15422/J XXIV. GP
Eingelangt am 04.07.2013
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg, Kolleginnen und
Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
betreffend Folgeanfrage zu 14708/J: bevorstehende Bestellung des Bundesbehindertenanwalts/der Bundesbehindertenanwältin
Der erstunterzeichnete Abgeordnete hat folgende Anfrage gestellt:
“Mit der am 1. August 2011 in Kraft getretenen Änderung des § 13d des Bundesbehindertengesetzes wurde die Bestellung des Behindertenanwalts/der Behindertenanwältin neu geregelt. Demnach ist im Rahmen des Bestellungsverfahrens nach öffentlicher Ausschreibung insbesondere ein Hearing durch die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation durchzuführen. Bei gleicher sonstiger Eignung ist einem Menschen mit Behinderung bei der Bestellung der Vorzug zu geben. Anlass für diese Neuregelung war das Ergebnis eines Schlichtungsverfahrens mit dem erstunterzeichnenden Abgeordneten betreffend die bei der Bestellung von Dr. Erwin Buchinger zum Behindertenanwalt im Dezember 2009 aufgetretenen Zweifel über die Transparenz des Auswahlverfahrens und über mögliche Diskriminierung behinderter Bewerber/innen. Ziel der Gesetzesänderung war somit, behinderten Bewerber/innen Chancengleichheit etwa durch entsprechende Formulierung der Eignungskriterien und durch die Berücksichtigung behinderungsspezifischer Karriereverläufe zu sichern.Die Amtszeit von Dr. Buchinger als Behindertenanwalt endet in diesem Jahr. Die erste Bestellung nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen steht also bevor.
1. Wann wird die öffentliche Ausschreibung erfolgen?
2. In welchen Medien wird die Ausschreibung veröffentlicht?
3. Wie werden die Kriterien in der Ausschreibung lauten?
4. Werden die Kriterien die Nicht-Diskriminierung Behinderter sicherstellen?
5. Wie wird sichergestellt, dass die zum Hearing eingeladenen Bewerber/innen, diskriminierungsfrei ausgewählt werden?
6. Wann ist das Hearing geplant?
7. Wie wird für eine faire Besetzung und einen fairen Ablauf des Hearings gesorgt?
8. Werden Sie sich persönlich dafür einsetzen, dass behinderte Bewerber/innen die gleichen Chancen im Auswahlverfahren bekommen?”
Sie haben darauf zu 14373/AB folgende Antwort gegeben:
„Nach den Vorschriften des Bundesbehindertengesetzes (BBG) hat der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eine Anwältin/einen Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen (Behindertenanwältin/Behindertenanwalt) zu bestellen. Diesen Vorschriften ist zu entnehmen, dass die Behindertenanwältin/der Behindertenanwalt auf die Dauer von vier Jahren zu bestellen und eine Wiederbestellung zulässig ist.
Die derzeitige Funktionsperiode des Behindertenanwaltes läuft mit 31. Dezember 2013 ab. Zur Frage des einzuhaltenden Verfahrens bei einer Neubestellung einer/eines Behindertenanwältin/Behindertenanwalts oder Wiederbestellung einer/eines amtierenden Behindertenanwältin/Behindertenanwalts gibt es offenbar unterschiedliche Zugänge. Aus diesem Grund wurde Herr Univ.-Prof. Dr. Walter J. Pfeil - welcher auch die Evaluierung des Behindertengleichstellungsrechtes wissenschaftlich begleitet sowie Anregungen für die Novelle des BBG im Jahr 2011 erarbeitet hat - beauftragt, ein rechtswissenschaftliches Gutachten zu diesem Thema zu erstellen.
Aus diesem Gutachten ergibt sich zusammenfassend Folgendes:
Selbstverständlich sind seit der Novelle zum BBG im Jahr 2011 bei einer Neubestellung einer/eines Behindertenanwältin/Behindertenanwalts die im § 13d Abs. 2 bis 4 BBG festgelegten Verfahrensschritte einzuhalten (Ausschreibung, Hearing, Befassung des Bundesbehindertenbeirates). Menschen mit Behinderung sind ausdrücklich zur Bewerbung einzuladen. Zum Behindertenanwalt kann nur bestellt werden, wer eigenberechtigt ist und die im § 13d BBG angeführten Voraussetzungen aufweist. Bei gleicher sonstiger Eignung ist einem Menschen mit Behinderung bei der Bestellung der Vorzug zu geben.
In Falle einer Neubestellung wird selbstverständlich dafür Sorge getragen werden, dass die oben genannten persönlichen Voraussetzungen für die Bestellung und die Bestimmungen betreffend die Stellung von Menschen mit Behinderung in diesem Verfahren besonders berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Frage, ob die Wiederbestellung einer/eines amtierenden Behindertenanwältin/Behindertenanwalts ebenso diesem Verfahren zu unterwerfen ist, bedarf es einer Auslegung des BBG in historischer, systematischer und vor allem teleologischer Sicht sowie der Heranziehung vergleichbarer Regelungen. Sowohl aus dem BBG selbst als auch aus vergleichbaren Regelungen - insbesondere betreffend die Ausschreibung bestimmter Funktionen und Arbeitsplätze im Bundesdienst (Ausschreibungsgesetzes, BGBl. 1989/85 zuletzt idF BGBl. I 2012/120) und die Regelungen zur Anwältin/zum Anwalt für Menschen mit Behinderung im Kärntner Chancengleichheitsgesetz (K-ChG, LGBI. 2010/8 zuletzt idF 2012/16) - geht hervor, dass bei einer Wiederbestellung einer/eines amtierenden Behindertenanwältin/Behindertenanwalts nicht dasselbe administrativ anspruchsvolle Verfahren nach § 13d Abs.2 bis 4 BBG durchzuführen ist wie bei der Neubestellung einer/eines Behindertenanwältin/Behindertenanwalts. Dafür ist zum einen ins Treffen zu führen, dass sich die/der bisherige Behindertenanwältin/Behindertenanwalt jedenfalls wieder bewerben könnte, die mit einer Wiederbestellung vom Gesetzgeber offenbar erwünschte Kontinuität und nicht zuletzt die Tatsache, dass mit der Novelle im Jahr 2011 der Passus über die Wiederbestellung der/des amtierenden Behindertenanwältin/Behindertenanwalts nicht verändert wurde.
Daraus ergibt sich für mich, dass im Falle einer Wiederbestellung des derzeit amtierenden Behindertenanwalts keine Ausschreibung erforderlich ist. Sehr wohl wäre das dargelegte Verfahren bei einer Neubestellung einer/eines Behindertenanwältin/Behindertenanwalts einzuhalten.“
Entgegen diesen Ausführungen, sagt das Gesetz keineswegs, dass eine Ausschreibung nur bei einer Neubestellung des Behindertenanwalts vorzunehmen ist. Das Gesetz spricht
allgemein von „Bestellung“ (§ 13d Abs. 2 BBG). Die Erläuterungen des im Ausschuss für Arbeit und Soziales angenommenen diesbezüglichen Antrags enthielten die völlig klare und und unmissverständliche Aussage: das Verfahren soll in gleicher Form für Neubestellungen wie für Wiederbestellungen gelten“.
Wie ein Gutachter den klaren und erläuterten Wortlaut des Gesetzes in sein Gegenteil uminterpretieren kann und warum sich das BMASK diesen interpretativen Purzelbaum zu eigen machen kann, bleibt im Dunkeln.
Aus Ihrer Antwort geht weiters hervor, dass Sie eine Ausschreibung bei einer beabsichtigten Wiederbestellung nicht für erforderlich halten. Auf die übrigen Fragen der Anfrage gehen Sie überhaupt nicht ein.
Diese Anfragebeantwortung ist daher unzumutbar im Sinne des parlamentarischen Interpellationsrechtes, einerseits wegen der Nichtbeantwortung mehrerer Teilfragen ohne jede Begründung für die Nichtbeantwortung, andererseits wegen der völlig an den gestellten Fragen, am Wortlaut des Gesetzes und am Willen des Gesetzgebers vorbeigehenden Auslegung.
Es wäre auch politisch ein fatales politisches Signal, sollte BMASK auf eine Ausschreibung verzichten, zumal eine Ausschreibung - selbst im Lichte der in der Anfragebeantwortung dargestellten fragwürdigen Rechtsmeinung - jedenfalls nicht verboten ist.
Die entsprechende Stelle der zwischen Dr. Franz-Joseph Huainigg und dem BMASK, vertreten durch Bundesminister Hundstorfer, im Verfahren gemäß § 14 BEinstG abgeschlossenen Schlichtungsvereinbarung lautet
„1. Die nächste Ausschreibung des Bundesbehindertenanwaltes erfolgt durch das BMASK 2013. Auf die Möglichkeit der Verlängerung des Vertrages mit Dr. Buchinger wird dezidiert verzichtet. Es steht ihm natürlich frei, sich erneut zu bewerben. “
Wenn man davon ausgeht, dass das BMASK ohnehin beabsichtigt, die Schlichtungsvereinbarung einzuhalten, wird die ausweichende Anfragebeantwortung überhaupt unverständlich.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Werden Sie die Schlichtungsvereinbarung einhalten?
2. Wie lauten daher die Antworten auf die Fragen 1 bis 4 der parlamentarischen Anfrage 14708/J ?
3.
Warum
haben Sie auf die Fragen 5 bis 8 der parlamentarischen Anfrage 14708/J
keine Antwort gegeben?
4. Wie lauten die Antworten auf diese Fragen?
5. Werden Sie eine Ausschreibung vornehmen, auch wenn Sie eine Wiederbestellung planen?
6. Wenn nein, warum wollen Sie in diesem Fall zumindest gleichwertig qualifizierten Menschen mit Behinderung keine Möglichkeit zur Bewerbung einräumen?