15609/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.07.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Erich Tadler

und Kollegen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend aufklärungsbedürftiger Begleitumstände bei der Weingesetzesnovellierung sowie bei den Aktivitäten der Österreichischen Hagelversicherung

Am letzten ordentlichen Plenartag des Nationalrats in der laufenden Legislaturperiode wurden am Abend des 5. Juli 2013 mittels entsprechender Novellierungen das Wein- und das AMA-Gesetz mit Verfassungsmehrheit beschlossen. In der aktuellen Österreich-Ausgabe 8/2013 des deutschen Fachmagazins dlz agrarmagazin ist unter dem Titel „Kollateralschäden“ dazu u.a. Folgendes zu lesen:

(…) Am letzten Plenartag im Parlament wurden rasch noch Änderungen beim Wein- und AMA-Gesetz durchgepeitscht. Vorgeblich ging es um die Neuordnung der Weinmarketing-Beiträge. Um die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit musste die ÖVP lange ringen. Deren Bundes(wein)bäuerin war stets dagegen, weil es ihrer Ansicht nach zur Abgaben-Verdoppelung kommt. Die Grünen wollten für eine Zustimmung ein Neonics-Verbot.

Sohin musste die ÖVP mit der FPÖ verhandeln. Wenn die Gesetzesnovelle laut Weinbauverband unbedingt sein muss, wollte der FPÖ-Agrarsprecher zumindest eine entsprechende AMA-Kontrolle dafür. Jede Parlamentspartei sollte eine Aufsichtsperson für AMA und AMA Marketing stellen. Das wollte die ÖVP gar nicht, muss diese ohnedies schon zwei Belegschaftsvertreter im Verwaltungsrat gemäß einer SPÖVP-Nebenabrede beim Einheitswerte-Deal schlucken.

Der Druck auf die FPÖ muss dann gewaltig hoch geschraubt worden sein, denn deren Agrarsprecher wurde als Verhandlungsführer ausgetauscht und plötzlich gab es eine Einigung, die stutzig macht. Die Recherche zeigt, dass die FPÖ für ihre Zusage in Wahrheit nur die rechtliche Klarstellung betreffend Rebschnitt-Verheizen bekam. Ende 2012 gab es allerdings ein Angebot für ein kostenloses PR-Sammelinserat samt Konterfei für einen FPÖ-Weinexperten. Dieser sprang darauf nicht an, wie er ebenso einen angebotenen Ersatzdelegierten-Job ausschlug. Danach wurde der FPÖ-Verhandlungschef prompt ausgetauscht. (…)

Unabhängig von diesen offensichtlich entlarvenden Begleitumständen ist die Werdung der Wein- und AMA-Gesetzesnovellierung ohnedies stark hinterfragenswert. Dies aufgrund der Tatsache, dass die parlamentarische ÖVP-Weinexpertin und ÖVP-Bundesbäuerin, Abg.z.NR Anna Höllerer, sich von Anfang an gegen das von der SPÖVP-Bundesregierung eingebrachte Gesetzesvorhaben ausgesprochen hatte und dies im Plenum auch deutlich zum Ausdruck gebracht hatte.


Demnach mag das neue Weinmarketingbeitragsschema möglicherweise eine Vereinfachung bringen, es bedeutet aber auch entsprechende finanzielle Mehrbelastungen für kleinere und mittelgroße Weinbauern.

Das quasi-staatliche Agrarmarketing bei agrarischen Urprodukten mit von den Urproduzenten abgepresstem Werbegeld – getarnt als parafiskalische Steuer im Verfassungsrang – müsste unserer Überzeugung nach ohnedies überdacht und gegebenenfalls abgeschafft werden.

Die vom dlz agrarmagazin berichteten Vorgänge im Hintergrund der Verhandlungen zur Weingesetzes-Novelle werfen ein bezeichnendes Licht auf die ÖVP-Unkultur, deren Interessen – seien diese auch gegen das eigene Klientel und gegen Warnungen eigener Experten – beinhart durchzudrücken.

Auch wenn die Hagelversicherung gegenüber der Zeitschrift einen Zusammenhang zwischen dem PR-Inserat für einen FPÖ-Mann und den Parteienverhandlungen verneint haben mag, fällt der zeitliche Zusammenhang auf.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

 

ANFRAGE:

  1. Wer hat auf Seiten der ÖVP für die Novellierung des Wein- und des AMA-Gesetzes bei den anderem im Parlament vertretenen Parteien lobbyiert und wer waren diese Personen?
  2. Sind Ihnen sonstige Interventionen oder Einflussnahmen Seitens der Landwirtschaftskammer, des Weinbauverbandes und/oder der Weinmarketing Gesellschaft (ÖWM) bezüglich der Novellierung des Wein- und des AMA-Gesetzes bekannt. Wenn ja welche?
  3. Hat die Österreichische Hagelversicherung eine Werbung in einem kostenlosen Sammelinserat auch einem Weinexperten der FPÖ oder anderen Politikern und Funktionären angeboten? Wenn ja, auf wessen Drängen oder Weisung hin?
  4. Wurde von Seiten des BMLFUW, der Landwirtschaftskammer, des Weinbauverbandes, der ÖWM und/oder aus den Reihen des ÖVP-Parlamentsklubs Druck ausgeübt, um eine Zustimmung zur Weingesetzes-Novelle zu bekommen?
  5. Ist Ihnen das Inseratangebot der Hagelversicherung an einen FPÖ-Weinexperten bekannt? Wenn ja, welches?
  6. Wurde durch diese Vorgehensweise Ihrer Ansicht nach in den demokratisch geregelten Prozess der Gesetzwerdung eingegriffen oder war die zeitliche Nähe des Angebots mit den Parteienverhandlungen bei der in Rede stehenden Gesetzesmaterie nur reiner Zufall?
  7. Wie hoch waren die Weinmarketinggelder in den letzten fünf Jahren? (Bitte um Auflistung getrennt nach Jahren.)
  8. Welchen Betrag zog sich in den letzten fünf Jahren die einhebende Agrarmarkt Austria für die Einhebung ab, bevor diese Marketinggelder an die ÖWM weitergeleitet worden sind?

  1. Wie bewerten Sie die unterschiedlichen Werbekampagnen der Hagelversicherung und fließen in diese öffentliche Gelder? Wenn ja, jeweils in welcher Höhe?
  2. Was hat eine Bodenverknappungskampagne Ihrer Meinung nach mit dem Versicherungsgeschäft der Hagelversicherung zu tun und ist eine solche für eine Bauernversicherung adäquat?
  3. Bei wie vielen und welchen Kampagnen, Inseraten, Broschüren der Hagelversicherung schien in den letzten fünf Jahren ein Bild des BMLFUW-Ressortministers auf? (Bitte um genaue Auflistung.)
  4. Wie viele finanzielle Zuwendungen bekam die Hagelversicherung von Ihrem Haus in den letzten fünf Jahren? (Bitte um Auflistung jeweils mit Titel/Begründung
    und Geldbetragshöhe.)
  5. Welche gemeinsamen (Teil)Aktionen gab es Seitens des BMLFUW mit Beteiligung der Hagelversicherung in den letzten fünf Jahren? (Bitte um Auflistung jeweils mit Titel/Begründung und Geldbetragshöhe.)
  6. Bei welchen und wie vielen Veranstaltungen, bei denen das BMLFUW in irgendeiner Weise mitbeteiligt war, wurde die Bewirtung der Teilnehmer Seitens der Hagelversicherung übernommen?
  7. Wie sehen Sie das Faktum, dass den Landwirten, Weinbauern und Erwerbsgärntnern nur die Hagelversicherung als Monopolanstalt zur Absicherung von Ertrags- und Ernte-Elementarschäden zur Verfügung steht?
  8. Wie hoch belaufen sich die finanziellen Förderungen der öffentlichen Hand bei der Hagelversicherung in den letzten fünf Jahren?
  9. Wie hoch waren die Schadensgeldauszahlungen der Hagelversicherung in den letzten fünf Jahren und wie sieht das jeweilige Verhältnis zu den tatsächlichen Schäden aus?
  10. Wie hoch waren die Auszahlungen des Katastrophenfonds an durch Unwetter und/oder Wetterkapriolen geschädigte Landwirte in den letzten fünf Jahren?
  11. Werden bei Unwetterkatastrophen Katastrophengelder auch an bei der Hagelversicherung versicherte Landwirte ausbezahlt und wenn ja, in welcher prozentuellen Höhe in Relation zur tatsächlichen Schadenshöhe bzw. den von der Hagelversicherung ausbezahlten Schadensgeldern?
  12. Welche Maßnahmen wollen und/oder werden Sie setzen, damit den Landwirten in Zukunft auf Versicherer-Seite mehr als nur eine Anstalt zur Verfügung und Auswahl steht?