15459/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.07.2013
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Anfrage
der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde an den Bundeskanzler
betreffend Direkte Demokratie und Bürgerkarte
Der Antrag 2177/A der Abg. Cap, Kopf und Kolleg/inn/en sowie der gemeinsame Abänderungsantrag sehen eine online-Unterstützung von Volksbegehren und parlamentarischen Bürgerinitiativen mit der Bürgerkarte oder der Handysignatur vor.
Es ist daher wichtig, einen optimalen Zugang zu diesen Unterstützungsformen zu gewährleisten.
1. Verfügbarkeit der Bürgerkarte bzw Handysignatur im Ausland
Gegenwärtig besteht keine Möglichkeit, als Auslandsösterreicher/in unproblematisch und ohne hohe Kosten an eine Bürgerkarte zu kommen. Die Bürgerkarte muss in Österreich ausgestellt und von einer österreichischen Institution freigeschalten werden, ebenso die Handysignatur. Es gibt in der Bundesrepublik für ca. 250.000 Auslandsösterreicher/innen zwei Dienststellen des BMeiA mit Passbefugnis, nämlich die Botschaft in Berlin und das Generalkonsulat in München. Weiters nehmen die Honorarkonsulate Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Nürnberg und Stuttgart Passanträge entgegen. In den USA sind ausschließlich die Botschaft in Washington und die Generalkonsulate in Chicago, Los Angeles und New York passbefugt. Passanträge nehmen laut Webseiten des BMeiA nur das Honorarkonsulat in Miami entgegen.
Die Handysignatur hingegen ist ausschließlich an den Besitz eines österreichischen Mobiltelefons gebunden. Es ist anzunehmen, dass kaum ein/e Auslandsösterreicher/in in Düsseldorf oder Melbourne ein österreichisches Mobiltelefon besitzt, sondern eines von einem deutschen bzw. australischen Anbieter.
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass z. B. ein/e Auslandsösterreicher/in in New York ein österreichisches Mobiltelefon besitzt, ist die TAN maximal fünf Minuten gültig, siehe http://buergerkarte.at/anleitungen/So_funktionierts_handy-signatur.pdf .
SMS werden bedingt durch technischen Fortschritt zunehmend von alternativen Produkten wie iMessage oder Blackberry Instant Messages ersetzt. Manchen Benutzern und Benutzerinnen von Smartphones ist hierbei nicht einmal bewusst, dass hier ein anderer Kanal genommen wird.
Die Signatur mit Bürgerkarte bzw. Handy ist technisch aufwändig und es kann durchaus passieren, dass ein/e Auslandsösterreicher/in hiermit Probleme hat. In diesem Fall benötigt er/sie Unterstützung.
2. Europaweite Bürgerkarte
Es gibt seit etlichen Jahren Bestrebungen, eine einheitliche Bürgerkarte in Europa oder wenigstens die wechselseitige Akzeptanz der nationalen Karten zu erreichen. Am Projekt EID-STORK nahmen 18 Länder teil, darunter die Nicht-EU-Mitgliedsstaaten Island und Norwegen – siehe https://www.eid-stork.eu/ . Dieses Projekt konnte die gesetzten Ziele nicht erreichen und ist als gescheitert anzusehen. Das Nachfolgeprojekt STORK 2 zeichnet sich dadurch aus, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr an Bord ist – siehe https://www.eid-stork2.eu/index.php?option=com_content&view=article&id=18&Itemid=30&lang=en . Der neue Personalausweis der BRD mit der EID-Funktion ist damit in ganz Europa nicht kompatibel.
Insgesamt sind bei STORK 2 noch Unternehmen und Behörden aus 19 Staaten beteiligt, darunter aus 16 EU-Mitgliedsstaaten . Interessanterweise neu an Bord ist die Firma Scytl, die bereits bei dem gescheiterten E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 in Österreich als Lieferant der verwendeten Wahlsoftware Aufsehen erregte.
3. Verbreitung der Bürgerkarte im Inland
Die Bürgerkarte ist kaum verbreitet und wird, wie u.a. das gescheiterte E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 gezeigt hat, im Inland kaum verwendet. Während die Bürgerkarte in Karten-Format inklusive Kartenlesegerät bei etwa 76.000 aktiven Benutzerinnen und Benutzern stagniert, erfährt die Handysignatur zwischen 8.000 und 14.000 neue User monatlich. Derzeit nutzen mittlerweile 154.000 Personen in Österreich diese Möglichkeit, um sich beispielsweise bei ihrer Steuererklärung online auszuweisen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
Bürgerkarte und Handysignatur für AuslandsösterreicherInnen
1. Wie häufig muss die Aktivierung einer Bürgerkarte erfolgen? Gilt diese Aktivierung ewig oder gibt es ein Ablaufdatum, an dem eine erneute Aktivierung erforderlich ist?
2. Gibt es für Auslandsösterreicher/innen realistische Alternativen zur persönlichen Aktivierung bei der österreichischen Auslandsvertretung, sind beispielsweise Kooperationen mit ausländischen Behörden oder Firmen geplant, hier die Bürgerkarte freischalten zu lassen?
3. Ist es möglich, AuslandsösterreicherInnen mit ausländischen Mobiltelefonen den Einsatz der Handysignatur zu ermöglichen? Wann und mit welchen ausländischen Mobilfunkbetreibern wird dieser technische Service nutzbar sein?
4. Zur kurzen Gültigkeit der TAN: Kann die Behörde technisch sicherstellen, dass die SMS innerhalb dieser fünfminütigen Gültigkeitsfrist beim Empfänger/bei der Empfängerin eintrifft? Erfahrungsgemäß dauern SMS z. B. nach Australien durchaus mehrere Stunden.
5. Kann die Behörde sicherstellen, dass die SMS überhaupt eintrifft?
6. Ist beabsichtigt, die SMS durch andere Übertragungswege wie z. B. iMessages zu ergänzen bzw. zu ersetzen?
7. Werden die gegenwärtigen Telefondienste wie das Servicezentrum von help.gv.at (z.Zt. Mo-Fr 9-17 Uhr besetzt) künftig rund um die Uhr hinreichend besetzt, damit Auslandsösterreicher/innen in anderen Zeitzonen Unterstützung geboten werden kann?
Europaweite Bürgerkarte
8. Ist Ihnen bekannt, welche Gründe dazu geführt haben, dass die Bundesrepublik Deutschland aus dem STORK-Projekt ausgestiegen ist?
9. Welche Auswirkungen hat das auf die ca. 250.000 Auslandsösterreicher/innen, die vielleicht über gültige ELSTER-Zertifikate verfügen? Können diese damit z. B. mit der österreichischen Verwaltung sowie mit einer Bürgerkarte verkehren?
10. Welche Schritte unternehmen Sie, um in der EU die wechselseitige Akzeptanz von digitalen Signaturen zu erreichen?
Verbreitung der Bürgerkarte im Inland
11. a) Wie viele frei geschaltene Bürgerkarten bzw. aktivierte Handysignaturen gibt es gegenwärtig?
b) Liegen alterspezifische Informationen/Schätzungen vor? Wenn ja: Wie verteilt sich die Verwendung auf die Altersgruppen „unter 16“, „16 bis unter 18“, „18 bis 35“ und „älter“?
12. Wie hoch ist die Nutzung? (Im Falle der Handysignatur sollte sich diese Zahl vom Provider ermitteln lassen, da diese Signaturform über zentrale Infrastruktur abgewickelt wird.)
13. a) Wie viele Bürgerkarten wurden auf Dienstausweisen von Bundesbediensteten frei geschalten (aktiviert)?
b) Wie viele MitarbeiterInnen hat das BKA und die ihm nachgeordneten Dienststellen und bei wie vielen von diesen MitarbeiterInnen ist derzeit eine Bürgerkartenfunktion auf dem Dienstausweis aktiviert?
c) Besteht hinsichtlich der Bürgerkartenfunktion auf Dienstausweisen (in allen Bundesministerien und insbesondere im BKA) eine Möglichkeit, zwischen Signaturen verschiedener Anbieter zu wählen? Wenn nein, welche Signatur wird verwendet? Ist die Vorgabe eines Anbieters vergaberechtskonform?
14. Gibt es Möglichkeiten, die „freiwillige Nutzung“, d.h. die Nutzung durch Bürger/innen in eigener Sache und die berufsmäßige Verwendung wie zB durch Notare in Ausübung ihrer Amtspflichten statistisch zu isolieren? Falls ja, wie hoch ist diese?
15. Finden Sie diese Nutzung bzw. den Anteil freigeschaltener Bürgerkarten bzw. aktivierter Handysignaturen nach zehn Jahren Bürgerkarte für angemessen?
16. Wie hoch setzt das BKA in seiner Planung die kritische Masse und wann ist diese erreicht?
17. Welche Maßnahmen treffen Sie hierzu?