1716/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.04.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Lichtenecker, Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Schubhaftverhängung über eine Familie mit drei minderjährigen Kindern

 

Am 7.04.2009 wurde ein afghanischer Vater gemeinsam mit seinen drei Kindern im Alter von vier, sieben und zehn Jahren in Oberösterreich festgenommen und in Schubhaft genommen. Die Mutter der Kinder befand sich zu diesem Zeitpunkt in stationärer Behandlung im LKH Vöcklabruck, der Vater gab an nicht ohne seine Frau abgeschoben werden zu wollen, so weit bekannt mit psychischen Problemen, vermutlich bedingt durch die traumatischen Erlebnisse. Die aus Afghanistan geflüchtete Familie war zu Jahresbeginn nach Österreich gekommen, hatte zuvor aber schon einen Asylantrag in Griechenland gestellt. Auf Grund der Dublin-Verordnung, welche vorsieht, dass jenes EU- Land für ein Asylverfahren zuständig ist, in dem erstmals ein Antrag gestellt wird, soll die Familie laut Innenministerium nun wieder dorthin abgeschoben werden.

3 Tage befand sich der Vater mit dem erst vierjährigen Mädchen und seinen Geschwistern in Schubhaft. Amnesty International hat die Verhängung der Schubhaft über den Vater samt Kleinkinder dabei als schwere Menschenrechtsverletzung bezeichnet! Erst nach heftiger Kritik hat das Innenministerium reagiert und die Familie in eine Flüchtlingsunterkunft überstellt, an der Abschiebung nach Griechenland soll aber festgehalten werden, obwohl bekanntermaßen das griechische Asylsystem völlig zusammengebrochen ist und laut einem Bericht der deutschen Flüchtlingshilfsorganisation „Pro Asyl“ eine vernünftige Unterkunft nicht angeboten wird, eine entsprechende Krankenversorgung und soziale Betreuung nicht existent ist, geschweige denn von einem fairen Asylverfahren ausgegangen werden kann, wie auch das UNO- Flüchtlingshochkommissariat bestätigt. Das UNHCR hat mehrfach empfohlen, keine Menschen mehr nach Griechenland abzuschieben. Norwegen ist dieser Empfehlung bereits gefolgt, Deutschland und die Schweiz schieben jedenfalls keine Minderjährigen mehr nach Griechenland ab.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.      Warum wurde der Vater gemeinsam mit den Kindern von der zuständigen Behörde in Schubhaft genommen, obwohl bekannt war, dass die Mutter sich im Spital befindet, und damit nicht davon auszugehen war, dass sich der Vater mit den Kindern den Behörden für das Verfahren entziehen wird?

  1. Wie viele minderjährige Kinder wurden in Österreich jährlich aufgelistet seit 2000 in Schubhaft genommen?
  2. Wie lange konkret wurden (sämtliche) minderjährige Kinder seit 2005 jeweils in Schubhaft gehalten?
  3. Wie viele (Klein-) Kinder werden in Österreich im Rahmen der Verhängung der Schubhaft von ihren Eltern – unterschieden auch nach Elternteilen – getrennt?
  4. Sofern dazu bislang ausreichendes Datenmaterial fehlen sollte: Welche Maßnahmen werden sie ergreifen, um künftig diesbezüglich über eine vollständige Datenlage verfügen zu können?
  5.  Was konkret passiert mit (Klein-) Kindern, die durch Verhängung der Schubhaft von ihren Müttern getrennt werden bzw. wie und durch wen werden Kleinkinder in der Schubhaft betreut?
  6. Wie kann es ihrer Ansicht nach mit den Menschen- bzw. Kinderrechten vereinbart werden, dass minderjährigen Kinder die Freiheit entzogen wird und sie in Schubhaft genommen und gehalten werden?
  7. Stellt die Verhängung der Schubhaft über minderjährige Kinder nicht eine schwere Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention, der EMRK und der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grund- und Freiheitsrecht dar?
  8. Können sie eine Garantieerklärung abgeben, dass Kinder nicht mehr in Schubhaft genommen und gehalten werden? 

10. Warum ist das österreichische Innenministerium der Empfehlung des UNO- Flüchtlingshochkommissariates UNHCR bisher nicht gefolgt Abschiebungen nach Griechenland aussetzen, obwohl bekannt ist, dass das griechische Asylsystem daniederliegt?

  1. Wie ist es – vor allem auch im Hinblick auf die Bestimmungen der Dublin-Verordnung – rechtlich und humanitär zu vertreten, dass Menschen, Familien und insbesondere auch minderjährige Kinder aus Österreich in ein Land abgeschoben werden, in dem das Asylsystem dermaßen zusammengebrochen ist, dass eine vernünftige Unterkunft nicht angeboten wird, eine entsprechende Krankenversorgung und soziale Betreuung nicht existent ist, geschweige denn von einem fairen Asylverfahren ausgegangen werden kann?

12. Wird das österreichische Innenministerium künftig der Empfehlung des UNO- Flüchtlingshochkommissariates UNHCR folgen und Abschiebungen nach Griechenland aussetzen, bis sich die Zustände dort gebessert haben?

13. Wenn nicht, wird das Innenministerium weiter an der Abschiebung minderjähriger Kinder nach Griechenland festhalten?

14. Wird die Schule oder sonstige Bildungseinrichtungen über die Verhängung der Schubhaft von der Fremdenpolizei informiert?