15475/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.07.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Petra Bayr und Genossinnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die indirekten Landnutzungsänderungen der Produktion von Agro-Treibstoffen.

Die EU-Kommission hat im Oktober 2012 einen Gesetzesvorschlag für die Erneuerbaren Energien Richtlinie vorgelegt, der indirekte Landnutzungsänderungen (ILUC) berücksichtigen soll. Neben dem Vorschlag der Berichtspflicht von ILUC sieht der Gesetzesvorschlag auch die Begrenzung des Einsatzes aus Lebensmittelpflanzen von Agrotreibstoffen auf 5% vor. Dieser Gesetzesvorschlag wird derzeit (Juli 2013) vom Ministerrat und dem EU Parlament diskutiert.

Am 18. Juni hat sich Ihr Ressort beim Umweltministerrat erneut gegen die 5% Begrenzung und gegen die Berücksichtigung von indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC) in der Berechnung von Klimabilanzen von Agrotreibstoffen ausgesprochen. Ohne die Berücksichtigung von ILUC sind die Klimabilanzen von Agrotreibstoffen allerdings unvollständig. Wissenschaftliche Studien belegen die Signifikanz von indirekten Landnutzungsänderungen und es lässt sich nachweisen, dass zahlreiche Agrotreibstoffe bei der Berechnung von vollständigen Klimabilanzen kaum oder keinen Klimanutzen gegenüber fossilen Treibstoffen aufweisen.

Auch wenn die jeweilige Höhe und das jeweilige Ausmaß dieser Folgen von Verdrängungsmechanismen umstritten sind, so herrscht in der Wissenschaft Einigkeit darüber, dass indirekte Landnutzungsänderungen durch die Agrotreibstoffverwendung in der EU in einem beträchtlichen Ausmaß entstehen. Eine vollkommene Nichtberücksichtigung führt somit zu falschen Klimabilanzen und untergräbt zudem die Klimapolitik und den Kampf gegen die Klimaerwärmung.

Produktion von Agrotreibstoffen in Österreich

Entgegen Behauptungen ist Österreich nicht in der Lage den nationalen Agrotreibstoffbedarf zu decken und muss daher aus dem Ausland importieren, wo es zu direkten und indirekten Landnutzungsänderungen durch den Anbau von Agrotreibstoffen kommt.

Der Grüne Bericht 2011 weist 94.000 Hektar für die Produktion von Agrotreibstoffen aus, der Grüne Bericht 2012 hingegen 85.000 Hektar. Der Bedarf für die Produktion von Ethanol (für E5) beträgt bereits über 40.000 Hektar (unter der Berücksichtigung, dass etwa 50 Prozent des in Österreich produzierten Ethanols wieder exportiert werden).

Unter Berücksichtigung der Verwendung von Abfällen (z.B. Altspeiseöle, Tierfette), die etwa 30 % des Agrodiesels ausmachen und einem Flächenertrag von 1,450 Tonnen Agrodiesel (Rapsmethylester) pro Hektar (Naturschutz.at 2013) ergibt sich ein Flächenbedarf für Agrodiesel von etwa 245.000 Hektar.


In Summe beträgt der gesamte Flächenbedarf rund 285.000 Hektar. Die ausgewiesenen 94.000 Hektar (Grüner Bericht 2011) bzw. 85.000 Hektar (Grüner Bericht 2012) entsprechen somit zwischen etwa 30 und 33 %. Zumindest zwei Drittel Flächenbedarfs für den derzeitigen Agrotreibstoffbedarf liegen demnach außerhalb Österreichs.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft folgende

Anfrage:

1.    Sie haben Ihr Ressort angewiesen, sich gegen die Berücksichtigung von indirekten Landnutzungsänderungen auszusprechen. Welche alternativen Maßnahmen schlägt Ihr Ressort zur Vermeidung von ILUC auf nationaler und EU-Ebene vor?

2.    Der gegenwärtige Einsatz von Agrotreibstoffen in Österreich muss unweigerlich zu Verdrängungsmechanismen in Österreich und/oder im EU-Ausland und in den so genannten Schwellen- und Entwicklungsländern führen, da der Flächenbedarf für Agrodiesel und Ethanol insgesamt 285.000 Hektar - also über 20 % der österreichischen Agrarfläche - beträgt. Wie stellen Sie sicher, dass die in Österreich verwendeten Agrotreibstoffe keine indirekten Landnutzungsänderungen hervorrufen und somit dem Artikel 208 des Vertrags von Lissabon Rechnung tragen?

3.    Indirekte Landnutzungsänderungen führen nicht nur zu einer signifikanten Verschlechterung der Klimabilanzen, sie tragen auch zum weltweiten Phänomen von Land Grabbing bei. Dabei verlieren vor allem kleinbäuerliche und indigene Bevölkerungsgruppen den essentiellen Zugang zu Land - vielfach unter Nichtberücksichtigung elementarer Menschenrechte. Wenn Sie sich gegen die Berücksichtigung von ILUC aussprechen, wie stellen Sie sicher, dass die europäische Agrotreibstoffverwendung nicht zu Land Grabbing führt?