1923/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.05.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend illegale Beschaffung von DNS-Daten
In den Polizeiakten zu den Ermittlungen in der Sache „Tierschützer“ (GZ D1/158252/2007, LKA Wien) findet sich auch ein Aktenvermerk vom 2.7.2007 am 23.6.2006 mit folgendem Text:
Die vom .BK, Büro 5.3-VE Ost-I, CI Wappel geführte VE stellte im Zuge der Demo beim Donauinselfest am 23.6.2006 idZv 20:30 – 23:30 eine Fruchtsaftflasche, aus der die Aktivistin XXX getrunken hatte, sicher.
Es wird ersucht, DNA – Abriebe von der Flasche herzustellen und das DNA-Material für allfällige zu beantragende Analysen zu asservieren.
Verfasserin dieses Aktenvermerkes ist CI Dipl-HTL-Ing Bettina Bogner.
Die Zulässigkeit der Ermittlung der DNS eines Menschen für Zwecke des Erkennungsdienstes durch die Polizei wird in § 67 SPG geregelt, welcher lautet:
§ 67. (1) Die DNA eines Menschen darf im Rahmen seiner erkennungsdienstlichen Behandlung ermittelt werden, wenn der Betroffene in Verdacht steht, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, und wenn in Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann, dieser werde bei Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden. Eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 65 Abs. 2 darf auch in Bezug auf die DNA von Menschen erfolgen, soweit dies zur Auswertung vorhandener DNA-Spuren erforderlich ist.
(1a) Eine erkennungsdienstliche Maßnahme in Bezug auf Abgängige (§ 65a) und an Leichen (§ 66) darf auch die Ermittlung der DNA umfassen.
(2) Genetische Information, die durch erkennungsdienstliche Maßnahmen ermittelt wurde, darf ausschließlich für Zwecke des Erkennungsdienstes ausgewertet werden. Die molekulargenetische Untersuchung hat durch einen Dienstleister zu erfolgen, dem zwar das gesamte Untersuchungsmaterial auszufolgen, nicht aber erkennungsdienstliche Identitätsdaten des Betroffenen zu übermitteln sind.
(3) Die Sicherheitsbehörden haben vertraglich dafür vorzusorgen, daß der Dienstleister nur jene Bereiche in der DNA untersucht, die der Wiedererkennung dienen, sowie dafür, daß er das Untersuchungsmaterial vernichtet, wenn die Sicherheitsbehörde zur Löschung der erkennungsdienstlichen Daten verpflichtet ist.
Derartige Umstände, also der Verdacht, dass die genannte „Aktivistin“ einen gefährlichen Angriff begangen habe oder dass sie in Zukunft gefährliche Angriffe begehen werde, werden im genannten Aktenvermerk nicht erwähnt, und scheinen auch nach den mittlerweile vorliegenden Abschlussberichten der Polizei nicht vorzuliegen. Tatsächlich wurde soweit ersichtlich erst im November 2007 die betroffene Aktivistin als Beschuldigte im Akt geführt.
Vielmehr entsteht der Eindruck, dass „Auf Gut Glück“ DNS-Spuren von Personen gesammelt werden sollten, die sich für den Tierschutz engagieren. Dieser Verdacht wird gestützt durch Berichte aus den von polizeilicher Überwachung betroffenen Tierschutzvereinen, wonach die Polizei im Zuge der Hausdurchsuchungen Abfälle beschlagnahmt sowie an diversen Gläsern, Essgeschirr usw. aus den Vereinsräumlichkeiten DNS-Spuren gesichert habe.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist es zutreffend, dass bereits am 23.6.2006 (somit beinahe ein Jahr vor Beginn der gezielten Ermittlungen gegen TierschützerInnen) im Sinne des oben dargestellten Aktenvermerkes eine Fruchtsaftflasche einer Tierschutzaktivistin sichergestellt wurde?
2. Welchem Zweck diente diese Sicherstellung?
3. Auf welche Rechtsgrundlage wurde sie gestützt?
4. Ist es zutreffend, dass aufgrund des oben zitierten Aktenvermerkes am 2.7.2007 von der Flasche DNS-Spuren gewonnen wurden und dass diese „für allfällige zu beantragende Analysen asserviert“ wurden?
2. Falls ja: auf welche Rechtsgrundlage stützte sich diese Maßnahme?
3. Bestand am 23.6.2006 ein konkreter Verdacht, dass die Aktivistin einen gefährlichen Angriff gesetzt hatte?
4. Falls ja: weshalb wurde sie nicht offen angesprochen und erkennungsdienstlich behandelt, sondern heimlich durch „Sicherstellung“ einer Fruchtsaftflasche überwacht?
5. Bestand am 2.7.2007 ein konkreter Verdacht, dass die Aktivistin einen gefährlichen Angriff gesetzt hatte?
6. Falls ja: weshalb wurde sie nicht offen angesprochen und erkennungsdienstlich behandelt, sondern heimlich durch Auswertung der Spuren auf einer Fruchtsaftflasche überwacht?
7. Stellt die heimliche Sicherstellung persönlicher Gegenstände von BürgerInnen zur Gewinnung von DNS-Spuren zwecks „Asservierung für allfällige zu beantragende Analysen“ eine übliche polizeiliche Praxis dar?
8. Falls ja: zu wie vielen Personen wurden in den Jahren 2006, 2007 und 2008 jeweils DNS-Spuren „asserviert“?
9. Erfolgte die „Asservierung“ in der polizeilichen DNS-Datenbank oder an anderer Stelle?
10. Auf welche Rechtsgrundlage stützt sich diese Vorgehensweise?
11. Ist es zutreffend, dass im Zuge der Hausdurchsuchungen bei Tierschutzvereinen im Mai 2007 persönliche Gegenstände, Besteck, Geschirr und Abfälle zur Gewinnung von DNS-Spuren sichergestellt wurden?
12. Falls ja: auf welche Rechtsgrundlage stützte sich diese Vorgehensweise und welchem Zweck diente sie?
13. Wann wurde die im Aktenvermerk erwähnte Aktivistin über die Beschlagnahmung der Flasche und Gewinnung der DNS-Spuren daraus informiert?