1717/J XXIV. GP
Eingelangt am 21.04.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Steier und GenossInnen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Belastung von Mineralwasser mit Umwelthormonen
In einer kürzlich präsentierten
Studie (Endocrine disruptors in bottled mineral water:
total estrogenic burden and migration from plastic bottles, Wagner, M. &
Oehlmann,
Environmental Science and Pollution Research, http://dx.doi.org/10.1007/s11356-
009-0107-7)
haben Frankfurter Ökotoxikologen der Goethe-Universität eine
deutliche
Belastung von Mineralwasser mit Umwelthormonen festgestellt.
Im Rahmen
eines vom deutschen Umweltbundesamt geförderten
Forschungsprojektes
untersuchten die Biologen Mineralwasser auf dessen Belastung
mit
Umwelthormonen (Endokrine Disruptoren). In zwölf der 20
untersuchten
Mineralwassermarken konnte eine erhöhte Hormonaktivität
nachgewiesen werden.
Ein Teil der Umwelthormone stammt aus der Kunststoffverpackung; die östrogene
Belastung in Wasser aus PET-Flaschen ist etwa doppelt so hoch wie in
Mineralwasser, das
aus Glasflaschen stammt. Als möglichen
Grund führt die Studie
das Auslaugen von Plastikadditiven, wie zum
Beispiel Weichmachern, aus den PET-
Flaschen an.
Das deutsche
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat in einer vorläufigen
Bewertung der Studienergebnisse festgestellt, dass keine bei der
PET-Herstellung
eingesetzten Substanzen bekannt sind, die in das Mineralwasser übergehen und
für
die östrogenartige Aktivität in den
Proben aus PET- Flaschen verantwortlich sein
könnten. Eine
mögliche Erklärung für die
Kontamination in den untersuchten
Mineralwässern könnten Deckeldichtungen sein; aus
Sicht des BfR ist eine
Bestätigung der vorliegenden Testergebnisse allerdings
erforderlich.
Der
Mineralwasserabsatz in Österreich betrug 2007 679,3 Millionen Liter
pro Jahr;
pro Kopf trinkt
jeder/jede Österreicherin 93,2 Liter
Mineralwasser pro Jahr. Zum
Verpackungsanteil von Wasser in Österreich
spricht der aktuelle Umsetzungsbericht
der Getränkewirtschaft vom Juni 2008 eine sehr deutliche Sprache:

„Wissenschaftliche
Studien belegen immer wieder, dass Mineralwasser wegen der
zahlreichen
Inhaltsstoffe ein optimaler gesunder Durstlöscher ist. Mineralwasser
enthält zahlreiche Mineralstoffe und
Spurenelemente, die für den menschlichen
Organismus von höchster Wichtigkeit sind. In einer
Zeit, wo viele Menschen an
Übergewicht
leiden, ist es auch von großer Bedeutung, dass
Mineralwasser null
Kalorien hat. http://www.forum-mineralwasser.at)
"Zu Beginn
unserer Arbeiten hatten wir nicht erwartet, eine so massive östrogene
Kontamination in einem Lebensmittel
vorzufinden, das strengen Kontrollen unterliegt.
Allerdings mussten wir feststellen, dass Mineralwasser hormonell
betrachtet in etwa
die Qualität von Kläranlagenabwasser
aufweist", so der Autor der Studie (Endocrine
disruptors in bottled mineral water) Martin Wagner.
Ob und
welches gesundheitliche Risiko die östrogene Kontamination des
Mineralwassers
darstellt, ist schwer abschätzbar.
An der Identifizierung der für
die
hormonelle Belastung im Mineralwasser
verantwortlichen Substanzen wird noch
gearbeitet. Faktum ist aber, dass die KonsumentInnen mit einer größeren Menge
an
Umwelthormonen in Kontakt kommen, als bisher vermutet. Als problematisch könnte
sich dabei der
sogenannte „Cocktail-Effekt" - also das
Zusammenwirken einzeln
zwar geringer Konzentrationen in Kombination erweisen. Sollte sich
herausstellen,
dass das Auslaugen von Umwelthormonen und Weichmachern aus
Kunststoffverpackungen ein generelles Phänomen ist, hätte dies
auch
Auswirkungen auf eine Vielzahl von Lebensmitteln.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage:
1. Ist Ihnen die in der Einleitung zitierte Untersuchung bekannt?
2.
Existieren österreichische Untersuchungen, die die
Belastung von
Mineralwasser
mit Umwelthormonen beleuchten? Wenn ja welche? Zu
welchem
Schluss kommen diese Studien?
3.
Der Anteil an Mehrweggebinden in Österreich im Getränkebereich
ist in den
letzten Jahren stark rückgängig (Mehrwegquote
bei Getränkeverpackungen ist
ohne Gastronomieanteil von über 72 % (1997) auf unter 25% (2007)
zurückgegangen). Mit der „Nachhaltigkeitsagenda
Getränkeverpackungen"
(freiwilliges Instrument der Wirtschaft) ist es in den letzten Jahren nicht
gelungen, den Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen anzuheben;
angesichts dieser Entwicklung ist nicht davon auszugehen, dass mit der
„Nachhaltigkeitsagenda
2008-2017" eine wirkliche Trendwende zu erwarten
ist. Wie bewertet Ihr Ressort die Untersuchungsergebnisse bezüglich
Hormonbelastung von Mineralwasser in Kunststoffflaschen angesichts der
Tatsache, dass im
Bereich des Mineralwassers nur mehr jede dritte Flasche
wiederbefüllt wird?
4. Wurde untersucht, welche Auswirkungen das Auslaugen von
Umwelthormonen
und Weichmachern aus Kunststoffverpackungen im
Lebensmittelbereich
hat? Wenn ja, mit welchem Resultat?