Eingelangt am 05.07.2013
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Anfrage
der Abgeordneten Wöginger
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
betreffend Vollziehung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien
Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ein wichtiges Instrument der Armutsbekämpfung.
Medienberichten zufolge beträgt die Anzahl der BMS-Bezieher/innen in Wien rund 144.000 Personen, das sind rund 2/3 aller BMS-Bezieher/innen in ganz Österreich.
Diese Zahl wird mit der schlechten Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung in Wien, mit einem nicht näher erläuterten „Großstadtfaktor“ sowie mit Mehrleistungen im Vergleich mit den in der Art. 15a-Vereinbarung vorgesehenen BMS-Leistungen begründet. Darüber hinaus muss man wissen, dass Personen mit Wohnsitz in Niederösterreich oder Burgenland, die in Wien beschäftigt waren und ihre Beschäftigung verlieren, in der Arbeitsmarktstatistik nach NÖ oder Burgenland „exportiert“ und dort als arbeitssuchend ausgewiesen werden.
Das Kontrollamt der Stadt Wien hat die Vollziehung der BMS in Wien geprüft und vernichtende Kritik geübt. Diese Kritik bezog sich auf doppelte und gleichzeitig unvollständige Aktenführung, Vernachlässigung des 4-Augen-Prinzips, ungeeignete EDV-Unterstützung, mangelhafte Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und nahezu völlig fehlende Kontrollen. Das Kontrollamt hat - offenbar wegen der fehlenden Kontrollen durch die Stadt Wien - insbesondere keine Feststellungen dazu treffen können, ob und welche Sanktionen wie in der Art. 15a-Vereinbarung vorgesehen, ergriffen wurden, wenn sich die Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse als unrichtig erweisen oder wenn BMS- Bezieher/innen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen, die Arbeitsaufnahme vereiteln oder sich weigern, an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen teilzunehmen. Schließlich ist ganz unklar, in welcher Weise in Wien, wenn überhaupt, eine Prüfung von Vermögenswerten erfolgt.
Eine nachlässige Vollziehung, wie vom Kontrollamt der Stadt Wien festgestellt, begünstigt Missbrauch und Sozialbetrug und macht die Mindestsicherung zu einer „Hängematte“ statt zu einem Sprungbrett für sozialen Aufstieg.
In Beantwortung einer mündlichen parlamentarischen Frage hat der Sozialminister dazu mitgeteilt, die Empfehlungen des Kontrollamtes seien inzwischen 1:1 umgesetzt. Das ist angesichts der gleichzeitig explosionsartig gestiegenen Zahl der BMS-Bezieher/innen in Wien innerhalb eines Jahres von rund 112.000 auf 144.000 kaum zu glauben. In Wien sind offenbar an die 10% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, eine skandalöse soziale Situation in Wien. 2/3 der BMS- Bezieher/innen aus ganz Österreich sind in Wien. Zu den Kontrollen und zu den verhängten Sanktionen verweigerte der Sozialminister eine inhaltliche Antwort, das müsse man die MA 40 fragen. Offenbar ein wirklich heikler Punkt.
Um die Vollziehung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht außer Kontrolle geraten zu lassen und um eine geeignete Datenbasis für eine wirksame Armutsbekämpfung zu entwickeln, erscheint es daher angezeigt, dass der Sozialminister die Daten und Fakten über die Vollziehung der Mindestsicherung in Wien endlich offen legt. Aussagekräftige Zahlen, Daten und Fakten über die Vollziehung der Mindestsicherung in Wien werden auch vom AMS dringend benötigt, um die Vermittlung einer Beschäftigung bestmöglich durchführen zu können.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende
1. Welche statistischen Daten über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung stehen dem BMASK bzw. dem AMS in welcher Aktualität zur Verfügung?
2. Sind diese Daten hinreichend konsistent, vergleichbar und aussagekräftig, wenn nein, was sollte geändert und welche Kennzahlen sollten entwickelt werden?
3. Welche zusätzlichen Daten würden benötigt, um - vergleichbar mit den monatlich aktuellen Arbeitsmarktdaten - ein engmaschiges Monitoring der Armutsentwicklung in Österreich auf Basis des Bezugs der BMS durchführen und auf unerwünschte Entwicklungen rasch und wirksam reagieren zu können?
4. Wie hoch ist die Anzahl der Bezieher/innen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung insgesamt und nach Bundesländern, jeweils zum Ultimo jedes Quartals und insgesamt in den Jahren 2011 und 2012?
5. Wie hoch sind in entsprechender Aufgliederung die Anzahl und der Anteil der Personen, die entsprechend der Art. 15a-Vereinbarung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen (müssen)?
6. Wie hoch ist die Anzahl der Bezieher/innen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung allein aufgrund der Kriterien der Art. 15a-Vereinbarung, also ohne länderspezifische Mehrleistungen, insgesamt und nach Bundesländern, jeweils zum Ultimo jedes Quartals und insgesamt in den Jahren 2011 und 2012?
7. Welche Maßnahmen setzt das AMS, um diese Personen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, und welches Ergebnis wird dabei erzielt?
8. Wie hoch sind in einer Aufgliederung w.o. die Anzahl und der Anteil der BMS- Bezieher/innen, die an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen teilnehmen, dies auch im Vergleich zu Langzeitarbeitssuchenden?
9. Um welche Art von aktivierenden Maßnahmen handelte es sich dabei?
10. Wie hoch ist in einer Aufgliederung w.o. die Anzahl und der Anteil der BMS- Bezieher/innen, die ohne bzw. nach Teilnahme an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen eine nachhaltige Beschäftigung, die länger als 3 Monate dauerte und über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt war, angetreten haben?
11. Wie hoch ist im Vergleich zu den verschiedenen Gruppen von BMS- Bezieher/innen in einer Aufgliederung w.o. die Anzahl und der Anteil der Langzeitarbeitssuchenden, die ohne bzw. nach Teilnahme an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen eine nachhaltige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt, die länger als 3 Monate dauerte und über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt war, angetreten haben?
12. Wie lange dauerte es jeweils, bis BMS-Bezieherinnen im Vergleich mit Langzeitarbeitssuchenden an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen teilnahmen und bis eine nachhaltige Beschäftigung angetreten wurde?
13. Gibt es bei der erfolgreichen Aktivierung für den Arbeitsmarkt Unterschiede zwischen Personen, die eine Geldleistungen des AMS erhalten, und Personen die keine Geldleistung des AMS erhalten, wenn ja, welche?
14. Wie wirken sich länderspezifische Mehrleistungen und Erleichterungen der Länder beim Zugang zur BMS verglichen mit der Art. 15a-Vereinbarung auf die Bereitschaft der Betroffenen aus, wieder eine Beschäftigung anzutreten?
15. Über welche Informationen verfügen BMASK bzw. AMS über die Anwendung von in der Art. 15a-Vereinbarung vorgesehenen Sanktionen durch die Länder, etwa bei unrichtigen Angaben zu anzurechnenden Einkünften, zu Vermögenswerten oder bei Weigerung an aktivierenden Arbeitsmarktmaßnahmen teilzunehmen bzw. bei Vereitelung der Arbeitsaufnahme?
16. Wann haben Sie, das BMASK oder das AMS zuletzt die Stadt Wien um diesbezügliche Auskünfte ersucht?
17. Wie lautete die Auskunft der Stadt Wien?
18. Über welche Informationen verfügen BMASK bzw. AMS über die Art, die Frequenz und die Wirksamkeit der Prüfung und der Kontrollen der in der Art. 15a-Vereinbarung vorgesehenen Kriterien für den Bezug der BMS durch die Länder, etwa zu anzurechnenden Einkünften, zu Vermögenswerten oder ob die BMS-Bezieher/innen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen (müssen)?
19. Wann haben Sie, das BMASK oder das AMS zuletzt die Stadt Wien um diesbezügliche Auskünfte ersucht?
20. Wie lautete die Auskunft der Stadt Wien?
21. Welche Informationen im Sinne der vorstehenden Fragen wären erforderlich, um ein engmaschiges Monitoring der Armutsentwicklung in Österreich auf Basis des Bezugs der BMS durchführen und auf unerwünschte Entwicklungen entsprechend reagieren zu können?
22. Welche Kosten entstehen durch die Vollziehung des BMS dem Bund insgesamt und dem AMS, einschließlich der Kosten aufgrund der im Zuge der Umsetzung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhöhten Geldleistungen des AMS der BMS-Bezieher/innen?
23. Wie teilen sich diese Kosten auf die einzelnen Bundesländer auf?
24. Wie hoch ist die Inanspruchnahme von Krankenversicherungsleistungen durch BMS-Bezieher/innen im Vergleich mit Langzeitarbeitssuchenden und mit Erwerbstätigen?
25. Welche Instrumente und Mechanismen der Zusammenarbeit und für den Informationsaustausch zwischen AMS und dem jeweiligen Bundesland wurden etabliert, um die BMS-Bezieher/innen effektiv, effizient und so rasch wie möglich wieder in eine nachhaltige Beschäftigung zu bringen?
26. Welche Verbesserungen schlagen Sie in diesem Zusammenhang vor?