15479/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.07.2013
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Anfrage
der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Positionierung in der ICPD beyond 2014 Debatte.
Die UN-Weltbevölkerungskonferenz (International Conference on Population and Development, ICPD) fand 1994 in Kairo statt. Ziel der Konferenz war eine Neuausrichtung der Bevölkerungspolitik, die von nun an menschenrechtsbasiert sein sollte und das Empowerment der Individuen, insbesondere von Frauen und Mädchen, anstreben möge. Statt der Umsetzung demografischer Ziele standen nun Menschen und deren Bedürfnisse und Rechte im Vordergrund. 179 Staaten - darunter auch Österreich - verabschiedeten das so genannte Programme of Action (PoA), das auf einen Zeitraum von 20 Jahren ausgerichtet ist. Das PoA verfolgt einen neuen Ansatz, der einen Meilenstein in der Geschichte der Bevölkerungspolitik, der reproduktiven Gesundheit und des Entwicklungskonzeptes darstellt. Bei der ICPD wurde zudem der Zusammenhang zwischen Armut, geschlechtsspezifischer Ungleichheit, mangelndem Zugang zu Gesundheitsversorgung und zu Bildung anerkannt.
Das PoA formuliert ein ganzheitliches Konzept des Empowerments, von vor allem Frauen und Mädchen, welches nachhaltige Entwicklung begünstigt. Um dies zu erreichen, stehen folgende Bereiche im Vordergrund:
• Zugang zu Bildung speziell für Mädchen und Frauen
• Gleichstellung der Geschlechter
• Verbesserter Zugang zu qualitativ hochwertigen Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, einschließlich Familienplanung
• Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeitsraten
• Vermehrte, verbesserte und umfassende Sexualerziehung und HlV-Prävention
Der in Kairo definierte Ansatz verknüpft Reproduktion, Gesundheit und Bildung mit den menschenrechtlichen Grundprinzipien, die auf der Würde der einzelnen Person basieren.
Die Bedeutung der reproduktiven Gesundheit, wie sie in Kairo definiert wurde, findet auch in den MDGs Niederschlag. Das MDG 5 strebt nicht nur die Reduktion der weltweiten Müttersterblichkeit, sondern auch den universellen Zugang zu reproduktiver Gesundheit an – obgleich letzteres Ziel erst 2007 hinzugefügt wurde Somit ist auf Ebene der Vereinten Nationen ein Wandel von der bloßen Wahrung der Schwangeren-und Müttergesundheit hin zur Forderung von Frauenrechten vollzogen.
ICPD beyond 2014
Im Dezember 2010 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Resolution 65/234 verabschiedet. Diese ruft die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, sich auch nach 2014, dem eigentlich vorgesehenen Ende des Aktionsprogrammes, für dessen Realisierung einzusetzen. Die Generalsversammlung traf diese Entscheidung aus mehreren Gründen. Weder sind die Ziele des Aktionsprogrammes weltweit erreicht, noch gab es Hoffnung auf ein fortschrittlicheres Abkommen. Im Gegenteil: in jüngster Vergangenheit hat die internationale Menschen- und Frauenrechtepolitik zunehmend mit konservativem und religiös fundamentalistischem Gegenwind zu kämpfen.
In der gleichen Resolution ruft die Generalsversammlung die Staatengemeinschaft unter anderem dazu auf, Mittel zur Umsetzung des Aktionsprogrammes bereit zu stellen und sich erneut zu den Zielen des Aktionsprogrammes von 1994 zu bekennen.
Österreich hat sich bis zum Jahr 2011 vor allem auf multilateraler Ebene durch die Unterstützung von UNFPA, dem Weltbevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, und dem Maternal Health Thematic Fund der UN, für die Umsetzung des Kairoer Aktionsprogrammes eingesetzt. Seither ist das Engagement trotz wiederholter Versprechen, bei den allgemeinen Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit die Förderung von Frauen und Kindern auszusparen, eingebrochen.
Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende
Anfrage:
1.) Wie hat sich Ihr Ressort politisch und finanziell bisher für die Umsetzung des Aktionsprogrammes der ICPD eingesetzt?
a. Wenn ja, auf welcher Ebene und mit welchen Inhalten?
b. Wenn nein, warum nicht?
2.) Wie sieht Ihr Ressort vor, die Umsetzung des Aktionsprogrammes von Kairo nach 2014 voranzutreiben?
a. Stellt Ihr Ministerium finanzielle Mittel für dessen Umsetzung nach 2014 bereit?
b. Wenn ja, in welchem Umfang, über welchen Zeitraum und wo werden diese Mittel konkret eingesetzt?
c. Wenn nicht, warum nicht?
d. Gibt es andere als finanzielle Aktivitäten, etwa inhaltliche Initiativen, die Ziele des Aktionsprogramms zu erreichen?
e. Wenn ja, welche?
f. Wenn nein, warum nicht?
3.) Welche Schwerpunkte setzt Ihr Ressort in der Umsetzung der UN Resolution 65/234?
4.) Am 25. Juni hat der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ einen Ratsbeschluss zu dem künftigen internationalen Entwicklungsrahmen angenommen, in dem er die effektive Umsetzung des Kairoer Aktionsprogramm, insbesondere im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte, hervorhebt und diese als essentiellen Baustein zur Armutsbekämpfung und einer nachhaltigen Entwicklung ansieht. Dieser wurde auf dem Europäischen Rat vom 27./28 Juni bestätigt.
a. Hat sich Österreich vor diesem Hintergrund dafür eingesetzt, dass Geschlechtergleichheit, die Gesundheit und Rechte von Frauen und Mädchen, insbesondere ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, in dem künftigen internationalen Entwicklungsrahmen enthalten sind?
b. Wenn ja, auf welcher Ebene und mit welchen Inhalten?
c. Wenn nein, warum nicht?
d. Ist Österreich in Zukunft bereit, sich stärker in diesem Bereich zu engagieren und seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen?
e. Wenn ja, mit welchen Schwerpunkten und auf welcher Ebene?
f. Wenn nein, warum nicht?
5.) Sind Sie und Ihr Ministerium bereit, in diesen Angelegenheiten in Zukunft stärker mit der parlamentarischen Ebene zusammenzuarbeiten und z.B. nationale Delegationen zu relevanten Kommissionen und Sitzungen der Vereinten Nationen für Abgeordnete zu öffnen, wie dies zuletzt bei der UNECE Regionalkonferenz Anfang Juli in Genf der Fall war?