregierung zur Optimierung der Sicherheit dieser Daten zu unternehmen?

12.     Ist die Verwaltungssoftware SAP des Bundesrechnungszentrums spionagesicher?

13.     Wenn nein, was wird die Republik Österreich unternehmen, um deren Sicherheit zu erhöhen?

14.     Sind die digitalen Daten der Volksregisterzählung im Bundesrechenzentrum ausreichend geschützt?

15.     Wenn nein, was wird die Republik Österreich unternehmen, um deren Sicherheit zu erhöhen?

16.     Gibt es SAP-Schnittstellen für den Datenaustausch?

17.     Wenn ja, mit wem findet dieser Austausch statt?


18.     Woher beziehen die österreichischen Nachrichtendienste ihre Daten?

19.     Bekommen die österreichischen Nachrichtendienste auch Daten von den USA zur Verfügung gestellt?

20.     Wenn ja, um welche Daten handelt es sich dabei?

21.     Stellen die österreichischen Nachrichtendienste anderen Geheimdiensten Daten zur Verfügung?

22.     Wenn ja, um welche Dienste handelte es sich?

23.     Wenn ja, um welche Daten handelte es sich?

24.     Wie weit sind bei solchen Datentransfers die Rechtsschutzbeauftragten eingebunden?

25.     Ist Ihnen bekannt, ob Daten von österreichischen Bürgern von den US-Geheimdiensten oder der NSA auch anderen, europäischen Geheimdiensten zur Verfügung gestellt wurden?

26.     Wenn ja, welchen?

27.     Ist Ihnen bekannt, ob Daten von österreichischen Bürgern von den US-Geheimdiensten oder der NSA auch anderen, außereuropäischen Geheimdiensten zur Verfügung gestellt wurden?

28.     Wenn ja, welchen?

29.     Sind Ihres Wissens nach österreichische Service-Provider oder Konzerne Zuträger von Prism?

30.     Wenn ja, welche?

31.     Befinden sich österreichische Behörden, Ministerien oder Nachrichtendienste sich bereits in diesem Datenverbund?

32.     Wenn ja, welche?

33.     Wenn ja, haben Sie die Möglichkeit Daten abzufragen?

34.     Inwiefern sind die Datenschutzkommission und der Datenschutzrat darüber informiert?

35.     Bestehen Pläne der österreichischen Bundesregierung auf europäischer Ebene mit Großbritannien in Verhandlungen über den Schutz der Daten österreichischer Bürger und Unternehmen im Zuge des Spionagesystems Echelon zu treten?

36.     Bestehen Pläne der österreichischen Bundesregierung auf europäischer Ebene gemeinsam mit den anderen EU-Staaten, insbesondere Deutschland, mit den USA in Verhandlungen über den Schutz der Daten und der Rechtssicherheit europäischer Bürger und Unternehmen im Zuge des Spionagesystems Echelon und des Überwachungssystems Prism zu treten?

37.     Ist der österreichischen Bundesregierung bekannt, ob auch im Zuge des EU‑Sicherheitsprojektes „Indect“ gesammelte Daten den US-Geheimdiensten oder der NSA zur Verfügung gestellt wurden?