15418/J XXIV. GP
Eingelangt am 04.07.2013
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DRINGLICHE ANFRAGE
der Abgeordneten Werner Kogler, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend Totalschaden in der Hypo Alpe Adria und Totalversagen der Bundesregierung
BEGRÜNDUNG
Das Hypo-Desaster ist das größte Finanzdebakel der 2. Republik und wird die österreichischen SteuerzahlerInnen schwer treffen. Fast 12 Milliarden Euro an Krediten, die unter schwarz-blau in Kärnten – besichert mit Landeshaftungen – vergeben wurden, sind faul; mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Republik Österreich einen Großteil dieses Geldes nie wieder sehen. Umgerechnet kann das jede ÖsterreicherIn mit 1.350 Euro, eine vierköpfige Familie also mit ca. 5.500 Euro belasten.
Ein Schaden, der in dieser Höhe vermeidbar gewesen wäre, wenn rechtzeitig das Richtige getan worden wäre. Die zwei schwerwiegendsten Fehler wurden bzw. werden von zwei ÖVP-FinanzministerInnen gemacht:
Haiders Selbstbedienungsladen und Mafiageschäfte
Landeshauptmann Haider und die blau-schwarze Kärntner Regierung haben die Hypo Alpe Adria über Jahre in riskante Geschäfte getrieben. In abenteuerlicher Geschwindigkeit wurde über Jahre hinweg die Bilanzsumme mit Landeshaftungen aufgebläht. In halb Europa war bekannt: Wer nirgendwo mehr einen Kredit bekommt, geht zur Hypo Alpe Adria. Die Hypo Alpe Adria übernahm reihenweise windige Kreditnehmer, die von anderen Banken abgewiesen wurden. Vor allem am Balkan war die Hypo Alpe Adria ein Garant für schnelle und billige Kredite, Leasinggeschäfte und ähnliches, abgesichert von der blauen-schwarzen Landesregierung mit Landeshaftungen. Oft genug waren die Geschäftspartner in Mafiastrukturen beheimatet.
Über 20 Mrd. Euro betrugen die Landeshaftungen zu Spitzenzeiten im Jahr 2006. Seit 2007 dürfen nach EU-Recht keine neuen Haftungen mehr eingegangen werden. Bis 2017 müssen die Haftungen auslaufen.
Schutz der ÖVP-Klientel statt Schutz der SteuerzahlerInnen
Beim Verkauf der Hypo Alpe Adria an die Bayerische Landesbank konnte ein der ÖVP nahestehender Klüngel an Geschäftsleuten praktisch risikofrei einen Millionengewinn mitnehmen. Dieser Kreis von Personen um Tilo Berlin trat als Zwischenkäufer der GRAWE Anteile an der Hypo Alpe Adria auf und machte innerhalb weniger Monate eine Rendite von angeblich 40%. Diese Gruppe finanzierte den Zwischenkauf im Wesentlichen mit Krediten des späteren Käufers BayrischeLB. Abgesehen davon, dass die Mitglieder der Gruppe teilweise aus der Verwandtschaft von Tilo Berlin stammten oder ein sonstiges Naheverhältnis hatten, soll der Deal noch über Nebenabsprachen praktisch risikofrei gewesen sein. Finanzstrafverfahren gegen die Beteiligten laufen dem Vernehmen nach. Aber es scheint bis jetzt keinerlei Aktivitäten zu geben, Schritte wegen möglicher Insidergeschäfte, Untreue oder ähnlichen Delikten zu setzen. Das erweckt den Verdacht, dass hier die eigene Klientel geschützt wird und nicht der Schaden für die SteuerzahlerInnen verringert werden soll.
„Notverstaatlichung“ als Schurkenstück
2007 kaufte die Bayrische Landesbank 51% der Bank. 2008 bekam die Hypo erstmals 900 Mio. an staatlichem Hilfskapital aus dem Bankenpaket. 2009 wurde die Bank „notverstaatlicht“. Die BayernLB konnte sich mit 825 Millionen, das Land Kärnten mit 180 Millionen und die Grazer Wechselseitige mit 30 Millionen frei kaufen. Die Republik übernahm die Bank zu symbolischen vier Euro – inklusive der Haftungen.
Die Ende 2009 bei Nacht und Nebel verhandelte „Notverstaatlichung“ der offenkundig verseuchten Hypo Alpe Adria ist ein Schurkenstück der Sonderklasse. Womit der schwarze Finanzminister erpressbar war, ist bis heute unklar und müsste nach dem Setzen aller schadensbegrenzenden Maßnahmen Gegenstand einer schonungslosen Untersuchung sein. Die bayerischen Eigentümer hätten es sich gar nicht leisten können, die Hypo in die Pleite zu schicken.
Internen Berechnungen der Nationalbank zufolge kann das Hypo-Desaster im worst case bis zu 16 Mrd. Euro kosten. Die „notleidenden“, also faulen Kredite, der Hypo Alpe Adria betragen laut aktuellem Hypo-Geschäftsbericht 11,7 Mrd. Euro. ExpertInnen rechnen damit, dass davon, wenn überhaupt, nur ein Bruchteil wieder zurückgezahlt werden kann.
Diplomatisches Fiasko auf EU-Ebene
Nachdem jahrelange Aufforderungen nichts genützt haben, stellte die EU-Kommission der Finanzministerin im April 2013 endgültig die Rute ins Fenster: Wenn nach 5 Jahren Untätigkeit nicht endlich ein Sanierungskonzept übermittelt werde, müsse die Bank abgewickelt werden. Die Finanzministerin traf sich am 5.4.2013 erstmals mit dem zuständigen Wettbewerbskommissar Almunia. Vereinbart wurden lediglich Fristerstreckungen für die Übermittlung eines Abwicklungskonzepts. Ende Mai hat das Finanzministerium eine Zusammenfassung dieses Konzepts übermittelt. Ende Juni wurde ein detailliertes Konzept übermittelt. Einziges Ziel der Finanzministerin war jedes Mal: Die Entscheidung, wann die Hypo Alpe Adria abgewickelt wird, auf Oktober 2013 zu verschieben. Somit sollten die SteuerzahlerInnen erst wenige Tage nach der Nationalratswahl erfahren, mit wie vielen Milliarden sie einspringen müssen bzw. um wie viele Milliarden sich die Staatsschulden erhöhen.
Wahlkampfmotivierte Verschiebung der Konfliktlösung mit der BayernLB
Gleiches gilt für die Einigung mit den Bayern. Die Hypo Alpe Adria hat ihre Rückzahlung eines vier Mrd. Kredits an die Bayrische Landesbank mit dem Verweis eingestellt, dass es sich um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen und nicht um einen Kredit handle. Der bayerische Finanzminister Markus Söder von der CSU hat das als "klaren Rechtsbruch" gewertet und Klage bei der EU-Kommission eingebracht. Dem Vernehmen nach haben sich die jeweiligen Eigentümer der Bayrischen Landesbank und der Hypo Alpe Adria, also der bayrische Finanzminister und Finanzministerin Maria Fekter, darauf geeinigt, die Verhandlungen über einen Vergleich, der den österreichischen SteuerzahlerInnen wieder viele hunderte Millionen kosten könnte, ab Oktober 2013, also nach den Landtagswahlen in Bayern und den Nationalratswahlen in Österreich zu führen.
Diese Vorgehensweise der Finanzministerin und der Bundesregierung, alle Entscheidungen auf die Zeit nach der Wahl zu verlegen und damit zusätzlichen Milliardenschaden für den SteuerzahlerInnen zu riskieren, ist eine Verantwortungslosigkeit in noch nie da gewesenem Ausmaß.
Finanzministerin Fekters Verweigerung einer „bad bank“
Finanzministerin Maria Fekter verabsäumte es in den letzten Jahren, der EU ein sinnvolles Sanierungskonzept für die Hypo Alpe Adria vorzulegen. Sie wehrt sich gegen eine Abwicklungsbank („Bad Bank“), in der die notleidenden assets der Hypo Alpe Adria möglichst budgetschonend abgebaut werden könnten. Der Grund dafür ist, dass mit einer bad bank die potentiellen Schulden in die offizielle Staatsschuldenquote einzurechnen wären und entsprechend erhöhen würden.
Finanzministerin Maria Fekter hat mit dem Bundesfinanzrahmen also eine wahlkampf-motivierte Budgetlüge vorgelegt. Ob jetzt ausgewiesen oder später: der Schaden aus dem Hypo-Debakel erhöht Österreichs Schulden. Die Vertuschungsversuche der Bundesregierung richten aber noch zusätzlichen Schaden an:
Milliardenteure Verzögerung
„Ein Chaos, das uns locker zehn Milliarden kostet“
Die Presse vom 3. Juli 2013
Finanzministerin Maria Fekter erhöht durch ihr Auftreten auf europäischer Ebene und ihre Verweigerung eines sinnvollen Abwicklungskonzepts der Hypo Alpe Adria die Kosten für die SteuerzahlerInnen noch weiter. Diese Fekter`schen Verzögerungen kosten den SteuerzahlerInnen zusätzliche Milliarden. Denn eine Abwicklungsbank müsste nicht mit Eigen-Kapital von 8% unterlegt werden. Und die gesunden Teile der Bank könnten lukrativer verkauft werden.
Hauptverantwortliche ÖVP hat als „Wirtschaftspartei“ abgedankt
Finanzministerin Maria Fekter hat ihre Kurzfassung eines angeblichen Sanierungskonzeptes am letztmöglichen Tag der Frist im Mai an die EU übermittelt. Ohne Absprache mit den Organen der Bank selbst. Daraufhin legte Hypo-Aufsichtsratschef Johannes Ditz sein Amt nieder. Er könne Maria Fekters Kurs bezüglich der Verhandlungen mit der EU-Kommission und im speziellen die Ablehnung der Bad Bank Lösung nicht nachvollziehen. Nach der Übermittlung des Detailkonzepts Ende Juni tritt auch der Vorstand der Hypo Alpe Adria, Gottwald Kranebitter, genervt zurück.
Das ist also die Wirtschaftskompetenz der ÖVP: Den SteuerzahlerInnen werden durch wahlkampfmotiviertes Herumlavieren Milliardenkosten eingebrockt, Bankorgane werden übergangen, das Aktiengesetz gebrochen und ÖVP-nahe Verantwortliche verlassen das sinkende Schiff.
Die Budgetlüge
Kurz vor Ende der Frist hat die Finanzministerin der EU-Kommission Ende Juni ein Papier zur nunmehr geplanten Vorgehensweise übermittelt. Dieses Papier beinhaltet dem Vernehmen nach folgende Punkte:
Das Konzept einer bad bank ist nicht vorgesehen. In Folge dieser Unterlassung benötigt die Hypo Alpe Adria sofort frisches Kapital, um die drohenden Abwertungen auszugleichen. Dem Vernehmen nach sollen mindestens 650 Mio. Euro – möglicherweise weit mehr – für die Halbjahresbilanz 2013 benötigt werden. In Summe soll die Hypo Alpe Adria im Jahr 2013 über 2 Mrd. Euro an Steuermitteln benötigen.
Was aber tut die Finanzministerin? Sie beharrt nach wie vor auf ihrem Budget für 2013. Dort sind aber lediglich 700 Mio. Euro für die Hypo Alpe Adria vorgesehen. Dieses Geld wird bereits im August verbraucht sein. Mindestens weitere 1,3 Mrd. Euro werden voraussichtlich im Jahr 2013 nötig. In den Jahren darauf hat die Bundesregierung überhaupt nur 133 Mio. Euro pro Jahr für alle maroden Banken eingestellt. Diese Vorgehenswiese widerspricht allen Grundsätzen einer soliden Haushaltsführung.
Artikel 51(8) der Bundesverfassung besagt, dass „bei der Haushaltsführung des Bundes die Grundsätze der Wirkungsorientierung […], der Transparenz, der Effizienz und der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes zu beachten sind.“ Wenn die Bundesregierung im Budget und im Bundesfinanzrahmengesetz nicht sofort Vorsorge für die Milliardenzahlungen an die Hypo Alpe Adria trifft, handelt sie daher zweifellos verfassungswidrig.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
DRINGLICHE ANFRAGE
In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs.1 GOG verlangt.