15923/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.09.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Justiz

betreffend neue Details zu den Fällen Terminal Tower Linz und Nordbergstraße

BEGRÜNDUNG

 

Der Terminal Tower nahe des Linzer Bahnhofs wurde von einem Konsortium bestehend aus PORR, Raiffeisen Leasing und Real-Treuhand (einer Tochterfirma der Raiffeisenlandesbank OÖ)  gebaut. Eine intensivierte Mietersuche begann noch vor dem Bau. Besprechungsprotokolle und handschriftliche Notizen belegten, dass bereits Ende 2004, also knapp nach der erfolglosen Beendigung des Ausbietungsverfahrens, gezielte Verhandlungen zwischen BMF und Terminal Tower geführt wurden. Am 21. Jänner 2005 übermittelte die PORR AG ein unverbindliches Mietoffert für den Terminal Tower an Gerhard PIPAL im BMF. Auf Seiten des BMF bestanden jedoch Bedenken wegen der vergaberechtlichen Zulässigkeit der direkten Kontaktaufnahmen. Es wurde daher vereinbart, dass die Bauherren Inserate schalten sollten, in denen sie freie Mietflächen bewerben, damit das BMF sich „offiziell“ auf diese Inserate stützen kann. Um sicherzustellen, dass die Inserate auch optimal zu den Anforderungen des BMF passen, wurde der Text sogar mit Beamten des BMF abgestimmt. Tatsächlich erschienen diese Inserate am 2. Juli 2005 im Kurier und am 16. Juli 2005 in der Presse.  Somit wurden europarechtliche Vorgaben umgangen, indem ein ausschreibungspflichtiges Projekt bereits im Vorhinein akkordiert, dann aber formal erst durch Scheininserate vom BMF „entdeckt“ wurde. 

Nachdem sich alle Beteiligten bei den Mietverhandlungen auf einen Preis von 9,90 Euro pro Quadratmeter geeinigt hatten und bereit für die Unterzeichnung des Vertrags waren, trafen sich die Verantwortlichen des BMF  bei GRASSER im Ministerbüro, der plötzlich seine Zustimmung verweigerte. Die Ermittler vermuten: „Es bestand der Verdacht, BM GRASSER könnte durch die Verweigerung zur Zustimmung zum Mietvertrag entsprechenden Druck ausgeübt haben, um eine Provisionszahlung zu erzwingen.“ Aus einem Aktenvermerk der PORR geht hervor, dass ein Mietvertrag zu einem günstigeren Quadratmeterpreis, nämlich 9,5 Euro pro Quadratmeter möglich gewesen wäre. Deshalb ergibt sich der Verdacht, dass ein höherer Quadratmeterpreis zu Lasten des BMF für eine eventuelle Bestechungszahlung akzeptiert werden sollte.

Aus Telefonüberwachungsprotokollen geht hervor, dass Ludwig SCHARINGER, Chef der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, immer wieder bei GRASSER intervenierte. Die persönlichen Kontakte SCHARINGERs zu GRASSER wurden auch zum wiederholten Male zur Beschleunigung des Umzugs in den Terminal Tower genutzt.

Am 29. März 2006 erfolgte die Unterzeichnung des Mietvertrags zwischen der Terminal Tower-Gesellschaft  und der Republik Österreich (BMF). Der Quadratmeterpreis betrug jetzt 9,90 Euro. Ein Kündigungsverzicht von 15 Jahren wurde ebenso vereinbart wie vier Monate Mietzinsfreistellung. Im ersten Nachtrag zum Mietvertrag vom 8. Mai 2007 wurde die Mietzinsfreistellung auf einen Monat verkürzt.

Der Verdacht auf verschleierte Provisionszahlungen stützt sich auf eine Aussage von Martin HUBER in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 24. März 2011, in der er eine Besprechung mit  PÖCHHACKER und PLECH im Spätsommer 2005 schilderte, wobei über eine Vergütung in Zusammenhang mit der Vermietung des Terminal Towers geredet wurde:

„Als ich ins Büro von PÖCHHACKER kam, waren Ernst Karl PLECH und GD PÖCHHACKER anwesend. PÖCHHACKER berichtete, dass es sich bei diesem Gespräch um das Projekt Bahnhof Linz handelt, der Begriff Terminal Tower war damals noch nicht erfunden. Meiner Erinnerung nach führte PÖCHHACKER aus, dass es mit Unterstützung von PLECH gute Chancen gäbe, die Konzentration der Finanzämter am Standort Hauptbahnhof zu realisieren. Es müsse natürlich bewusst sein, dass damit eine entsprechende Vergütung verbunden ist. Über die Höhe der Vergütung wurde meiner Erinnerung nach erst zu einem Zeitpunkt gesprochen, als Herr PLECH das Zusammentreffen bereits verlassen hatte. Unmittelbar anschließend führte PÖCHHACKER im Vier-Augen Gespräch aus, dass die Provisionsvorstellungen von PLECH bei etwa EUR 700.000.- lagen. Ich habe daraufhin spontan erklärt, dass eine Provision im Zusammenhang mit diesem Projekt für mich nicht in Frage kommt. Damit war das Thema Linz zwischen PÖCHHACKER und mir erledigt.“  (siehe Grüner Bericht zum U-Ausschuss, S. 189)

Den Ermittlungsbehörden liegt eine mit 16. Dezember 2005 datierte Vereinbarung zwischen Peter HOCHEGGERS Firma Astropolis auf Zypern und der PORR Solutions über die „Erstellung einer Studie“ gegen ein Honorar von 200.000 Euro vor. 

Peter HOCHEGGER schilderte vor dem Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen, dass er in diesem Fall seine Firma Astropolis nur für die Abrechnung bereitgestellt und dafür 10% des Rechnungsbetrags erhalten habe. Laut HOCHEGGERs Selbstanzeige betrug sein Anteil 20.000 Euro, die restlichen 180.000 Euro seien Walter MEISCHBERGER zuzurechnen. Am 4. Juli 2007 erfolgten die Überweisungen von der Astropolis. 180.000 Euro gingen an Omega International. Via Omega wurden sodann in 3 Tranchen am 6. Juli 2007 jeweils 56.980 in Euro bar auf Konten mit den Bezeichnungen „Natalie“, „Karin“ und „Walter“ bei der Hypo Investment Bank Liechtenstein AG einbezahlt. MEISCHBERGER behauptet, dass diese Konten alleine ihm zuzurechnen seien. Im Ermittlungstagebuch der Staatsanwaltschaft wurde diesbezüglich angemerkt:  „Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse steht fest, dass jeweils ein Konto MEISCHBERGER und PLECH zuzurechnen ist. Hinsichtlich des dritten Kontos liegen Indizien vor, welche auf ein Naheverhältnis zu GRASSER hindeuten.“ 

Wie sich aus nunmehr vorliegenden neuen Dokumenten ergibt, fand am 10. April 2013 eine neuerliche Beschuldigtenvernehmung von Martin HUBER statt, in welcher er mit zwei aufgezeichneten Telefonaten zwischen Karl-Heinz GRASSER und Walter MEISCHBERGER konfrontiert wurde, welche dem Protokoll der Vernehmung als Anlagen beigeschlossen sind. Daraus ergibt sich folgender Gesprächsinhalt:

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

Die vom Anfragesteller übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe

Anfrage (gescanntes Original) zur Verfügung.

 

 

In diesen nunmehr vorliegenden TÜ-Protokollen vom 29.1.2010, 18.38 und 1.2.2010, 20.32 über Telefonate zwischen Walter Meischberger und Karl-Heinz Grasser [Anmerkung: dem Untersuchungsausschuss lagen zu diesen Telefonaten nur Kurzfassungen vor],  führen Grasser und Meischberger also weitere konspirative Gespräche über Ermittlungstand bzw. -schritte und eventuelle Absprachen, u.a. auch im Zusammenhang mit dem Linzer Terminal Tower.

 

Auffällig ist, dass der stets seine Unschuld beteuernde ehemalige Finanzminister Grasser mit detailliertem Interesse und detaillierter Sorge in zahlreichen Telefonaten den Stand der Ermittlungen mit Meischberger bespricht.

Doch auch einzelne Passagen erscheinen sehr aufschlussreich und stützen die Verdachtslage:

Bemerkenswert am ersten Telefonat ist einerseits der Passus auf Seite 4 des Protokolls unten, wonach Meischberger meint, dass Huber ausgesagt habe, und zwar „weil er es weiß…. Aber nichts beweisen kann.“ Diese Aussage lässt sich so verstehen, dass damit offenbar die Richtigkeit der oben zitierten Beweisaussagen von Huber über die Forderung einer „Vergütung“ von Plech bestätigt wird.

Auf Seite 3 unten und 4 oben des Protokolls vom 29.1.2010 überlegt Meischberger, ob er selbst mit der „Linz Geschichte“ überhaupt etwas zu tun gehabt habe und meint „wahrscheinlich gar nie“, GRASSER meint auch: „glaub ich nicht, oder?“ Dann überlegt MEISCHBERGER, was Hochegger dazu aussagen könnte, und meint „er kann aber sagen, dass die Rechnung eine Geschichte von dir [Anmerkung: also Grasser!] war und er nur als Rechnungslink gedient hat … sozusagen:“ und erwähnt noch eine 90 zu 10 Aufteilung.

Wie oben ausgeführt, flossen 200.000 Euro von Porr an Hocheggers Astropolis, wovon 90% weitergingen an die angeblich Meischberger gehörenden Konten Liechtenstein. Tatsächlich bestätigte Hochegger, dass er hier nur 10% für die Abrechnung kassiert habe, der Rest aber Meischberger zuzurechnen sei. Die von Meischberger im Telefonat befürchtete Zuordnung der Rechnung zu Grasser schilderte Hochegger also nicht – aber offenbar hätte dafür Grund bestanden, wie das Telefonat zeigt, zumal der angebliche Empfänger Meischberger ja laut eigener Aussage „wahrscheinlich gar nie“ etwas mit dem Projekt zu tun hatte.

Aus dem zweiten Telefonat vom 1.2.2010 ergibt sich, dass Rudolf Fischer bestätigt habe, dass „P“ und „H“ (Anmerkung: also offenbar Pöchhacker und Huber) gemeinsam mit dem Senator (Anmerkung: gemeint offenbar Kallinger) „Dinge gemacht und das am rechtlichen Vorstand ziemlich vorbeigespielt haben“. Dieses Gespräch betrifft somit offenbar das Projekt Nordbergstraße, in dem Telekom, Porr und AKP involviert waren.

 

Angesichts dieser belastenden Beweisergebnisse, stellt sich die Frage, wann endlich mit einem Abschluss der Ermittlungen in diesen Fällen zu rechnen ist. Schließlich ist der Schaden für die Republik erheblich und nachhaltig. Jährlich fließen rund 1,8 Mio Euro für Mietzahlungen an Raiffeisen statt an die bundeseigene Immobiliengesellschaft, dafür trägt Grasser die Verantwortung. Diese Gespräche dokumentieren eine Involvierung Grassers in diverse konspirative Vorgänge, die auf einen gravierenden Amtsmissbrauch hinweisen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Die oben dargestellten Beweismaterialien und Indizien belasten Walter Meischberger und Ernst Plech erheblich und verdichten die Verdachtsmomente der Beteiligung von Karl-Heinz Grasser an illegalen Provisionsgeschäften. Warum werden nicht endlich die Ermittlungen abgeschlossen und Entscheidungen über eine Anklage getroffen?

2)    Durch welche Maßnahmen stellen Sie sicher, dass die Ermittlungen gegen Grasser wegen seiner ehemaligen Funktion nicht verzögert werden, zumal die Hinweise sich derartig verdichten?